Gefährliche Straßen und vermeidbare Unfälle
Es wurden drei Stadtteile untersucht – vor allem auf der Rohrbacher Straße kommt es häufig zu Unfällen mit Passanten und Radfahrern

Lieferwagen, die Fußgänger behindern, sind morgens in der Hauptstraße bittere Realität. Foto: Rothe
Von Holger Buchwald
Die Verkehrssicherheit für Kinder und Senioren im Blick startete vor rund einem halben Jahr das Sicherheitsaudit in Heidelberg. Die Stadt hat damit das Büro für Forschung, Entwicklung und Evaluation aus Wuppertal (Bueffee) beauftragt. Nicht nur die Stadträte zeigten sich im Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss von der Zwischenbilanz begeistert, auch Verkehrsmanager Alexander Thewalt ist mit den ersten Ergebnissen zufrieden: "Wir haben eine gute Struktur - und einen ordentlichen Arbeitsauftrag." Konkret meint er damit, dass man sich nun im Amt für Verkehrsmanagement nicht etwa zwei Jahre zurücklehnen wird, bis das Sicherheitsaudit in allen Stadtteilen abgeschlossen ist. Erste, kleine Verbesserungen, die nicht viel Geld kosten, werden sofort umgesetzt.
Die Phase eins des Sicherheitsaudits ist in drei Stadtteilen abgeschlossen: in der Altstadt, in der Weststadt und in Bergheim. Neuenheim soll noch vor den Sommerferien folgen. Jens und Tanja Leven von Bueffee und ihr Team haben in dieser Phase die amtliche Unfallstatistik ausgewertet, die Eltern der Grundschulen nach Problemstellen und Unfallschwerpunkten befragt und diese Daten mit den Kinderwegeplänen der Stadt und einer von den Kinderbeauftragten erstellten Liste verglichen. Danach gab es Ortsbegehungen rund um die Grundschulen. Für Auditor Jens Leven ist dieses Vorgehen bundesweit einmalig: "Nirgendwo sonst gibt es ein Sicherheitsaudit in dieser Tiefe."
Sechs bis sieben Prozent der Heidelberger Kinder an weiterführenden Schulen gaben in einer Befragung an, dass sie in den letzten zwölf Monaten an einem Unfall beteiligt waren. Laut Leven passiert nur auf 50 der 967 Heidelberger Straßen die Hälfte aller Unfälle mit Radlern und Fußgängern. Für Passanten sind die Bergheimer Straße, die Kurfürsten-Anlage und die Rohrbacher Straße besonders gefährlich. Für Radler sind es ebenfalls die Rohrbacher Straße (Platz 1) und die Bergheimer Straße (Platz 3), dazwischen liegt aber noch die Eppelheimer Straße auf Rang 2. Doch Leven hat auch Positives zu vermelden. So werden im deutschlandweiten Durchschnitt 31 Prozent der Schüler regelmäßig von ihren Eltern mit dem Auto zur Schule gebracht. In Heidelberg liegt die Elterntaxi-Quote nur bei 20 Prozent, in der Altstadt und in der Weststadt sind es noch weniger.
CDU-Stadtrat Alexander Föhr wollte im Ausschuss wissen, welche Lösungsvorschläge der Levens schon umgesetzt worden sind. Laut Thomas Raab, Mobilitätsbeauftragter beim städtischen Amt für Verkehrsmanagement, wird unterschieden zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen. Behindern ausufernde Hecken und Büsche die Sicht von Kindern, wird der Grünschnitt sofort angeordnet. Verschmutzte Verkehrsschilder werden nach und nach geputzt oder gleich ganz ausgetauscht.
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Geht es jedoch um teurere Projekte, müssen dafür erst Gelder vom Gemeinderat bereitgestellt werden. In einem Punkt ist dies schon geschehen, so wird die Theaterstraße in der Altstadt aufgepflastert, damit die Autofahrer auch an der baulichen Gestaltung erkennen, dass sie sich in einer Spielstraße befinden, für die Schrittgeschwindigkeit gilt.
Bei den Vorschlägen der Sicherheitsauditoren geht es immer wieder um diesen Punkt: Die Straßen sollten baulich so gestaltet sein, dass sie schon dadurch auf die geltenden Verkehrsregeln hinweisen. Dass dies in Heidelberg längst nicht überall der Fall ist, wird am Beispiel Friedrichstraße in der Altstadt deutlich: Sie ist Fußgängerzone, hat jedoch eine asphaltierte Fahrbahn und zwei Gehwege. Daher mutet sie wie eine normale Straße an, kaum jemand hält sich hier an die Schrittgeschwindigkeit zwischen sieben und zehn Stundenkilometern. Das Verkehrsmanagement arbeitet nun Vorschläge aus, wie die Straße umgestaltet werden kann. Zudem sollen hier, wie auch in anderen Bereichen der Altstadt, Figuren aufgestellt werden, die die Aufmerksamkeit von Autofahrern auf sich lenken. Sie sollen dort zum Einsatz kommen, wo sich besonders viele Kinder und andere Fußgänger aufhalten - wie am Überweg von der Friedrichstraße zur Theaterstraße, der direkt zum Anna-Blum-Spielplatz führt. Der schmale Durchgang ist zwischen den Häuserfronten von der Straße aus nur schwer zu erkennen.
Der massive Lieferverkehr in der Altstadt wird von besonders vielen Eltern als Problem gesehen. "Die Sprinter parken häufig direkt an der Hauswand, weshalb die Kinder in der Mitte der Straße laufen müssen", klärt Thomas Raab auf. Um die Lieferanten zu sensibilisieren, wolle man nun für einige Tage zwischen den Laternen im Bereich zwischen Bismarckplatz und Märzgasse Flatterband spannen. Denn dann müssen die Autos in der Mitte parken, die Kinder sind an der Hauswand besser geschützt.
Nicht nur die Autofahrer haben die Verkehrsmanager im Visier, sondern auch die Radler, die gerade in der Plöck häufig viel zu schnell unterwegs sind und die wenigen Zebrastreifen dort ignorieren. Am Überweg zur Sandgasse, dort wo die Fußgänger über die Treppe von der Bushaltestelle Peterskirche herunterkommen, werde man demnächst zusammen mit der Verkehrspolizei Radler kontrollieren, die die Passanten meist nicht über die Straße lassen und an ihnen mit hoher Geschwindigkeit vorbeikurven.
Schärfere Kontrollen, auch das forderten die Eltern im Rahmen des Sicherheitsaudits. Thewalt verspricht Abhilfe. Das moderne Geschwindigkeitsmessgerät, das auch in engen Straßen und bei relativ niedrigem Tempo eingesetzt werden kann, wird nächste Woche geliefert. "Wir mussten mit der Bestellung warten, bis der städtische Haushalt vom Regierungspräsidium genehmigt wurde", klärt der Verkehrsmanager auf. Doch ab Juli werde es endlich eingesetzt.
Die Falschparker müssen sich ebenfalls auf verstärkte Kontrollen einstellen. Denn der Gemeindevollzugsdienst wurde um sieben Mitarbeiter auf nunmehr 32 Leute aufgestockt. Am 1. Juni haben die letzten drei ihren Dienst angetreten. Illegales Gehwegparken wird nicht mehr toleriert und soll unter anderem mit Pollern unterbunden werden. Dort, wo bestehende Parkplätze die Sicht behindern, müssen sie weichen.
Info: Mehr unter www.heidelberg.de/ sicherheitsaudit.