Heidelberg

Mit Humor durch die Gäste-"Führungskrise"

Wie Gästeführer im Gedächtnis bleiben - Heidelberger Geschichte(n) auf Youtube

05.05.2020 UPDATE: 06.05.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 43 Sekunden
Susanne Kahlig (r.) und ihr Sohn Oliver Miltner (l.) laden zu Filmaufnahmen im Wohnzimmer ein, hier mit Dino Quaas und Oksana Braun vom Gästeführerverein. Foto: kaz

Von Karin Katzenberger-Ruf

Heidelberg. Eine Terminabsage nach der anderen – und das bis Ende des Jahres! Gästeführerin Susanne Kahlig, die sich vor rund zwei Jahrzehnten mit ihrer "Event-Eventchen-Agentur" selbstständig machte, spürt die Corona-Krise richtig krass. Sie trifft sie nach einer rund zweijährigen, äußerst arbeitsintensiven Phase in Sieben-Tage-Wochen. Mal ausspannen? Das war im Grunde nicht drin.

Jetzt hat Susanne Kahlig, die bereits sechs Bücher über ihr geliebtes Heidelberg veröffentlicht hat, mehr Zeit, als ihr lieb ist – aber bei sich sogleich eine neue kreative Seite entdeckt. Sie fertigt nun Filmchen für Youtube an, damit die Stadt und ihre Geschichte für die Gäste aus aller Welt im Gedächtnis bleiben. "Wir müssen Präsenz zeigen", ist ihre Überzeugung. Drehort ist das eigene Wohnzimmer, dorthin lädt sie Kolleginnen und Kollegen vom Verein der Heidelberger Gästeführer ein.

Der Vorsitzende Dino Quaas schlüpft diesmal in die Rolle von Zwerg Perkeo. Zum Interview vor der Bücherwand hat er ein Gemälde der historischen Figur mitgebracht, angeblich "eine Leihgabe vom Kurpfälzischen Museum". Während der etwa fünfminütigen Spontan-Aufnahmen ohne Probe und Schnitt will Quaas wie einst Perkeo im Fasskeller des Heidelberger Schlosses ein Glas Rotwein in einem Schluck runterstürzen. Tatsächlich? "Das ist nur Traubensaft", versichert Susanne Kahlig.

Die Gastgeberin nippt am Eierlikör und schenkt in zwei anderen Szenen Oksana Braun genau so ein Likörchen ein. Die Gästeführer-Kollegin steht als erste Mathematikprofessorin der Welt vor der Kamera und verkörpert die Russin Sofja Kowalewskaja (1850-1891), die 1869 zum Studium nach Heidelberg kam, dort aber nur als Gasthörerin geduldet wurde. Dann zieht sich Oksana Braun für den nächsten Auftritt als Charlotte von Hessen-Kassel (1627-1686) ein prächtiges Gewand an. Sie war als Kurfürstin die Mutter der legendären "Liselotte von der Pfalz", soll im Gegensatz zu ihrer Tochter aber ein ziemliches Biest gewesen sein. Gemahl Karl Ludwig nahm sich ihre Zofe Luise von Degenfeld zur langjährigen Geliebten. "14 Kinder sind kein Techtelmechtel", ist Susanne Kahlig überzeugt.

Zum Auftakt der Filme, die man unter "From Heidelberg with Love" und Youtube googeln kann, geht sie immer ganz dicht an die Kamera ran, stößt mit einem Bierhumpen samt Aufschrift "Gruß aus Heidelberg" mit dem Online-Publikum an. Den Humpen hat sie wie so vieles in ihrem Haushalt auf einem Flohmarkt gekauft. Insgesamt sind das lauter nützliche Dinge, die jetzt bei den Filmaufnahmen zum Einsatz kommen. Doch wie lange noch?

Dino Quaas macht den Spaß vor der Kamera gerne mit. Aber er weiß auch, dass viele aus der Branche inzwischen an ihr Existenzminimum kommen. "Da muss bald was passieren. Für etwa ein Drittel unserer Vereinsmitglieder sind Führungen aller Art die Haupteinnahmequelle. Zumindest mit beschränkter Teilnehmerzahl und Mundschutz sollten sie wieder erlaubt werden", lautet daher seine Forderung.

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