Wohin nur mit all den Fahrrädern in Heidelberg?

Heidelberg leidet unter chronischem Stellplatzmangel - Die Mittel im städtischen Haushalt sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein

31.03.2017 UPDATE: 02.04.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 48 Sekunden

Die Fahrbahnmarkierung vor der Universitätsbibliothek sorgt für etwas Ordnung. Doch die Fläche reicht auch hier nicht aus. Foto: Alex

Von Holger Buchwald

Wenige Städte in Deutschland erreichen solch einen Spitzenwert: Die Heidelberger Verkehrsteilnehmer legen 34 Prozent aller Wege innerhalb des Stadtgebiets mit dem Fahrrad zurück. Jeder Heidelberger Haushalt verfügt im Durchschnitt über 2,8 Fahrräder. Doch vor dem Hauptbahnhof, vor Schulen und universitären Einrichtungen sorgt die Beliebtheit des Drahtesels für ein offensichtliches Problem. Es gibt viel zu wenig Stellplätze. In Neuenheim oder der Altstadt werden häufig Gehwege zugeparkt - für Kinderwagen und Rollstühle ist kein Durchkommen mehr.

"Es sind die Geister, die wir riefen, und die wir weiter rufen wollen", sagt Baubürgermeister Jürgen Odszuck, als er auf das "Problem" Fahrradstellplätze angesprochen wird. Die Stadt sei ständig bemüht, neue Anlehnbügel zu installieren, wohl wissend, dass es niemals genug geben wird. "Ein Fahrrad ist etwa 50 bis 60 Zentimeter breit. Um 100 Räder abstellen zu können, benötigen wir also 60 Meter. Und vor Einrichtungen wie der Universitätsbibliothek sind 100 Räder nichts", weiß Odszuck. Um alle 40.000 Heidelberger Studenten mit nur einem Anlehnbügel zu versorgen, bräuchte man insgesamt Abstellanlagen mit einer Gesamtlänge von mehr als 20 Kilometern.

Gelegentlich sorgt die Armada von Zweirädern vor den Gebäuden der Hochschulen für Meinungsverschiedenheiten zwischen der Stadtverwaltung und der Polizei auf der einen Seite und den Hochschulen auf der anderen. Die Verkehrspolizei soll sogar schon einmal gedroht haben, die wild abgestellten Räder vor der Alten Pädagogischen Hochschule in der Neuenheimer Keplerstraße abräumen zu lassen. Vor der Universitätsbibliothek (UB) in der Altstadt wurde wiederum der Bereich, der für die Fahrräder genutzt werden darf, abmarkiert. Gerade in der Vorlesungszeit wäre in der Plöck sonst manchmal kein Durchkommen mehr, denn die UB weigert sich, ihren Innenhof für Drahtesel zur Verfügung zu stellen. Dort soll nämlich ein Lesebereich im Freien entstehen.

Trotz dieser Interessenkonflikte gebe es keinen Streit mit den Hochschulen, sagt Odszuck. An der Alten PH wird jetzt sogar ein Teil des Hochschulgeländes für die Stellplätze abgezwackt. Und die Stadt setzt alles daran, in allen Stadtteilen mehr Angebote zu schaffen. Jedes Jahr stehen 50.000 Euro dafür zur Verfügung, allerdings kostet ein moderner Anlehnbügel mit Einbau und Pflasterung der Straße laut Odszuck 500 Euro. Das Ziel 100 neuer Stellplätze wurde mit nur 63 Stück im letzten Jahr klar verfehlt, doch in 2017 will man es erreichen: So wird es 30 neue Bügel am S-Bahnhof Kirchheim/Rohrbach geben - wettergeschützt unter der Brücke. Weitere sind am Haus am Harbigweg des Stadtjugendrings, am Karlsplatz und in der Gaisbergstraße geplant. Zugleich wird das Thema bei jedem Neubauprojekt mitgedacht: Am neuen Kino in der Bahnstadt wird es mehrere Hundert Stellplätze geben. Und wenn die Poststraße in Bergheim umgebaut wird, sind auch dort 40 Stück geplant. Dafür müssen vier Autostellplätze weichen. "Das gab große Diskussionen", so Odszuck. Denn auch das gehört zur Wahrheit dazu: Die Autolobby kämpft um jeden Quadratmeter.

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