Was will Heidelberg: Wachstum begrenzen oder dichter bauen?
GAL lud zur Debatte über das Handlungsprogramm Wohnen - Platz für Wohnraum dringend gesucht - Debatte steht wohl erst am Anfang

Judith Marggraf (GAL) diskutierte mit Stephan Pucher vom BUND (links) und Christoph Nestor, Leiter des Mietervereins. Foto: Rothe
Von Maria Stumpf
Heidelberg wächst und wächst - und braucht deshalb bis zum Jahr 2030 rund 11.400 neue Wohnungen. Was in der Bahnstadt und auf den Konversionsflächen entsteht, reicht aber bei Weitem nicht aus. Zudem fehlt vor allem preisgünstiger Wohnraum. Wie und wo können all diese Wohnungen entstehen? In den bestehenden Siedlungsgebieten jedenfalls wird der Platz knapp.
Die Stadt hat auf Antrag des Gemeinderats ein "Handlungsprogramm Wohnen" erstellt. Und dieses macht ganz deutlich: Man muss in Heidelberg wohl auch über zusätzliche Siedlungsflächen diskutieren. Judith Marggraf, Stadträtin der Grün-Alternativen Liste (GAL), wünscht sich dazu eine breite Debatte: "Unter welchen Bedingungen kann, soll oder muss Heidelberg weiter wachsen?", fragt sie. "Wir reden über Dichte und Freiflächen. Das mag man gar nicht gerne hören."
Und deshalb lud die Wählervereinigung am Dienstagabend zu einer Diskussion mit zwei Experten, die in dieser Sache ganz unterschiedliche Interessen vertreten: Stefan Pucher vom BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) und Christoph Nestor vom Mieterverein.
"Wenn ich ausreichend Wohnungen will, brauche ich auch eine notwendige Dichte", sagt Christoph Nestor. Er plädiert für ein "gemeinwohlorientiertes und nachhaltiges Bauen" und denkt bei zusätzlich benötigtem Wohnraum - neben wirtschaftlichen und ökologischen Erwägungen - vor allem auch an den Erhalt sozialer Vielfalt und die Auslastung bestehender Infrastrukturen. Grundsätzlich versteht er das "Handlungsprogramm Wohnen" der Stadt als Strategiepapier für eine aktive Grundstückspolitik und fordert Präzisierungen: "Das ist eine erste Analyse. Danach folgen die Formulierung der Ziele und dann die Maßnahmen für Prioritäten."
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Der Mieterverein hätte für weitere Bauvorhaben in dem Programm gerne das Vorbild der Konversionsfläche Mark Twain Village in der Südstadt: Das wohnungspolitische Konzept sieht dort vor, einen Anteil von 70 Prozent als bezahlbare, preisgebundene Wohnungen zu errichten, 40 Prozent davon sind Mietwohnungen, 30 Prozent geförderte Eigentumswohnungen. Ziel ist es auch, sozial durchmischte Wohnquartiere zu ermöglichen.
Stefan Pucher vom BUND betont die Notwendigkeit der Nachhaltigkeit beim Bauen, und genau das vermisse er in dem Programm: "Man muss aufpassen, dass man die wenigen Formulierungen hierzu nicht überliest." Er fordert ein Ressourcen sparendes, energieeffizientes Bauen. "Wir müssen uns aber auch grundsätzlich fragen, wo soll es eigentlich hingehen? Brauchen wir immer mehr Quadratmeter Wohnfläche pro Person?" Im städtischen Wachstum brauche man Begrenzung. Das müsse dann auch "politisch durchgesetzt werden". Auch der Erhalt sozialer Vielfalt ist Puchers Thema: "Es kann ja nicht sein, dass nur Finanzkräftige in einer intakten Umwelt leben können."
In der Gesprächsrunde mit den rund 25 Besuchern wird deutlich, dass die Debatte zum "Handlungsprogramm Wohnen" wohl erst am Anfang steht.