Rohrbacher Praktiker Markt geschlossen: Am Ende steht Bitterkeit
Heute heißt es endgültige Aus für Praktiker-Markt in Rohrbach-Süd. Der Betriebsrat sieht sich getäuscht.
Die Werbetafel am Eingang verspricht für "alle Artikel jetzt 80 Prozent Rabatt". Viel ist es nicht mehr, was drinnen im Praktiker-Markt in Rohrbach-Süd auf Käufer wartet: Die Regale im Obergeschoss sind komplett leer, zum größten Teil auch im Erdgeschoss. Hier wird nur noch Restware auf Paletten angeboten, zum Beispiel Lackfarben.
Ab heute ist die Filiale der seit diesem Juli insolventen Baumarkt-Kette in der Englerstraße für immer geschlossen. Die Stimmung unter den verbliebenen Mitarbeitern ist gedrückt. Viele wissen nicht, wie es für sie weitergeht. Was ihnen besonders bitter aufstößt, ist die Art und Weise, wie mit ihnen umgegangen wurde: "Wir fühlen uns verraten und verkauft", sagt Jürgen Hillesheim, der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende. Und fügt hinzu: "Hier wurde nicht mit offenen Karten gespielt."
Am vorletzten Tag des Marktes im Gewerbegebiet Rohrbach-Süd sitzt Hillesheim, der hier seit 28 Jahren gearbeitet hat, zusammen mit weiteren Mitgliedern des Betriebsrats in einem Büroraum im ersten Stock und zieht Bilanz. Mit Gisa Pabst, Frank Roland Fiedler und Thorsten Brendt ist er sich einig: Zu diesem Ende hätte es nicht kommen müssen. "Wir waren definitiv auf einem aufsteigenden Ast", stellt er fest und beschreibt damit auch das Engagement seiner Kolleginnen und Kollegen, die für "ihren" Markt gekämpft haben - vergebens.
"Katastrophal" seien die Entscheidungen von Management und Aufsichtsrat gewesen, man habe es auch nicht für nötig gehalten, die Mitarbeiter selbst zu befragen, die im Übrigen erst aus den Medien von der Insolvenz erfahren haben. Man fühlte sich eher belogen als anständig informiert: "Die haben uns hinter unserem Rücken verschachert", ist der Eindruck des Betriebsrats. Man munkelt, an den "Globus"-Baumarkt.
Auch mit dem Insolvenzverwalter Christopher Seagon lief die Kommunikation alles andere als zufriedenstellend. "Er hat gerade mal auf eine E-Mail von uns geantwortet", beklagt Jürgen Hillesheim. Man spürt, dass die "Noch-Praktiker" an ihrem Baumarkt hängen. Zum Teil arbeiteten die jeweiligen Ehepartner in Voll- oder Teilzeit mit im Betrieb, so dass jetzt ganze Familien arbeitslos werden. Unverständlich ist für die Heidelberger Betriebsräte, warum eine Insolvenz in dieser Größenordnung - bundesweit sind 230 Praktiker-Märkte betroffen - so wenig Aufmerksamkeit erhielt, anders als zum Beispiel bei Schlecker oder Karstadt. "Etwa 10 000 Mitarbeiter werden arbeitslos, und kein Hahn kräht danach", ärgert sich Hillesheim. Über das Engagement der Gewerkschaft Verdi auf Bundesebene ist man enttäuscht.
Wie es für die Heidelberger Beschäftigten - zuletzt waren es 50, jeweils zur Hälfte in Voll- und Teilzeit - weitergeht, steht für die meisten in den Sternen. Diejenigen, die nicht von sich aus gekündigt haben und in einem anderen Baumarkt untergekommen sind, gehen zunächst ab dem 1. November in eine Transfergesellschaft, die sie in neue Beschäftigungsverhältnisse vermitteln soll. Viele haben bis zur Rente noch 15 bis 20 Jahre zu arbeiten - aber wo? Über einen Sozialplan für diejenigen, die nicht in der Transfergesellschaft sind, wird noch verhandelt. Er dürfte nach Einschätzung des Betriebsrates aber lediglich zu "Mini-Summen" führen.
"Wir hatten schöne Zeiten", blickt Jürgen Hillesheim mit etwas Wehmut zurück. In den letzten Wochen musste man allerdings neben der psychischen Belastung auch das Verhalten einiger Kunden ertragen, die sich in ihrer Gier nach Schnäppchen daneben benahmen, noch mehr Preisnachlass forderten oder Ware klauten.
Heute Abend wird man im Heidelberger Baumarkt zum letzten Mal das Licht ausmachen und die Türen abschließen. Vielleicht gibt es draußen noch einen kleinen Abschiedstrunk. Dann geht jeder für sich nach Hause - in eine ungewisse Zukunft.