Kirchheimer Räte fremdeln mit Patrick-Henry-Village
Noch gehört das ehemalige US-Areal zu Kirchheim. Die zustänsigen Bezirksbeiräte tun sich schwer. Eine Mehrheit stimmte für das Ankunftszentrum.

Von Steffen Blatt
Heidelberg. Auch wenn Patrick-Henry-Village (PHV) einmal ein eigener Stadtteil wird – noch gehört die rund 100 Hektar große ehemalige US-Fläche zu Kirchheim. Somit berät auch der Bezirksbeirat dieses Stadtteils über die Belange des Areals. Dass sich das Gremium damit hin und wieder schwertut, war bei seiner Sitzung am Freitagabend zu beobachten.
"Warum beschäftigen wir uns eigentlich noch mit PHV?", fragte Fritz Engbarth-Schuff (Grüne) an einer Stelle. Da ging es gerade um den Bericht zur Einrichtung eines Stadtteilmanagements – ein Vorhaben, das den meisten Kirchheimer herzlich egal sein dürfte, es sei denn, sie tragen sich mit dem Gedanken, als "Pioniere" nach PHV zu ziehen. Den Hinweis von Peter Hoffmann vom Amt für Stadtentwicklung, dass bei den neuen Quartieren Bahnstadt und Südstadt ebenfalls zunächst der "Nachbar-Bezirksbeirat" zuständig gewesen sei, bis ein eigenes Gremium eingerichtet wurde, ließ Engbarth-Schuff nicht gelten. Dort gebe es eine direkte räumliche Verbindung und damit ein Interesse an der Entwicklung, wie sie bei PHV eben nicht vorliege.
Da nun aber noch niemand dort wohnt, sind es eben die Kirchheimer Bezirksbeiräte, welche die Stadtteil-Vertretung übernehmen müssen – und darum plädierte Imke Veit-Schirmer (Die Linke) auch dafür, das mit Verantwortungsbewusstsein zu tun.
Was die Bezirksbeiräte an PHV viel brennender interessiert als Stadtteilmanagement oder die Planung der ersten Wohnquartiere, wurde in der Sitzung ebenfalls deutlich: Welche Grenzen wird der neue Stadtteil einmal haben? Dieselben wie jetzt? Oder werden umliegende Siedlungen mit eingeschlossen, etwa die Kurpfalzhöfe? Dazu konnte Hoffmann jedoch nichts sagen, weil darüber noch nicht entschieden ist. Dieser Prozess soll im kommenden Jahr angestoßen werden, am Ende steht die formale Gründung des neuen Stadtteils.
Auch interessant
"Sie können gerne ein oder zwei Vertreter benennen, die eingeladen werden, wenn über die Konzeption dieses Prozesses beraten wird", sagte Hoffmann, nachdem Bezirksbeirat Niklas Kretz (CDU) eindringlich gebeten hatte, die Menschen vor Ort nicht zu vergessen.
Größer war das Interesse, als es um das geplante Ankunftszentrum für Geflüchtete ging, das nach dem Bürgerentscheid gegen das Areal Wolfsgärten nun in PHV errichtet werden soll. Vor allem wollten die Räte wissen, warum das nun plötzlich doch geht, nachdem vor dem Bürgerentscheid immer argumentiert worden war, dass der neue Stadtteil mit Ankunftszentrum nicht funktionieren könne, weil damit die Größe der Wohn- und Gewerbeflächen unter eine kritische Marke fallen würde. "Meinungen können sich ändern, auch politische", sagte dazu Stefan Rees vom Stadtplanungsamt trocken – führte dann aber auch Argumente an: Denn durch die Platzierung des Zentrums im Norden würden nur Gewerbeflächen und damit potenzielle Arbeitsplätze wegfallen. "Das könnte aber durch die Angestellten im Ankunftszentrum kompensiert werden." Darum stehe der jetzige Entwurf der großen Masterplan-Idee nicht entgegen.
Auch machen sich die Bezirksbeiräte Sorgen, dass die Ansiedelung des Ankunftszentrums zu einer Erweiterung von PHV auf die Felder führen könnte. Hier gab Rees Entwarnung: Der Gemeinderat habe beschlossen, dass darüber frühestens 2030 nachgedacht werden dürfe, wenn die PHV-Entwicklung in den heutigen Grenzen abgeschlossen ist. "Daran müssen wir uns halten." Mit einer Mehrheit von sieben zu vier stimmte das Gremium am Ende für die Verortung des Ankunftszentrums nach der derzeitigen Planung.
Die Verkehrsanbindung von PHV ist ein Thema, das die Kirchheimer direkt betrifft. So wurde etwa gefragt, wo und vor allem wann denn die Straßenbahn durch den neuen Stadtteil fahren wird. Rees’ Antwort: "Eine Straßenbahn zu bauen, dauert." Denn auch wenn im Süden 2024 die ersten Bewohner einziehen sollen, wird es wohl 2026 oder noch später, bis die Straßenbahn kommt. Bis dahin wird der Stadtteil mit Bussen angebunden. Das Ankunftszentrum im Norden bekommt zunächst wieder eine eigene Strecke in die Innenstadt – später kann es an die reguläre Buslinie angeschlossen werden.