Protestantische Räume im Wandel der Zeit
Die Evangelische Stiftung Pflege Schönau stellt ihre beeindruckendsten Gotteshäuser vor

Im Haus der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau stellte Dr. Enno Krüger das Buch "Protestantische Räume" über zwölf beispielhaft renovierte Kirchen in der Region vor. Foto: Philipp Rothe
Von Birgit Sommer
Heidelberg. "Kirchen instandsetzen ist unsere Aufgabe", sagt Ingo Strugalla, Geschäftsführer der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau (ESPS). Aufs Schönste dokumentiert das ein neues Buch "Protestantische Räume". Zwölf Kirchen in Baden zwischen Mosbach und Lahr, zwischen dem 12. und dem 20. Jahrhundert entstanden, zeugen von der "restauratorischen Kompetenz", wie es Strugalla bei der Vorstellung des Bandes ausdrückte. Erstmals öffnete die ESPS dafür ihr Gebäude in der Zähringerstraße für die Öffentlichkeit; auch dieses rund 130 Jahre alte große Haus wurde bis Anfang des Jahres 2017 gründlich renoviert.
Der Heidelberger Kunsthistoriker Dr. Enno Krüger wählte fünf Kirchen aus fünf Jahrhunderten aus, als er das Buch vorstellte. Das Kloster Schönau, mit dem der Band startet und von dem allein der Speisesaal übrig blieb und zur evangelischen Kirche wurde, war nicht dabei. Aber zum Beispiel die Klosterkirche Lobenfeld, eine ehemalige Kirche der Zisterzienserinnen aus der Stauferzeit. Als das Langhaus, das viele Jahre lang als Getreidespeicher fungiert hatte ("Altes Gelump", sagten die Lobenfelder), 1980 zum Heimatmuseum werden sollte, wusste eine Privatinitiative dies zu verhindern. Heute gilt es als geistliches Zentrum für verschiedene Veranstaltungen. Die gotischen Fresken werden erst in diesem Jahrtausend systematisch erforscht.
Die Heidelberger Peterskirche, für Krüger "Nahtstelle zwischen Kirche und Wissenschaft", wurde 2005 innen renoviert; mehr als eine Million Euro investierte da die ESPS. Als Heidelberg 1693 brannte, wurde der gotische Chor gerettet. Mit den kostbaren Grab-Epithaphien aus der Renaissance an den Wänden sei die Geschichte der Stadt in der Peterskirche in besonderer Weise präsent, meinte der Kunsthistoriker. Irgendwo soll auch Marsilius von Inghen, der Gründungsrektor der Universität, begraben liegen. Die Kirche Willstätt im Ortenaukreis, eine protestantische Barockkirche mit Kanzelaltar, wurde durch die Kunst des Bildhauers Jürgen Goertz vor mehr als 40 Jahren in die Moderne katapultiert, wie es im Buch heißt. Die Lutherkirche in Ilvesheim von Helmut Striffler aus dem Jahr 1964 steht für den Brutalismus der Beton-Avantgarde. "Spröde Klarheit, Weite und Freiheit",verbindet die dortige Pfarrerin Eva Weisser damit. Die Versöhnungskirche auf dem Gelände des KZ Dachau ist Strifflers berühmtestes Werk, seine Trinitatiskirche in Mannheim, fünf Jahre älter, wurde im September zum "EinTanzHaus".
Nein, die weithin bekannte gotische Heiliggeistkirche in Heidelberg, im Jahr 2006 innen teilrenoviert, besprach der Kunsthistoriker nicht. Dafür aber die Handschuhsheimer Friedenskirche, sie ist die dritte der Heidelberger Kirchen, für deren Erhalt die "Pflege Schönau" verantwortlich ist. Lange teilte man sich die St.-Vitus-Kirche mit den Katholiken, doch vor 110 Jahren sollte eine evangelische Kirche her. Tausend Sitzplätze hatte Architekt Hermann Behaghel für den Bau im neuen Heidelberger Stadtteil geplant. Es wurde "die" protestantische Kirche des Historismus, meint Enno Krüger. Seit der Renovierung 2012 ist sie mit heller Stufenanlage und schwarzen Blickfängen ausgestattet. Rund 1,2 Millionen Euro investierte die Stiftung in die Erneuerung. Die Anerkennung für die erstaunliche Architektur folgte sofort: Hugo-Häring-Preis 2014 und Auszeichnung "Beispielhaftes Bauen" 2017.
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Die im Buch beschriebenen Kirchen, von Christian Buck mit opulenten Bilderfolgen illustriert, gehören für Enno Krüger zum kulturellen Erbe Südwestdeutschlands. "In Zeiten, in denen es um Kirchenbauten schlecht bestellt ist, weil allein der Unterhalt schon die kirchlichen Finanzen belastet" (Enno Krüger), kümmert sich die ESPS um den Erhalt von 85 Kirchen und 41 Pfarrhäusern in Baden. Die markantesten sind im modern gestalteten Buch beispielhaft vereint. Wie man sie als Mittelpunkt des Gemeindelebens bewahren kann, lotet ein Gespräch mit dem Handschuhsheimer Pfarrer Gunnar Garleff und Kulturmanager Rainer Kern im Buch aus.
Info: "Protestantische Räume im Wandel der Zeit. 12 Kirchen in Baden. Kurpfälzischer Verlag, 132 Seiten, ISBN 978-3-924566-66-1, 28 Euro.