TSG Rohrbach: Der größte Heidelberger Sportverein feuert den Geschäftsführer

Nach 29 Jahren wurde Tobias Hüttner entlassen, jetzt klagt er auf Wiedereinstellung - Erste Finanzprüfung ergab keine Auffälligkeiten

28.04.2015 UPDATE: 29.04.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 42 Sekunden

Eiszeit bei der TSG: Geschäftsführer Tobias Hüttner (l.) wurde entlassen. Als Finanzvorstand saß er aber bei der Mitgliedervertreterversammlung noch mit Franziska Klarmann und Vorstand Thomas Müller auf dem Podium. Foto: Rothe

Von Steffen Blatt und Timo Teufert

Die TSG Rohrbach, Heidelbergs größter Sportverein, hat ihrem Geschäftsführer Tobias Hüttner fristlos gekündigt. Er soll gegen die Geschäftsordnung und die Satzung des Vereins verstoßen haben. Hüttner, der bis Mitte April gleichzeitig stellvertretender Vorstand für Finanzen und Vorsitzender des Fördervereins "Gemeinschaft für Bewegung und Gesundheit" war, wehrt sich dagegen juristisch vor dem Arbeitsgericht; derzeit versuchen die Beteiligten, sich außergerichtlich zu einigen.

Es kommt äußerst selten vor, dass der Vorstand der TSG eine Entscheidung in geheimer Abstimmung trifft. Am 13. Februar jedoch griff man zu Papier und Stift - und am Ende stand die Kündigung von Tobias Hüttner. Der 55-Jährige war seit 1986 für den Verein als Geschäftsführer tätig, hat keine Ehefrau und keine Kinder und sagt: "Ich bin mit der TSG verheiratet." Was der genaue Grund für die Kündigung ist, darüber sagen beide Seiten wenig. TSG-Vorsitzender Thomas Müller deutet nur an, dass sich Hüttner ein zu hohes Gehalt ausgezahlt haben soll. Wie auch immer die Vorwürfe konkret lauten, der ehemalige Geschäftsführer kann sie nicht nachvollziehen. Darum hat Hüttner beim Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage erhoben - er will wieder eingestellt werden. Die beiden Parteien erklärten einen ersten Gütetermin am 15. April für gescheitert - das war aber eine reine Formalie, denn jetzt hat man bis zum 16. Juli Zeit, sich außergerichtlich zu einigen. Ob es dabei um die Wiedereinstellung oder eine Abfindung geht, darüber schweigen sich die Beteiligten aus. Beide Seiten streben aber eine einvernehmliche Lösung an.

Dass nun nach so langer Zeit zwischen Hüttner und dem seit März 2013 amtierenden Vorsitzenden Müller plötzlich Eiszeit herrscht, verwundert auf den ersten Blick. Doch es liegt wohl auch an den Strukturen der TSG, mit 3241 Mitgliedern in 20 Abteilungen der größte Sportverein der Stadt. So hatte Hüttner offenbar als Geschäftsführer nie einen Arbeitsvertrag. Müller und Hüttner bestätigen das gegenüber der RNZ. "Dazu sah ich keine Veranlassung", ergänzt der ehemalige Geschäftsführer - eine bemerkenswerte Praxis für einen Verein, der ein Fitnessstudio betreibt, 50 fest angestellte Mitarbeiter hat und über ein Vermögen von rund vier Millionen Euro verfügt.

Die Kündigung kam auch bei der Mitgliedervertreterversammlung zur Sprache, hier saß Hüttner als stellvertretender Vorsitzender Finanzen zusammen mit Müller auf dem Podium. Hüttner sagte kein Wort zur Entlassung, sein Amt als Finanzvorstand hatte er seit der Kündigung ruhen lassen. Ein konkreter Kassenabschluss konnte den Mitgliedern deshalb nicht präsentiert werden, "finanztechnisch steht der Verein aber gut da", so Hüttner. 2,9 Millionen Euro Ausgaben standen 2014 2,3 Millionen Euro Einnahmen gegenüber. "Das Minus von 626 000 Euro ist aber kein echter Verlust", so Hüttner. Vielmehr liege man bei den Finanzen voll im Plan, man habe 972 000 Euro in die Sanierung des Vereinsheims gesteckt und außerdem ein Jubiläum gestemmt. Zum Jahresende hatte die TSG einen Kassenbestand von 748 000 Euro und Rückstellungen von 1,2 Millionen Euro. Hüttner, dessen Posten wegen Wahlformalitäten bei der Sitzung nicht neu besetzt wurde, wünschte dem Vorstand in Sachen Finanzen viel Erfolg: "Die TSG braucht bei der Komplexität gute Leute. Ich hoffe, dass die schnell gefunden werden", so Hüttner.

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Müller blickte in seinem Jahresbericht nicht nur auf das 125. Jubiläum im letzten Jahr zurück, sondern freute sich auch auf den 4. Mai, den Tag des Spatenstichs für die neue Erlenweghalle. Zum Thema Hüttner blieb er vage: "Wir mussten uns von unserem Geschäftsführer trennen. Der Schritt ist uns nicht leicht gefallen, er war aber wegen gewisser Vorgänge unumgänglich." Der Vorstand werde fachkundig und unabhängig beraten, um richtig entscheiden zu können. Geplant ist laut Müller eine "neue Struktur der Verantwortlichkeiten". Die Machtkämpfe und Anfeindungen der letzten Wochen seien nicht spurlos an ihm vorübergegangen.

Auf der Sitzung wurden die Tagesordnungspunkte "Bericht der Rechnungsprüfer", "Entlastung des Vorstandes" und "Genehmigung des Haushaltsplans" von der Agenda abgesetzt. "Die Kasse ist noch nicht geprüft. Wir haben einen externen Wirtschaftsprüfer beauftragt, um die Vorgänge im letzten Jahr zu klären", so Müller. Ein finanzieller Schaden ist aber offenbar nicht entstanden. Die Zahlen bewegten sich im Rahmen der letzten Jahre.

Trotz der Querelen wurden Müller als Vorsitzender und Ralph Fülop als sein Stellvertreter von den 64 Delegierten bei drei Gegenstimmen und vier Enthaltungen wiedergewählt.

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