Wie sich Prominente an Tschira erinnern: Offen, großzügig und bodenständig

Klaus Tschira - Mitbegründer des Softwarekonzerns SAP - verstarb am Dienstag, 31. März, im Alter von 74 Jahren. Weggefährten und Prominente erinnern sich an eine der wichtigsten Persönlichkeiten für den Wirtschaftsstandort Heidelberg.

31.03.2015 UPDATE: 01.04.2015 06:00 Uhr 5 Minuten, 32 Sekunden

OB Würzner verlieh 2011 Tschira die Benz-Medaille. Foto: Kresin

SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp: "Der plötzliche Tod meines einst engen Weggefährten und Vertrauten Klaus Tschira hat mich zutiefst erschüttert. Auch wenn wir, aufgrund unterschiedlicher Interessen und Hobbys, uns nur noch unregelmäßig trafen, sind wir im Herzen Freunde geblieben. Meine Gedanken sind bei seiner Familie, in deren Mitte er sich so sehr geborgen fühlte. Ihm ging Gemeinschaft über alles, er war ein echter Teamplayer, dessen offene, ehrliche und verbindliche Art uns alle immer wieder faszinierte. Auch in kritischen Phasen verlor er nie den Blick für das Wesentliche, und Aufgeben war nie eine Option für ihn - das hat ihn für uns alle so wertvoll gemacht. Klaus Tschira war ein Mensch, der bis an die Grenzen der eigenen Belastbarkeit ging, ohne je seine Ausgeglichenheit zu verlieren. Die Freundschaft zu Klaus Tschira war persönlich wie beruflich eine große Bereicherung meines Lebens."

Hintergrund

Klaus Tschira - eine Zitatsammlung

"Ich habe mir selten Ziele gesetzt, sondern immer nach guten Gelegenheiten geschaut, die ich nutzen kann."

"Mehr als die Wurst doppelt aufs Brot legen, kann man nicht."

"Während

[+] Lesen Sie mehr

Klaus Tschira - eine Zitatsammlung

"Ich habe mir selten Ziele gesetzt, sondern immer nach guten Gelegenheiten geschaut, die ich nutzen kann."

"Mehr als die Wurst doppelt aufs Brot legen, kann man nicht."

"Während meiner SAP-Zeit habe ich immer bedauert, dass ich wenig Zeit hatte, meinen naturwissenschaftlichen Interessen nachzugehen. Die Stiftung bot mir die Möglichkeit, das mir Angenehme mit etwas Nützlichem zu verbinden."

"Die Last der Auszeichnungen für mich ist erdrückend, deshalb gehe ich ja auch so gebeugt."

"Unseren alten Wohnort Langenbrücken haben wir in den 80er Jahren fluchtartig verlassen, weil es Dorfgespräch geworden war, was es bei Tschiras zu Mittag gab."

"Viel Geld zu verdienen, das stand für mich nie im Vordergrund. Ich wollte aber das machen, was ich selbst für richtig gehalten habe."

"Ich habe bis heute keine Apps auf mein Handy heruntergeladen. Und meine Kreditkartennummer gebe ich auch nicht her."

"Im alten Griechenland gehörte die Mathematik zur Kultur. Heute ist es schick zu sagen, dass man mit Mathematik und Physik nichts am Hut hat."

"Wenn man bedenkt, dass die Lernfähigkeit ab dem fünften Lebensjahr abnimmt, dann ist es doch absolut unsinnig, dass die jungen Menschen erst in der Pubertät mit den Naturwissenschaften konfrontiert werden."

"Ich habe nie in meinem Leben Kaviar gegessen. Und Lachsbrötchen mag ich auch nicht, dann doch lieber Blutwurst."

"Es ist schon was dran, dass Heidelberg keine Fußballhochburg ist."

"Ich lese zwischendurch auch gerne mal einen Krimi, aber nicht Mankell, der ist mir zu blutrünstig. Da trifft Donna Leon schon mehr meinen Geschmack."

"Ich habe mich entschlossen, zu meinem 70. Geburtstag nicht als Vorwand für vorgezogene Trauerfeiern zu dienen. Von Glückwünschen bitte ich abzusehen. Ebenso bitte ich, mir keine Geschenke zu senden. Wer ohne dies nicht ruhig schlafen kann, der mag eine Spende an den Heidelberger Zoo senden." if

