Heidelberg

Vater fällt fast auf "Schockanruf" herein

Ein 60-Jähriger berichtet: "Ich habe noch immer die weinende Stimme der Tochter im Ohr"

03.03.2021 UPDATE: 04.03.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden

Symbolfoto: dpa

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Er ist fit, 60 Jahre alt und konnte sich lange nicht vorstellen, wie man auf betrügerische Schockanrufe oder Enkeltricks hereinfallen kann. Bis zum Freitag letzter Woche, als ihn diese Frau anrief: "Papa", schluchzte sie ins Telefon: "Es ist etwas Schreckliches passiert."

"Der Trick war so gut gemacht, dass ich immer noch die weinende Stimme meiner Tochter im Ohr habe", erinnert sich der 60-Jährige mit Schrecken an den Vorfall. Die Betrügerin behauptete, sie habe eine Frau totgefahren, jetzt sei sie auf dem Polizeirevier in Bad Dürkheim und müsse eine Kaution hinterlegen. 20.000 Euro müsse sie bezahlen, um auf freien Fuß zu kommen.

Der Vater stand unter Schock. Immer wenn er nachfragen wollte, was genau passiert sei, schien es so, als habe seine "Tochter" am anderen Ende der Leitung eine Panikattacke. "Papa, Du musst mir helfen." Irgendwann reichte sie den Hörer an einen angeblichen Polizisten weiter. "Dieser sprach zu mir in ruhigem Ton und sagte mir, ich solle mir keine Sorgen machen." Bis zu diesem Zeitpunkt erschien dem 60-Jährigen die Geschichte plausibel.

Stutzig wurde er erst, als der angebliche Polizist behauptete, dass die Familie des Unfallopfers doch eine höhere Kaution verlange und er eine Person vorbeischicken werde, um das Geld abzuholen. "Es wurde keine konkrete Summe genannt. Er fragte mich, wie viel ich denn im Hause habe." Unter dem Vorwand, er müsse erst einmal nachsehen, schlich sich der Angerufene vom Festnetz-Telefon und rief aus dem Nebenzimmer mit seinem Handy die Polizei an. "Der echte Polizist sagte mir gleich, das sei ein Enkeltrick."

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Inzwischen war auch die Frau des 60-Jährigen nach Hause gekommen und hatte ihrerseits die Polizei alarmiert. Als der Anrufer merkte, dass eine Streife vor Ort ankam, legte er auf. Der Betrugsversuch war aufgeflogen. Trotzdem waren der 60-Jährige und seine Frau froh, dass abends die echte Tochter zu Besuch kam. Zwischenzeitlich hatten die Familienmitglieder auch schon miteinander telefoniert.

"Das war ganz geschickt gemacht", berichtet der Vater, der nun andere vor dieser Masche warnen möchte. Er sagt zwar, er hätte niemals einem Fremden so viel Geld anvertraut, sondern hätte darauf bestanden, mit zum Polizeirevier zu fahren. Nach diesem Vorfall könne er sich aber gut vorstellen, dass andere auf solche Anrufe hereinfallen.

"Bei diesem Vorfall handelt es sich eher um einen Schockanruf, nicht um einen Enkeltrick", sagt ein Polizeisprecher auf Anfrage. Und es komme tatsächlich immer wieder vor, dass Geschädigte auf solche Horrorgeschichten hereinfallen und Wildfremden ihr Geld anvertrauten. So wurde eine 80-jährige Seniorin aus der Mannheimer Neckarstadt am 12. Februar um 10.000 Euro erleichtert. Eine Kirchheimerin hatte einer Abholerin am 11. Januar sogar 25.000 Euro übergeben. In beiden Fällen hatten angebliche Enkel behauptet, dass sie wegen eines Unfalls in Geldnot seien.

"Die Polizei will niemals an der Haustüre Geld abholen", warnt der Polizeisprecher vor den Machenschaften der Betrüger. Und er rät in solchen Fällen: "Sofort auflegen!" Tipps, wie man sich vor Schockanrufen oder Enkeltrickbetrügern schützen kann, hat auch die kriminalpolizeiliche Beratungsstelle parat: "Seien Sie misstrauisch, wenn sich Anrufer am Telefon nicht selbst mit Namen melden. Raten Sie nicht, wer anruft, sondern fordern Sie Anrufer grundsätzlich dazu auf, ihren Namen selbst zu nennen!"

Im Zweifel solle man bei den Anrufern Dinge erfragen, die nur der richtige Verwandte oder Bekannte wissen könne. Auf keinen Fall solle man Details zu seinen Finanzen am Telefon preisgeben. Man solle sich von den Anrufern nicht drängen lassen. Und wenn jemand Geld verlange, solle man dies mit anderen Familienangehörigen besprechen. Niemals solle man Geld oder Wertsachen an Unbekannte übergeben. Bei verdächtigen Anrufen gilt außerdem: Sofort die Polizei unter 110 informieren.

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