Widerstand gegen Windkraft vor allem in Handschuhsheim
In Handschuhsheim ist der Widerstand gegen die Windräder besonders stark - Experte: Schaden für den Wald wäre gewältig

Bis zu neun Windräder sind auf den Handschuhsheimer Hügeln denkbar - sechs am Areal "Weißer Stein-Süd" (hier abgebildet) und drei am Hohen Nistler. Fotomontage: Nachbarschaftsverband
Von Micha Hörnle
Das hätte man vielleicht so nicht für möglich gehalten: Gerade in der Umwelthauptstadt Heidelberg formiert sich ein massiver "Protest von unten" gegen die geplanten Windparkstandorte. Schon über 40 Banner "Windindustriepark - Heidelberg sagt nein" hängen mittlerweile in der gesamten Stadt verteilt. Bei einer Veranstaltung in Handschuhsheim reichte am Donnerstag der Saal im "Deutschen Kaiser" nicht aus - und vielleicht am verwunderlichsten: Der Protest hat nichts mit Parteipolitik zu tun, man findet sogar etliche Sozialdemokraten und Grüne unter den Gegnern der Standorte. Natürlich gab es auch einige im Saal, die ganz gegen die Windenergie waren, aber die meisten hielten es mit dem Referenten des Abends, Dieter Teufel, dem Leiter des Umwelt-Prognose-Instituts: "Ich bin im Grunde für die Windenergie, aber nicht überall. Der ökologische Schaden darf nicht größer als der Nutzen sein."
Sein Hauptargument ist weniger die Verspargelung der Landschaft ("Das ist Geschmackssache"), sondern eher die schwere und unwiderrufliche Schädigung des alten, gewachsenen Mischwaldes. Das fängt schon bei den Zufahrten zu den Windrädern an: Da hilft es nicht, die alten Waldwege etwas zu verbreitern, es müssen neue, extrem breite Schneisen von bis zu 18 Metern geschlagen werden, damit die Schwertransporte fahren können. Allein dafür und für die Anlage des Fundaments müssten viele Bäume fallen, die Zahlen gingen in die Tausende. Und das Schlimmste wäre: Das müsste auch so bleiben, denn die Windräder müssen regelmäßig gewartet oder erneuert werden.
Hintergrund
Noch bis zum Montag können sich die Bürger zu den sieben denkbaren Heidelberger Windstandorten äußern, dann läuft die Frist der Bürgerbeteiligung (aber auch Anhörung der Verbände) ab. Dazu gibt es folgende Möglichkeiten:
> Schriftliche
Noch bis zum Montag können sich die Bürger zu den sieben denkbaren Heidelberger Windstandorten äußern, dann läuft die Frist der Bürgerbeteiligung (aber auch Anhörung der Verbände) ab. Dazu gibt es folgende Möglichkeiten:
> Schriftliche Stellungnahme: Bis Montag, 16. November, kann jeder beim Nachbarschaftsverband seine Stellungnahme einreichen - am besten individuell formuliert und nicht als Musterbrief. Entweder per E-Mail an nachbarschaftsverband@mannheim.de oder postalisch: Nachbarschaftsverband Heidelberg-Mannheim, Collinistraße 1, 68161 Mannheim. Mehr im Internet unter: www.nachbarschaftsverband.de. Man kann auch alternativ einen Brief an OB Eckart Würzner schreiben (Marktplatz 10, 69117 Heidelberg).
> Online-Dialog: Im Internet unter www.heidelberg-windenergie.de kann man noch bis zum Sonntag, 22. November, seine Meinung oder Anregung zu den Standorten äußern (die Frist wurde jüngst um eine Woche verlängert). Bereits mehr als 1000 Bürger haben hier schon diskutiert.
> Beteiligung der Gremien: Mitte Februar 2016 soll es auf der Basis der Bürgerbeteiligung eine zentrale Informationsveranstaltung für alle Heidelberger Bezirksbeiräte geben. Das Ergebnis geht als Stimmungsbild in den Gremienlauf des Heidelberger Gemeinderats ein, der im März kommenden Jahres beginnt.
> Bürgerforum: Die Stadt lädt im Dezember zu einer Bürgerveranstaltung ein, bei der eine Auswertung des Online-Dialogs präsentiert wird. hö
Für Teufel sind die Gipfel und Hänge des Odenwaldes grundsätzlich der falsche Standort für Windräder: Denn dort weht der Wind relativ schwach, im Grunde sind diese Standorte nicht rentabel. Da warf Richard Leiner von der überregionalen Bürgerinitiative "Rettet den Odenwald" ein, dass das mittlerweile kein Argument mehr sei: Der Irrsinn der Subventionierung der Windkraft sei mittlerweile so weit gediehen, dass das meiste Geld an windschwache, unwirtschaftliche Anlagen gehe - und sich daher wohl auf jeden Fall ein Investor finden ließe.
Abgesehen von der Rentabilität fordert Teufel, die Windräder besser auf die Äcker in der Ebene zu bauen, wo "jetzt schon über 95 Prozent aller Anlagen stehen" - denn dort wäre der ökologische Schaden viel geringer. Und es hätte den Vorteil, dass die Landwirte dann auch zu Energiewirten werden könnten. Was anderswo, vor allem in Norddeutschland, schon ganz gut funktioniere, sei aber nach den Windkraft-Kriterien des Nachbarschaftsverbandes Heidelberg-Mannheim so gut wie ausgeschlossen. Der Grund liegt vor allem an den zu strengen (also zu großen) Mindestabständen der Anlagen zu landwirtschaftlichen Gebäuden und an der Mindestzahl von drei Windrädern. Das ist eigentlich gut gemeint: Man wollte die Anlagen möglichst weit von den Siedlungen platzieren und gleichzeitig durch eine gewisse Konzentration die Eingriffe in die Landschaft gering halten. Teufels Rat: "Man sollte die Abstände verringern und den Landwirten auch eine oder zwei Anlagen erlauben."
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Teufel ermutigte die Bürger, sich bei der noch bis Montag laufenden Bürgerbeteiligung einzubringen: "Wenn es starke Einsprüche gibt, gibt man vielleicht die Standorte auf." Das bestätigte auch Leiner: "Am wichtigsten ist immer der Widerstand der Bürger. Das will sich nicht jeder Investor zumuten." Teufel gab den Rat, sich bei der Stellungnahme an den Nachbarschaftsverband (siehe Kasten unten) vor allem auf darauf zu konzentrieren, dass der betroffene Waldbestand wertvoll, vielfältig und auch schön sei - und dass man als Anwohner um seine Erholungsfunktion fürchte: "Das sind Kriterien, die der Nachbarschaftsverband nicht selbst gewichten kann - und sozusagen in die Hände der Bürger gelegt hat. Und je nachdem, wie stark und wie heftig sie sich äußern, nimmt er das als wichtiges Kriterium für einen Standort."