Verein "Sicheres Heidelberg": Wichtige Projekte gegen Kriminalität und für Zivilcourage
Heidelberg ist keine Insel der Glückseligkeit - das zeigte die Mitgliederversammlung des Vereins "Sicheres Heidelberg"

"900 junge Menschen sind mittlerweile aus Deutschland in Kriegsgebiete gereist, meist aufseiten des IS", sagte Reiner Greulich, Geschäftsführer des Vereins "Sicheres Heidelberg" bei der Mitgliederversammlung im Heidelberger Rathaus. Foto: dpa
Von Daniela Biehl
Heidelberg. Sie haben sich Videos angeschaut, in denen Kämpfer des Islamischen Staats (IS) glorifiziert werden, und waren auf der Suche nach Gemeinschaft, Freundschaft und ewigem Ruhm, ehe sie in die islamistische Szene abrutschten. "900 junge Menschen sind mittlerweile aus Deutschland in Kriegsgebiete gereist, meist aufseiten des IS", sagte Reiner Greulich, Geschäftsführer des Vereins "Sicheres Heidelberg" bei der Mitgliederversammlung im Rathaus. Um Radikalisierung vorzubeugen, hat sich der Verein verschiedene Präventionsprojekte überlegt. "Die Fragen sind ja immer, warum Jugendliche so anfällig sind für Islamisten, und wie man sie davor bewahren kann."
Gemeinsam mit der Stadt, dem Verein "Mosaik Deutschland" und der Pädagogischen Hochschule will Greulich deshalb Heidelberger Schulen ins Boot holen, wenn ab 26. April ein großes Präventionsprojekt startet. "Der Plan ist, dass Jugendliche in Workshops sich ganz intensiv mit der Thematik auseinandersetzen, während Lehrer in Fortbildungen gebrieft werden." Herzstück der Präventionsarbeit ist das - schon in den letzten Jahren entstandene und an vier Heidelberger Schulen erprobte - Theaterstück "Jungfrau ohne Paradies": Ein mobiles Drama vom Künstlerwerk "New Limes und Wir" in Mannheim, das sich mit Radikalisierungsprozessen beschäftigt.
In Kontakt mit dem Publikum, Schülern ab Klasse 8, werden verschiedene Szenarien durchgespielt. "Es geht etwa darum, welche Gründe für eine Ausreise vorliegen - denn die Hauptperson hat sich radikalisiert und will nach Syrien, um dort zu kämpfen -, oder darum, wie man sie von einer Ausreise abhalten könnte", sagt Greulich. An vier Heidelberger Schulen lief das Stück schon "mit guter Resonanz".
Die Vereinskampagne "Heidelberg aber sicher" hatte man 2016 ebenfalls fortgeführt, etwa mit Präventionsveranstaltungen für Schüler und Eltern zum Thema "Sicherheit im Netz". Und auch das Zivilcourage- und Selbstverteidigungstraining für Frauen oder Senioren lief gut. "Alles in allem ein tolles Jahr", fand auch Polizeipräsident Thomas Köber und betrachtete die Mitgliederentwicklung: 343 Mitglieder zähle "Sicheres Heidelberg", 291 natürliche und 42 juristische Personen. "Das sind 20 Leute mehr als im Vorjahr."
Doch dann wird Köber ernst. Zur Sicherheitsumfrage hat er noch etwas zu sagen. Dabei erhalten aktuell 8000 zufällig ausgewählte Personen einen Fragebogen, um anzugeben, wie sicher sie sich in Heidelberg fühlen. "Das ist mir ganz wichtig, dass dieser Status erhoben wird", sagte Köber. "Wir brauchen Rückmeldungen, um einschätzen zu können, ob das, was wir für die Bürger machen, auch ankommt. Ob man sich sicher fühlt." Der Polizeipräsident gestand zwar, dass die Kriminalitätsbelastung in Heidelberg gar nicht so hoch sei - "in anderen Orten der Region sieht es da ganz anders aus" -, doch Sicherheit oder Überwachung im öffentlichen Raum gehörten trotzdem diskutiert. "Heidelberg ist ein schönes Pflaster, aber keine Insel der Glückseligkeit", sagte er. "Es wäre töricht, nicht über solche Themen nachzudenken."
Und am Ende waren es Ursula Hummel von der Hotelfachschule und Melanie Kleinloh von der Theodor-Heuss-Realschule, die auf der Mitgliederversammlung noch ihre Projekte vorstellten. Hummel hatte mit "Jobs for your future" den letzten Präventionspreis des Vereins abgeräumt und schilderte noch einmal, wie ihre Hotelfachschüler Flüchtlingen gastronomische Grundqualifikationen beibringen. Mit Erfolg, denn die Ersten haben inzwischen sogar Ausbildungsverträge. Und Kleinloh arbeitet als Schulsozialarbeiterin mit den 5. Klassen, wo es Coachings gibt, um Mobbing entgegenzuwirken. "Wichtig ist, dass man alle Konflikte bespricht, aber niemanden an den Pranger stellt", sagte sie. Das Aussprechen bewirke schon viel.