[-] Weniger anzeigen

SAP-Mitbegründer Hasso Plattner: "Die Nachricht über den Tod von Klaus Tschira ist ein Schock für uns alle. Mein Beileid geht vor allem an seine Gattin und die Kinder. Wir kennen uns seit 47 Jahren. Klaus war immer ein energiegeladener Optimist und hat wesentlich den ,Start-up’ SAP mitgeprägt. Bei aller Arbeit war es eine tolle Zeit mit ihm zusammen, die SAP aufzubauen. Klaus war verantwortlich für das erste, international genutzte System bei John Deere, das erste System für IBMs Großrechner bei Euromöbel in Bensheim und das erste System unter IMS, IBMs Software für große Realtime Systeme. In allen diesen Projekten durfte ich mitarbeiten und vor allem den Mut von Klaus bewundern, Neues zu schaffen. Viele der Errungenschaften der SAP wären ohne sein Wirken nicht denkbar. Sein Name wird für immer mit der SAP Programmiersprache ABAP verbunden bleiben, deren erste drei Versionen er persönlich entwickelt hat. Unvergessen ist die Nacht im Jahr 1979, als Klaus und ich beschlossen, eine neue Version – das System R/2 – zu entwickeln und wie wir versuchten, unsere erschrockenen Kollegen vom potenziellen Nutzen zu überzeugen. Zehn Jahre später war es noch einmal Klaus, der mit mir die Grundzüge von R/3 entwickelte. Ich bin Klaus unendlich dankbar für sein nie nachlassendes Engagement – insbesondere wenn es eng wurde. Erst kürzlich hatte Klaus eine Laudatio für mich verfasst, die anlässlich einer Preisverleihung in San Francisco verlesen wurde. Sie war außergewöhnlich herzlich. Die Welt hat einen besonderen Menschen verloren, dessen Andenken wir mit aller Macht erhalten werden. Ich trauere um einen Freund."

Professor Guido Adler, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums: "Das Universitätsklinikum Heidelberg trauert um seinen Mäzen und Förderer Klaus Tschira, dessen plötzlicher Tod uns tief betroffen und traurig macht. Mit seiner Stiftung unterstützte er in den letzten Jahren vielfältige Projekte am Klinikum, z.B. in den Bereichen Radiologie, Strahlentherapie, Anästhesiologie und Kardiologie. Erst im letzten Jahr machte sich Klaus Tschira um den Bau eines neuen Forschungsgebäudes verdient: Im ‚Klaus-Tschira-Institute for Integrative Computational Cardiology‘ widmen sich Wissenschaftler der Erforschung und Behandlung von Herzmuskelerkrankungen. Die Stiftung ermöglichte Bau und Infrastruktur des Instituts sowie eine Stiftungsprofessur mit einer Förderung von nahezu acht Millionen Euro. Wir werden ihn und sein Wirken immer in dankbarer Erinnerung behalten."

EMBL-Direktor Professor Matthias Hentze: "Die Nachricht hat uns unheimlich schockiert, da Klaus Tschira noch so unheimlich energiegeladen und voller Pläne gewesen ist. Mit ihm verlieren Heidelberg, die Region und ganz Deutschland nicht nur einen Gründer eines der herausragendsten Unternehmen, die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurden. Er gehörte auch zu den ganz wenigen weitsichtigen Mäzenen, die die Wissenschaft in ihrer Bedeutung erkannt und unglaublich großzügig unterstützt haben und dabei auch gesehen haben, dass die Begeisterung für die Wissenschaft schon bei ganz jungen Menschen angelegt werden muss. Natürlich wird das EMBL seine Anwesenheit sehr vermissen. Wir wünschen Frau Tschira, seinen Kindern, der Familie und den Freunden Trost und sind in Gedanken bei ihnen."

Professor Johannes Heil, Rektor der Hochschule für Jüdische Studien: "Ich habe Klaus Tschira als einen Mann kennengelernt, der rasch mehr als ein Förderer wurde. Und dabei hat er Großes geleistet, für unsere Hochschule mit der Stiftung der Bibliothek Albert Einstein, und für viele andere Institutionen und Personen. Aber Klaus Tschira war vor allem und über jede Förderung hinaus ein Mensch, der von Anfang an beeindruckte: durch einnehmende Offenheit, unersättliche Wissbegierde und beeindruckende Bescheidenheit. Es war einfach eine Freude und eine Frucht, ihn zu hören und mit ihm zu sprechen, über die Dinge, die ihm wichtig und interessant waren, und ebenso über das, was ich vortragen wollte. Ich kann nur ahnen, wie viele beim ihm anklopften, um etwas vorzutragen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, selbst wenn sein Anliegen nicht gefördert werden konnte, einfach enttäuscht von ihm gegangen wäre. Etwas mitgegeben hat er immer: Unterstützung oder Ideen, meistens beides.

Auch interessant
: Nachruf auf Klaus Tschira: Überflieger mit Bodenhaftung
: Klaus Tschira kündigte 1972 seinen sicheren Job und gründete die SAP

Sein Erbe ist hervorragend aufgestellt. Tatkräftige Mitarbeitende werden Sorge tragen, dass was er aufgebaut hat auch in Zukunft reichen Ertrag für Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bringen wird. 
Was dagegen fehlen und nur schwer zu erreichen sein wird, ist seine Vorbildlichkeit im Denken und Handeln. Wir werden Klaus Tschira, unseren Ehrensenator, vermissen, aber uns gerne und stets mit den besten Gedanken seiner erinnern."

