Kein Neubau ohne Solarzellen auf dem Dach
Gemeinderat und Stadt wollen auch Privatbesitzer zum Bau von Solar-Anlagen verpflichten

Von Denis Schnur
Heidelberg. Damit Heidelberg seine ambitionierten Klimaziele erreicht, wollen Stadt und Gemeinderat eine umfassende Solar-Initiative beschließen. Der Umweltausschuss hat ihr bereits zugestimmt. Die RNZ beantwortet die wichtigsten Fragen:
> Worum geht es? Mit dem Klimaschutz-Aktionsplan hat sich die Stadt das Ziel gesetzt, die maximale Leistung der Solaranlagen in Heidelberg um 25 Megawatt zu steigern – und zwar bis 2025. Wie ehrgeizig das ist, zeigt ein Blick auf den Status quo: Aktuell werden 18 Megawatt erreicht, in den vergangenen Jahren kam man auf einen Zuwachs von jährlich 0,8 Megawatt. Um das zu ändern, will die Stadt jetzt auch Privatbesitzer zwingen, ihre Neubauten mit Photovoltaik (PV) auszustatten.
> Wie soll das funktionieren? Wenn der Gemeinderat der Initiative am 23. Juli zustimmt, nutzt die Stadt künftig alle Möglichkeiten, um auch Dritte zum Bau von PV-Anlagen zu zwingen: Wer ein Grundstück von der Stadt kaufen möchte, kann dies dann nur noch mit entsprechender Verpflichtung tun. Auch in städtebaulichen Verträgen und Bebauungsplänen soll sie festgeschrieben werden. Demnach soll die Nutzung der Dachflächen "in der Regel im größtmöglichen Umfang erfolgen".
> Darf die Stadt das? Bei Kaufverträgen sind solche Verpflichtungen schon Usus – wer etwa in der Bahnstadt baut, muss das im Passivhausstandard tun. Bei Bebauungsplänen hingegen lehnt sich die Stadt aus dem Fenster. Denn hier geht es um eine "aktive Verpflichtung" auch für langjährige Eigentümer. "Da sind wir in einer rechtlichen Grauzone", gesteht Ralf Bermich vom Umweltamt. "Aber da wollen wir die Grenzen des Machbaren austesten."
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> Gilt das nur für Neubauten? Fast. Einzige Ausnahme sind Bestandsgebäude auf den Konversionsflächen Patrick-Henry-Village und Airfield. Wer diese von der Stadt erwirbt, muss dort ebenfalls Solaranlagen installieren. Parkplätze, für die etwa das Land Baden-Württemberg eine Solar-Verpflichtung ab einer gewissen Größe beschlossen hat, wären dagegen nicht betroffen: "Da sind wir skeptisch", so Bermich. Denn einerseits gehe der Bau großer Anlagen auf Parkplätzen oft zulasten von Pflanzen. Zudem seien diese Anlagen deutlich teurer als auf Dächern – denn die Aufbauten, auf denen sie installiert werden, müssen hoch und stabil sein. "Deswegen wollen wir hier erstmal auf Freiwilligkeit setzen." Erfolg verspricht sich Bermich vor allem bei Unternehmen, die Interesse daran haben, ihre Parkplätze zu verschatten.
> Warum baut die Stadt die Solaranlagen nicht auf den eigenen Gebäuden? Das tut sie ebenfalls. 13 Prozent aller Solaranlagen stehen bisher auf Dächern, die der Stadt oder einer städtischen Gesellschaft (vor allem Stadtwerke und Wohnungsbaugesellschaft GGH) gehören. Eine Analyse kam nun zum Schluss, dass dort theoretisch 16,6 Megawatt mehr möglich wären – aber eben nur theoretisch. "Realistisch ist das leider nicht", betont Bermich. Denn verschiedene Punkte machen die Umsetzung schwierig: So besitzt die Stadt viele Bauten, bei denen der Denkmalschutz die Installation unmöglich macht. Bei anderen Bauten lässt die Statik einen großflächigen Ausbau nicht zu. In Wohnhäusern der GGH gibt es zudem oft den Konflikt zwischen PV-Anlagen und einem möglichen Ausbau des Dachgeschosses. Und auch die Dachbegrünung steht in Konkurrenz zu Solarmodulen. Sie ist oft als Versickerungsfläche zwingend nötig – macht den Bau von PV-Anlagen aber zumindest schwieriger.
> Also kann die Stadt selbst nicht viel tun? Vermutlich nicht so viel, wie nötig wäre, um die Ziele des Klimaschutzaktionsplans zu erreichen. Aber auch für die Stadt und alle städtischen Gesellschaften soll künftig die Pflicht zum Bau von Solaranlagen gelten. Und schon jetzt arbeitet sie an der Realisierung großer Anlagen: So sollen auf dem Dach der neuen Großsporthalle 330 Kilowatt Strom erzeugt werden, ebenso viel soll es beim Kongresszentrum sein. Und auf der Kompostanlage in Wieblingen wird bald die alte Anlage durch eine neue ersetzt, die 750 Kilowatt schafft. Bis 2025, so schätzt Bermich, wird die Stadt selbst für einen Ausbau zwischen zwei und drei Megawatt sorgen. Deshalb betont er: "Wir brauchen private Dächer, private Parkplätze und private Freiflächen. Und wir brauchen Freiflächen außerhalb von Heidelberg. Sonst ist das Ziel nicht zu schaffen."