Migrationsrats-Vorsitzender AlliMadi: "Die Parteien müssen sich mehr öffnen"

Wieso Heidelberger "Neudeutsche" eine eigene Liste bilden und mit Generation-HD antreten.

31.03.2014 UPDATE: 31.03.2014 06:00 Uhr 2 Minuten, 24 Sekunden

Michael AlliMadi, Vorsitzender des Heidelberger Ausländer-und Migrationsrat. Foto: Hoppe

Von Sabine Hebbelmann

Das war bisher neu: Eingebürgerte "Neudeutsche" wollten eine eigene Liste für die Kommunalwahl bilden. In der letzten Woche wurde bekannt, dass die meisten zusammen mit Generation-HD kandidieren. Wieso das so kam, erklärt der Vorsitzende des Ausländer-/Migrationsrats (AMR) Michael Mwa Allimadi.

Herr Allimadi, eingebürgerte Heidelberger, die sich in der Kommunalpolitik engagieren wollen, dürfen nicht mehr für den AMR kandidieren. Was sagen Sie dazu?

Wir hatten den Gemeinderat gebeten, weiterhin Eingebürgerte als Mitglieder des AMR zuzulassen, da das Gremium in der Vergangenheit immer als Sprungbrett zur Politik diente. Der Gemeinderat sagte "nein, Eingebürgerte sollen für den Stadtrat kandidieren".

Was spricht dagegen?

Die Parteien müssten sich mehr bemühen. Eingebürgerte und EU-Bürger kommen bei ihnen meist auf hintere Plätze. Wir nehmen das Votum des Gemeinderats aber ernst und machen das Beste daraus. Da die Listen der Parteien schon geschlossen waren, haben wir eine eigene Liste Heidelberger Vielfalt gestartet.

Damit Migranten eine bessere Startposition bekommen?

Ja, aber nicht nur. Heidelberg hat die Charta der Vielfalt unterzeichnet und am 24. Februar in Anwesenheit von Ministerin Öney großartig gefeiert. Das ist gut so! Was aber bedeutet das im politischen Alltag? Diese spannende Frage wollen wir in den nächsten fünf Jahren mit der Stadt beantworten. Mit Waseem Butt, Karim Hammouda und Gifta Martial hatten vier eingebürgerte Deutsche zusammen mit dem EU-Bürger Daniel Dragicevic die Idee, einen Verein "Heidelberger Vielfalt" zu gründen, der sich dieses Themas langfristig annimmt. Ein Teil des Projekts ist, mit Migranten zur Kommunalwahl anzutreten.

Mit einer Liste nur für Bürger mit ausländischen Wurzeln?

Nein, die Liste der Vielfalt sollte möglichst die gesamte Stadtgesellschaft widerspiegeln. 38 Prozent der Heidelberger haben eine Migrationsgeschichte. Entsprechend sollte die Mehrheit deutschstämmig sein. Wir haben es innerhalb von vier Wochen geschafft, viele verschiedene Berufe, Arbeiter und Akademiker, Azubis wie Studierende aus mehr als zwanzig Herkunftsländern hinter einer Idee zu sammeln.

Hat Generation-HD Ihnen diese Idee geklaut?

Nein, aber die Grundidee, die Vielfalt der Stadt abzubilden, gehört zum "Gründungsgen" der Generation-HD und deswegen hatten sie Interesse daran. Nach der Trennung von den Grünen kam Generation-HD auf Waseem Butt zu und hat ihn eingeladen, auf ihrer neuen offenen Liste zu kandidieren. Die meisten von der Liste der Vielfalt machen da auch mit. Wie ernst es Generation-HD mit politischer Teilhabe auf Augenhöhe meint, sieht man daran, dass mein Stellvertreter im AMR, Waseem Butt, als Spitzenkandidat Platz eins bekommt und Migrationsrätin Gifta Martial Platz vier. Das ist ein sensationeller Durchbruch der gläsernen Decke, ein "Obama-Moment" in der Heidelberger Stadtgeschichte. Keine Partei wird bei der nächsten Kommunalwahl 2019 behaupten können, sie könne nicht genügend Kandidaten unterschiedlicher Herkunft mobilisieren und ihnen aussichtsreiche Plätze geben.

Was wurde aus dem Wahlvorschlag der "Heidelberger Vielfalt"?

Den Wahlvorschlag gibt es diesmal nicht. Diejenigen, die nicht mit der Generation-HD mitgehen konnten, werden sich in einem Verein engagieren.

Könnte das Projekt ein Modell für die politische Teilhabe von Migranten werden?

Als Vorstandsmitglied des Landesverbandes der kommunalen Migrantenvertretungen (Laka) Baden-Württemberg weiß ich, das unser Projekt mit Interesse verfolgt wird: weg von reinen Migrantenlisten, hin zur Inklusion, die von Migranten initiiert wird. Das wird Grenzen in den Köpfen einreißen und Heidelberg einen zivilgesellschaftlichen Schub geben. Dieser Weg könnte auf das geplante Partizipationsgesetz ausstrahlen.

Ist der Migrationsrat in Heidelberg damit künftig überflüssig?

Nein! Zwar wird er von wenigen gerne schlecht geredet und unterschätzt, aber die Fakten sprechen eine andere Sprache: das Interkulturelle Zentrum, das neue International Welcome Center, das Referenzprojekt "Bildungslotse", die Initiativen für Nelson-Mandela-Platz, das Monitoring im Integrationsplan, alle diese guten Ideen wären ohne den ehrenamtlichen Schweiß der AMR Mitglieder nicht denkbar. Diese Erfolgsbilanz macht viele Migranten zu Recht stolz. In zwei Jahren plant die Verwaltung, die Zukunft des AMR neu bestimmen zu lassen. Sie wäre klug beraten, dem AMR dabei besser zuzuhören als diesmal.

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