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer: "Klaus Tschira war ein Mäzen, der seine lebenslange Leidenschaft für die Naturwissenschaften in unzählige Projekte gegossen hat. Er hat sich darüber hinaus stets um einen am Verständnis orientierten Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit gesorgt. Wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet. Seine prägenden Beiträge für die Wissenschaft werden wir sehr vermissen."

Universitätsrektor Bernhard Eitel: "Mit großer Betroffenheit trauert die Universität Heidelberg um ihren Ehrensenator, Freund und Förderer Klaus Tschira. Zu seinem von Schaffenskraft, Mut und Gestaltungswillen geprägten Leben gehört auch sein großes und prägendes Engagement für die Ruperto Carola. Er war nicht nur ein bedeutender Stifter, er war ein Mäzen, der unserer Universität in hohem Maße verbunden war und der ihr stets mit unvoreingenommenem wissenschaftsgeleiteten Verständnis begegnet ist. Klaus Tschira war ein Freund der Wissenschaft, er hatte Freude an neuen Erkenntnissen und daran, ein optimales Umfeld zu schaffen, in dem diese Erkenntnisse reifen können."

Oberbürgermeister Eckart Würzner: "Ich bin tief geschockt. Wir haben plötzlich und unerwartet einen großartigen Mäzen, einen Freund der Stadt und der Region verloren. Klaus Tschira war eine Persönlichkeit, die junge Menschen für Forschung und Wissenschaft begeistert hat. Die intensive Förderung der Jugend war ihm eine Herzensangelegenheit. Seine unkomplizierte, offene und von großem Fachwissen geprägte Art hat mich immer sehr beeindruckt. Als Förderer der Wissenschaft genoss er zudem international großen Respekt. Auf seine Einladung hin treffen sich jährlich die bedeutendsten Mathematiker und Informatiker beim Laureate Forum in Heidelberg. Das zeigt, wie anerkannt sein Wirken in der ganzen Welt ist. Unsere Gedanken sind nun bei seiner Ehefrau und der Familie Tschira in diesen schweren Stunden."

MLP-Gründer Manfred Lautenschläger: "Klaus Tschira und ich hatten einige Parallelen, wir beide gingen auf dasselbe Gymnasium in Karlsruhe, hatten beide eine gute Idee und einen Riesenerfolg, mussten beide unser Studium mit Nebentätigkeiten finanzieren. Wir sind uns öfter begegnet, ich mochte ihn menschlich sehr. Er war einer, der bescheiden und auf dem Boden geblieben ist. Besonders im Gedächtnis ist mir ein Satz von ihm geblieben: ,Wenn man merkt, dass es nicht mehr das Seine ist, dann sollte man aussteigen’."

Intendant des Musikfestivals "Heidelberger Frühling" Thorsten Schmidt: "Der Tod von Klaus Tschira schockiert die Mitarbeiter des ,Heidelberger Frühling’ und mich ganz persönlich zutiefst. Seit 20 Jahren hat er das Werden des Festivals begleitet. Ich behalte ihn vor allem als großartigen Zuhörer in Erinnerung. In den vielen Gesprächen, die wir beim obligatorischen grünen Tee führten, hielt er in einer ganz besonderen Gelassenheit mit seiner Meinung nie hinterm Berg - auch wenn er von einer Idee einmal nichts hielt. In der Villa Bosch haben Formate das Licht der Welt erblickt, die später wesentlich zum Erfolg des ,Frühlings’ beigetragen haben. Tschiras Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft waren etwas ganz Besonderes. Er ermöglichte nicht nur regelmäßig große Konzerte beim ,Heidelberger Frühling’, auch der Freundeskreis des Festivals fand bei ihm über Jahre eine Heimat. Die Sommerfeste, zu denen er unsere Mitglieder einlud, waren legendär.

In den Begegnungen wurde eines immer wieder deutlich: In seiner Bodenständigkeit konnte er eine wunderbare Nähe aufbauen. Er hat es vermocht, mir in den ersten Jahren die weichen Knie zu nehmen, die man beim Besuch eines Mannes mit einer solchen Lebensleistung durchaus bekommen kann. Er nahm mit Begeisterung Anteil und ließ ebenso mit Freude Anteil nehmen. Die Spaziergänge zu zweit durch den entstehenden Park der Villa Bosch oder das Studio werden mir immer in Erinnerung bleiben. Seine Liebe zur Musik war eine Verbindung zwischen uns, die bis zum heutigen Tag nicht abgerissen ist. Mir wird ein unbestechlicher Ratgeber und ein Fels in Brandung fehlen." 

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.