Neuer Wissenschaftlicher Vorstand beim DKFZ: "Wir werden bei Krebs zunehmend mehr Heilungen sehen"

Jetzt hat das DKFZ einen dauerhaften Wissenschaftlichen Vorstand: Der Krebsspezialist Prof. Michael Baumann tritt das Amt am 1. November an

25.09.2016 UPDATE: 26.09.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 28 Sekunden

Prof. Michael Baumann wird neuer Wissenschaftlicher Vorstand am DKFZ. Foto: Benjamin

Von Birgit Sommer

"Das Personalkarussell dreht sich weiter", titelte die RNZ am 2. September 2015. Jetzt ist die Fahrt vorbei. Nachdem Otmar D. Wiestler kommissarisch das Amt des Wissenschaftlichen Vorstands des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) übernommen hatte, tritt zum 1. November der Dresdner Krebsspezialist Michael Baumann das Amt an. Er ist Professor für Radioonkologie der TU Dresden, Klinikdirektor der Strahlentherapie am Universitätsklinikum und zudem Direktor am Institut für Radioonkologie des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf sowie Direktor des OncoRay-Zentrums. "Er war in den vergangenen Jahren die treibende Kraft dafür, dass die Krebsforschungsstandorte Dresden und Heidelberg heute in zahlreichen Kooperationen hervorragend zusammenarbeiten", heißt es in einer Mitteilung des DKFZ. So wird beispielsweise neben dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg seit 2015 ein zweiter NCT-Standort in Dresden aufgebaut. Ein Experte, der sich auskennt in Medizin, Forschung und Management und mit großer Lust nach Heidelberg kommt, wie er im RNZ-Interview sagt.

Herr Professor Baumann, Dresden soll sich in den nächsten fünf Jahren zum Top-Standort der Krebsmedizin in Europa entwickeln. Sie sind dann nicht mehr dabei - sie sitzen ab November schon am Top-Standort DKFZ. Freuen Sie sich auf die Aufgabe?

Na klar, das ist eine tolle Aufgabe, der ich gespannt entgegensehe. Das Deutsche Krebsforschungszentrum ist eines der erfolgreichsten Forschungszentren weltweit mit herausragenden Wissenschaftlern.

Haben Sie sich einen Schwerpunkt für Ihre Arbeit in den nächsten Jahren gesetzt? In der Vergangenheit ging es Prof. Wiestler und auch Ihnen darum, Krebsforschung so schnell wie möglich für Kranke nutzbar zu machen.

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Forschungsergebnisse schnell in die klinische Anwendung zu bringen, ist auch weiterhin ein wichtiges Thema. Wir brauchen dazu das ganze Spektrum von exzellenter Grundlagenforschung, präklinischer Forschung und klinischen Studien. Ich sehe aber auch jeden Tag in der Klinik Fragen aufkommen, die man ins Labor zurückbringen muss.

Können Sie da ein konkretes Beispiel nennen?

Es gibt Patienten, bei denen sich nach den vorliegenden Untersuchungsergebnissen die Krankheit gleich weit ausgebreitet hat und deren Tumor sich auch unter dem Mikroskop kaum unterscheidet. Ich würde diese Patienten heute mehr oder weniger identisch behandeln. Später stelle ich dann fest, dass einer von ihnen geheilt wurde und kaum unter Nebenwirkungen leidet, beim nächsten kehrt der Krebs nach einiger Zeit zurück, es bilden sich Metastasen und er stirbt. Tumore können demnach biologisch extrem unterschiedlich sein. Deshalb wird die personalisierte Medizin die Zukunft der Onkologie stark bestimmen: Hierbei erfinden wir zwar nicht für einzelne Patienten neue Medikamente, definieren aber für sehr viel besser abgegrenzte Patientengruppen die biologischen Eigenschaften ihres Tumors. Die Behandlung kann dann mit stärkeren, schwächeren oder ganz anderen Therapien erfolgen.

Geht es noch um Heilung in der Krebsmedizin oder müssen wir uns mit der Kontrolle der Krankheit begnügen?

Es geht um beides, und es muss beides erforscht werden. Es gibt durchaus heilende Verfahren in der Krebstherapie, insbesondere bei lokal begrenzten Tumoren.

Das macht die Chirurgie.

Ja, Chirurgie kann Tumore heilen, ebenso die Strahlentherapie - aber auch die Chemotherapie, etwa bei Blutkrebs. Wir werden künftig sicher durch neue Therapieformen und die verstärkte Kombination unterschiedlicher Behandlungsansätze zunehmend mehr Heilungen sehen. Aber die Kontrolle von Tumoren, ihre Umwandlung in eine chronische Erkrankung, bleibt ein sehr wichtiges Thema.

Für Ihre spezielle Disziplin, die Strahlentherapie, finden Sie in Heidelberg die Ionenstrahltherapie und beim DKFZ das neue Radiologische Forschungs- und Entwicklungszentrum vor.

Ich verstehe meine Aufgabe sehr viel breiter. Ich habe in Dresden schon ein interdisziplinäres Zentrum für die Onkologie aufgebaut. Als Vorstand des DKFZ werde ich auch in Heidelberg dazu beitragen, dass Forschung zu den Ursachen und der Biologie von Krebs ebenso wie zu verbesserten Möglichkeiten der Prävention, Diagnose und Therapie weiter gestärkt wird.

Werden Sie überhaupt noch forschen?

Die Aufgaben als Wissenschaftlicher Vorstand sind umfangreich und stehen absolut im Vordergrund. In der Vergangenheit habe ich als klinisch tätiger Arzt immer auch eigene präklinische Forschung im Labor durchgeführt, ich würde mich als Clinician-Scientist bezeichnen. Dabei liegt mir die Individualisierung der Strahlentherapie anhand biologischer Parameter am Herzen. Ich werde am DKFZ hierzu auch eigene Forschung betreiben.

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