Mountainbiker auf dem Königstuhl : Dieser Weg muss ein breiter sein
Wie Theresia Bauer am Sonntag auf dem Königstuhl ganz bewusst das Lieblingsgesetz ihres Kabinettskollegen brach. Viele Mountainbiker tun das seit Jahren regelmäßig.

Nach einem Kilometer lockerer Fahrt auf einem breiten Forstweg stoppt Alexander Holzwarth die Ministerin an der Posseltslust, holt einen Zollstock aus dem Rucksack und fragt: "Frau Bauer, ist dieser Weg breiter als zwei Meter oder nicht?". Der Pfad ist eindeutig schmaler, aber darum geht es Holzwarth nicht. Der Mountainbike-Referatsleiter beim Deutschen Alpenverein (DAV) will demonstrieren, wie absurd die in Baden-Württemberg geltende Zwei-Meter-Regel aus seiner Sicht ist.
Theresia Bauer dreht sich um. Über 50 Mountainbiker schauen sie erwartungsvoll an. "Der Weg ist also für Radfahrer verboten, aber Sie alle wollen ihn fahren?" Alle nicken. Eine junge Frau ruft: "Wir wollen nicht nur, wir tun das seit Jahren!" Fast alle Mountainbiker begehen quasi ständig Ordnungswidrigkeiten - ohne Sanktion. Und lange hat das auch niemanden gestört. Doch seit Jahren entdecken immer mehr Menschen dieses Hobby. Und im Wald prallen die unterschiedlichen Interessen aufeinander. Forstminister Alexander Bonde hält eisern an der 1995 eingeführten Zwei-Meter-Regel fest. Mountainbiker halten das Gesetz nicht nur für groben Unfug, sie empfinden es als diskriminierend.
Theresia Bauer, ganz Wissenschaftsministerin, will persönlich erfahren, um zu verstehen, worum es eigentlich geht. Also schwingt sie sich am Königstuhl selbst aufs Mountainbike, an diesem prächtigen Frühlingssonntag. Und jetzt steht sie hier vor diesem illegalen Weg und verkündet: "Ich würde sagen, aus wissenschaftlichem Interesse fahren wir den." Dumpfes, aber begeistertes Klatschen im Wald. Die Mountainbiker schlagen voller Vorfreude ihre behandschuhten Hände ineinander.
Bauer überlegt es sich dann doch anders. Schließlich ist auch das Fernsehen da. Wie das wohl aussehen würde, wenn sie, Kabinettskollegin und Parteifreundin von Alexander Bonde, im Wald das Gesetz bräche, jene Regel ignorierte, die er so vehement verteidigt? Also fahren alle schön brav den breiten Weg weiter.
Doch die nächste Gabelung ist nicht weit. Wieder holt Holzwarth den Zollstock raus, wieder sind es keine zwei Meter, aber doch ist der Pfad deutlich breiter als zuvor. "Und da vorne wird der Weg noch breiter", wirbt Holzwarth - und zeigt nebenbei, wie schwierig es ist, die Regel auszulegen. Karl-Heinz Lieber, Abgesandter aus Bondes Ministerium, gibt seinen Segen: "Ich würde sagen, mit Unterstützung der Wissenschaftsministerin: Das sind zwei Meter!" Wieder dumpfes Klatschen. Das Fernsehen ist inzwischen weg. Dieses Mal zögert die Ministerin nicht, tritt in die Pedale - und bricht Bondes heilige Regel.
Auch wenn sie sich zurückhält, um ihrem Kollegen nicht allzu offensichtlich in den Rücken zu fallen: Theresia Bauer ist nach der Tour deutlich anzumerken, dass sie von der Zwei-Meter-Regel nichts hält (siehe Interview links). Bei der anschließenden Podiumsdiskussion im Deutsch-Amerikanischen Institut prallen dann einmal mehr mit Wucht die verschiedenen Positionen aufeinander.



