So lief das Wochenende an der Alten Brücke
Nach Anwohnerbeschwerden gab es nun drei relativ ruhige Nächte. Die Polizei zeigte Präsenz und schickte junge Leute frühzeitig weg.

Von Robin Höltzcke
Heidelberg. Ferienstart, Halloween, Feiertag: Das lange Wochenende bot gleich mehrere Anlässe zum Feiern. Für manche Altstädter keine freudige Aussicht. Gerade die Anwohner der Alten Brücke klagen seit Monaten über Lärm, Dreck und Randale. Denn das Areal rund um das Brückentor hat sich als Treffpunkt Jugendlicher und junger Erwachsener etabliert: Sie feiern dort zum Teil bis spät in die Nacht – und einige benehmen sich immer wieder daneben. Oberbürgermeister Eckart Würzner plant daher ein nächtliches Verkaufsverbot für Alkohol für die "Späti"-Supermärkte. Die RNZ war am Wochenende vor Ort.
Freitag: Strenger Uringeruch
22 Uhr, Alte Brücke, etwa 60 Jugendliche sind da, die meisten zwischen 16 und 20 Jahren. Sie stehen in Grüppchen, manche zu zweit, andere zu zehnt. Sie lachen, grölen, viele rauchen – und alle trinken Alkohol.
Hans-Peter Meinzer beobachtet die Szenerie am Brückentor. Keiner habe etwas gegen Leute, die eine gute Zeit in der Altstadt haben wollen, sagt der direkte Anwohner. "Aber die Jugendlichen trinken so viel, vor allem Wodka, dass ihnen alles egal ist." Die Anwohner seien entmutigt. Doch immerhin: Seit dem RNZ-Artikel über die Zustände tue sich etwas, die Polizei komme öfter. Und an diesem Abend habe sie schon vor 22 Uhr zum ersten Mal Jugendliche, die zu laut Musik spielten, weggeschickt.
Es ist ein Kommen und Gehen: Viele wandern zwischen Heiliggeistkirche, Unterer Straße und Alter Brücke hin und her. Ein paar Meter weiter, am Tränktor, der Unterführung von der Oberen Neckarstraße zum Bereich unter der Brücke, riecht es streng nach Urin. Dort gehen die jungen Leute regelmäßig hin, um sich zu erleichtern.
Vier Jugendliche am Brückentor erzählen der RNZ, warum sie hier sind: Die Aussicht sei toll, das Ambiente. Hauptsächlich kommen sie aber, weil hier "viel passiert", weil immer etwas in der Luft liegt. Mal kommt die Polizei, mal begeht jemand betrunken eine Dummheit. Das finden sie lustig. Ein 17-Jähriger erzählt, dass es hier viel sicherer sei als in Mannheim: "Da nehmen viel zu viele Kokain."
22.20 Uhr, die Polizei kommt. Vier Beamte gehen auf die etwa 70 Jugendlichen zu und fordern Sie auf, die Musik auszumachen und den Platz zu verlassen. Die jungen Leute gehen ohne Widerrede. Am Brückentor ist es jetzt leer. Zurück bleiben Glasscherben auf dem Pflaster und leere Flaschen auf Mauern und Bänken. Leere Becher für Mischgetränke und Einkaufstüten wehen umher. Nur zwei Meter entfernt stehen fast leere Mülleimer.
Nach rund zehn Minuten füllt sich der Platz am Brückentor wieder. Vereinzelt fliegen jetzt Flaschen auf die B 37. Ein betrunkener Jugendlicher fährt E-Roller und wirft ihn dann einfach mit voller Wucht aufs Pflaster. Um Mitternacht sind noch rund 50 Leute da. Die Luft ist raus, heute Abend passiert nicht mehr viel.
Samstag: Räumung ohne Widerrede
22 Uhr, keine Stimmung an der Alten Brücke. Es sind nur 20 Leute da. Vor dem "Holländer Hof" steht ein Auto des Kommunalen Ordnungsdiensts (KOD). Es ist leer, die KODler sind unterwegs. Es läuft Musik, aber nicht laut. Keiner schreit oder grölt. Die Schüler Max (17) und Sammy (16) erzählen, dass es ihnen Spaß macht, hier zu sein. Hier, wo sie Gleichgesinnte treffen. Und natürlich steht das Trinken im Vordergrund, denn dann passieren immer "lustige Sachen", sagen sie. Stört es sie, dass überall Müll herumliegt? "Die Stadt kümmert sich schon darum", sagt Sammy. Aber er findet es schlimm, "dass den Anwohnern in die Blumentöpfe gekotzt und gekackt wird".
Kurz vor 23 Uhr, ein Polizeiauto kommt über die Alte Brücke und hält direkt unter dem Brückentor. Vier Polizisten gehen auf die inzwischen größer gewordenen Gruppen zu und sagen ihnen, dass sie den Platz räumen müssen. Die Jugendlichen folgen der Aufforderung. Die Beamten gehen weiter in Richtung Untere Straße.
Dann legt sich ein Jugendlicher, offenbar völlig betrunken, vor das Hotel "Goldener Hecht". Seine Freunde kommen und sagen ihm: "Bleib normal, wenn die Polizei kommt." Doch die Polizei, die in der Nähe steht, interessiert sich gar nicht für ihn. Die Beamten zeigen Präsenz, aber weil die Musik nicht laut ist und auch sonst wenig passiert, müssen sie nicht eingreifen.
23.30 Uhr, Untere Straße, ein angetrunkener 20-Jähriger ruft: "Voll leer. Hier ist ja überhaupt nichts los." Die Stimmung ist gedämpft. Auch Sammy und Max gefällt es heute nicht: viel zu wenig los. Um Mitternacht pöbelt ein Jugendlicher die Mitarbeiter des Restaurants "Der kleine Spanier", direkt am Brückentor, an. Ein Freund von ihm entschuldigt sich so: "Wir lieben Sie!" Die Angestellten nehmen es mit Humor, sie sind es gewöhnt. Noch einmal fährt die Polizei am Brückentor vorbei. Doch jetzt ist alles ruhig.
Sonntag: Viele Feiernde, wenig Polizei
22.45 Uhr, rund 200 Jugendliche sind an der Alten Brücke. Sie tanzen, sie trinken, sie reden. Alle paar Minuten hört man zerschmetternde Gläser. Die Polizei kommt immer wieder vorbeigefahren, aber deutlich seltener als noch am Samstag. Und die jungen Leute sind nicht dumm: Sobald einer die Ordnungshüter sieht, schalten sie einfach ihre Musik aus. Es ist ihre Strategie, um einem Platzverweis zu entgehen. Ein Katz-und-Maus-Spiel.
Als es zu regnen beginnt, gehen viele. Rund 40 Jugendliche sammeln sich unter dem Brückentor, um nicht nass zu werden. Die Polizei ist nicht zu sehen, die Musik wird aufgedreht. Kurz nach 23 Uhr kommt Nachschub: drei junge Leute mit Plastiktüten voller Spirituosen.
Doch der Regen wird stärker, der Platz leert sich nach und nach. Um 0.30 Uhr ist fast keiner mehr da. Die Anwohner der Alten Brücke haben ein vergleichsweise ruhiges Wochenende hinter sich gebracht.



