Wird der Neubau für das Turnzentrum schon wieder verschoben?
Wegen der Corona-Krise steht das Projekt auf der "roten Liste" - Doch der Verein wehrt sich

Von Maria Stumpf
Heidelberg. Wer in dieser Stadt turnt, kennt die "Kunstturngemeinschaft Heidelberg" (KTG): Der Verein ist seit Jahrzehnten ein Garant für Spitzensport-Nachwuchs und Förderer im Breitensport. Im September sollte beim Turnzentrum im Harbigweg endlich Baustart sein für eine zweite Halle. Doch nun das: "Die Stadtverwaltung hat wegen der Corona-Krise den bereits zugesagten Bau auf die rote Streichliste gesetzt", erzählt Prof. Henning Plessner, Leiter des Instituts für Sportwissenschaft der Universität Heidelberg und Vorsitzender der KTG. Dagegen macht der Verein jetzt mobil. Denn was auf der Liste steht, soll in die Zeit nach 2023 verschoben werden, schließlich muss die Stadt sparen.
Hintergrund
Wo Heidelberg sparen soll
Der Haushalt muss entlastet werden. Daher schlägt die Stadtverwaltung vor, 21 bereits genehmigte Bauprojekte auf die Zeit ab 2023 zu verschieben. Das Turnzentrum st einer der größten Einzelposten dieser "roten Liste". Die
Wo Heidelberg sparen soll
Der Haushalt muss entlastet werden. Daher schlägt die Stadtverwaltung vor, 21 bereits genehmigte Bauprojekte auf die Zeit ab 2023 zu verschieben. Das Turnzentrum st einer der größten Einzelposten dieser "roten Liste". Die Entscheidung darüber, was verschoben wird, trifft der Gemeinderat am Donnerstag (16 Uhr, Rathaus). Hier die wichtigsten Projekte samt Einsparpotenzial:
> Videoüberwachung Bismarckplatz (147.000 Euro)
> Sanierung Kammerforststeinbruch (204.000)
> Neues Sirenennetz (410.000)
> Erweiterung Turnzentrum (4.253.000)
> Landwirtschaftspark (noch unklar)
> Toilettensanierung Carl-Bosch-Schule (560.000)
> Verbesserung Sportstätten am Bunsen-Gymnasium (8.000.000)
> Aufwertung öffentlicher Raum (400.000)
> Aufwertung Quartier Adenauerplatz, Kleine Plöck (739.000)
> Lückenschluss Eppelheimer Straße (450.000)
> Neugestaltung Römerstraße/Knoten Rheinstraße (900.000)
> Neugestaltung Leimer Straße (625.000)
> Kreisverkehr Grenzhöfer Weg (2.000.000)
> Bahnübergang Grenzhöfer Weg (655.000)
> Radweg Diebsweg/Baumschulenweg (1.000.000)
> Erneuerung Valeriewegsteg (1.200.000)
Daneben stehen insgesamt 36 Projekte auf der "gelben Liste": Über deren Zukunft sollen die Gemeinderäte erst im September entscheiden. (dns)
Update: Dienstag, 21. Juli 2020, 20 Uhr
Auch wenn der Spitzen-Turnsport im Fokus steht mit Namen wie Andreas Hofer oder Cagla Akyol als Deutsche Meister aus Heidelberg – Leon Wendt trainiert hier gerade für die Jugendmeisterschaft –, machte sich die KTG längst auch einen Namen als Partner der Stadt. Das Projekt "Kinder in Bewegung" ist ein erfolgreiches Netzwerk, das auf motorische Frühförderung setzt und allen Sportvereinen zu Gute kommt. So hüpfen mehrere Hundert Kinder jeden Tag über Matten und Trampoline und auch die Nachfrage als Bildungsstätte in der Bewegungserziehung steige, sagt Plessner: "Wir brauchen die zweite Halle also nicht nur für die Spitzenförderung im Turnen."
Dass die Stadt dem Verein als verlässlicher Partner seit Jahren an der Seite stehe, wisse man und schätze das auch, ergänzt Dieter Hofer als sportlicher Leiter der KTG. "Mit der Streichung der Erweiterung wird diese Entwicklung aber nicht nur gestoppt, sie wird auch in eine Sackgasse geraten und es besteht große Gefahr, dass der Turnsport in Heidelberg zum Erliegen kommt." Im Vorfeld einer Diskussion im Gemeinderat schiebe man einfach die Finanzen in den Vordergrund und umgehe so einen inhaltlichen Meinungsaustausch.
Die Erweiterung des Turnzentrums sei seit 20 Jahren geplant und mehrfach im städtischen Haushalt gewesen. "Seit 1991 hat es zahllose Versprechen gegeben, dieses Bauvorhaben zu verwirklichen und stets konnte es – auch aufgrund durchaus verständlicher Rahmenbedingungen – nicht verwirklicht werden." Die Gesamtinvestition liege bei rund 4,2 Millionen Euro. Vom Land sei aber ein Zuschuss von knapp 300.000 Euro zugesagt.
Auch konzeptionell habe sich der Verein auf den Erweiterungsbau längst eingestellt. "Wir brauchen diesen Schritt. Aus unserer Sicht hat das Bauprojekt mental schon begonnen", meinen Hofer und Plessner. "Wer hat uns denn einfach auf die rote Liste gesetzt?", fragen sie sich. Denn in einem Brief an die Mitglieder des Stadtparlaments vor einigen Tagen bat die Vereinsspitze, den Beschluss der Verwaltung zur endgültigen Streichung oder Verschiebung auf den Doppelhaushalt im Jahr 2023 wieder zu kippen. "Die Resonanz darauf aus den Fraktionen ist groß. Irgendwie scheinen alle auf unserer Seite zu stehen", wundert man sich. Auch das "Bündnis für Sport" in Heidelberg signalisiere Unterstützung. "Die Erweiterung steht für uns ganz klar auf Nummer Eins der Prioritätenliste. Das Turnzentrum nimmt eine herausragende Stellung in Deutschland ein", heißt es in einer Stellungnahme.
Und wie Dieter Hofer mit einem Lächeln hinzufügt, dürfte sich die Stadt bei der baldigen Einweihung der neuen Halle auch über einen besonderen Gast freuen: Olympiasieger Fabian Hambüchen sei "ein Freund des Hauses" und "hat sein Kommen schon angekündigt".