Wie viel Schnickschnack darf es bei der Baukasten-Kita sein?
Beim Bürgermeister-Besuch des Projekts am Harbigweg kam es zur Diskussion über Bauvorgaben und pädagogische Standards.

Von Anica Edinger
Heidelberg. Mitte Mai war vom Gebäude noch kaum etwas zu sehen. Zwischenzeitlich ist die neue Kita am Harbigweg in Kirchheim beinahe fertig, es geht an den Innenausbau. Die Modulbauweise ist der Grund, warum es auf der Baustelle so schnell vorangeht. Die Kita besteht aus 60 Holzmodulen, die alle von einem Generalunternehmer aus Vorarlberg gefertigt, geliefert und montiert werden. Die Teile aus Vollholz sind fix und fertig: Sie werden geliefert mit Einbaumöbeln, Leuchten und sogar den Sanitäranlagen.
Geplant hat das alles Harald Heußer vom städtischen Hochbauamt. Beim Vor-Ort-Termin mit Baubürgermeister Jürgen Odszuck und Bildungsbürgermeisterin Stefanie Jansen war auch er begeistert von dem rasanten Baufortschritt: "Wir waren vor nicht einmal zwei Monaten zuletzt hier – es ist immer wieder überraschend, wie schnell das geht." Im Januar 2025 sollen die ersten Kinder in der neuen Kita spielen. Es wird drei Kindergartengruppen und eine Krippengruppe in dem zweigeschossigen Bau geben, insgesamt ist Platz für 70 Kinder.

Träger der Kita wird aber nicht die Stadt selbst, sondern die gemeinnützige Unternehmergesellschaft"Champini" aus Nürnberg, die in Heidelberg bereits eine Sport- und Bewegungs-Kita in Schlierbach betreibt. Auch die Kita am Harbigweg soll eine Sport-Kita werden – "da haben wir aus der Not eine Tugend gemacht", so Odszuck. Denn verkehrstechnisch sei die neue Kita nicht unbedingt günstig in direkter Nähe zu Wohnbebauung gelegen, dafür sind die Nachbarn verschiedene Sportvereine wie die SG Kirchheim und die Jugendsportförderung "Anpfiff ins Leben". Es sei deshalb erwünscht, so Odszuck, dass Eltern ihre Kinder mit dem Rad zur Kita fahren.
7,8 Millionen Euro kostet der Bau. Geht es nach Baubürgermeister Odszuck, hätte man mindestens 20 Prozent davon einsparen können, "wenn man den ganzen Schnickschnack weggelassen hätte", wie er sagte. Wieso eine Kita denn unbedingt einen Aufzug bräuchte, stellte der Bürgermeister etwa infrage. Und wieso jedes der zwei Geschosse eine eigene Badeinheit benötige, konnte er auch nicht recht verstehen. "Wir bauen Dinge, die niemand braucht", sagte er. Das in Zeiten, in denen die Verwaltung gerade einen, so Odszuck, "super Sparhaushalt" aufstellt. Der neue Gemeinderat verabschiedet den Doppelhaushalt 2025/2026 nach bisherigen Planungen im Winter. Man müsse dann eventuell sogar selbst geförderte Projekte streichen, sagte Odszuck. Auch deshalb müsse man dringend ran an die zu strikten Bauvorgaben.
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Bildungsbürgermeisterin Stefanie Jansen sah das naturgemäß ein wenig anders – und wies den Baubürgermeister auf pädagogische Standards hin, die nun einmal einzuhalten seien. Dass man zum Beispiel auch Schlafmöglichkeiten für die Kindergartenkinder benötige, sei zwischenzeitlich schlicht gängige Praxis. Da könne sich Heidelberg nicht einfach absetzen. Und außerdem gebe der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) auch Standards zum Bau von Kindertageseinrichtungen vor – die müsse man einhalten, "damit wir überhaupt eine Betriebserlaubnis bekommen", so Jansen. Dass gespart werden müsse, ja, das sei nicht zu bestreiten. Nur wo, darüber lässt sich trefflich streiten.
Dass die neue Kita architektonisch dennoch gelungen ist, darüber herrschte Einigkeit beim Vor-Ort-Termin. Das helle Holz sorgt für eine freundliche Atmosphäre. Baumängel gebe es wegen des Baukastensystems so gut wie keine, betonte Heußer. Auf dem Dach wird es eine Photovoltaik-Anlage geben. Der Blick von den Gruppenräumen nach draußen geht ins Grüne. Auch die Außenanlage der Kita wird großzügig. Dort sorgten allerdings ein paar Lurche für kurzzeitige Aufregung. Nach Sichtung der gefährdeten Tiere wurde eigens ein Biologe beauftragt, die Lurche umzusiedeln.
Der nahm die Situation in Augenschein, wie Larissa Medeke, Projektleiterin für die Kita Harbigweg beim Hochbauamt, berichtete. Als die Jungtiere geschlüpft waren, wurden die Tiere umgesiedelt – nur wenige Meter weiter auf die Rückseite der Kita. "Es wurden zwei Häuschen gebaut", berichtete Medeke. Dort fühlen sich die Lurche nun wohl. Und zum Glück, so die Architektin, kam es durch die Aktion nicht einmal zu einer Bauverzögerung.