Karlstorbahnhof: Erweiterung oder Umzug?
Die Experten geben sich bei der Podiumsdiskussion "ergebnisoffen", die Zuhörer sind gespalten.

Soll das Kulturhaus Karlstorbahnhof am alten Standort umgebaut werden oder auf die US-Flächen in die Südstadt ziehen? Auf dem Podium verweigerten die Experten eine eindeutige Antwort - und das Publikum war gespalten: Die Zahl der Meinungsäußerungen und auch der Applaus hielten sich die Waage. Insofern war auch Karlstorbahnhof-Chefin Ingrid Wolschin nicht viel schlauer, als sie sich zu Beginn der Veranstaltung "eine ergebnisorientierte Diskussion" wünschte.
Was sie immerhin weiß: Auch in der Stadtverwaltung sieht man ein, dass der alte Karlstorbahnhof keine Chance mehr auf dem Markt hat, weil der zentrale Veranstaltungssaal zu klein ist - und er nach europäischen Richtlinien nun auch noch deutlich weniger Leute fassen darf. Mit anderen Worten: Egal wo die Reise hingeht, der Karlstorbahnhof wird am Ende besser dastehen als heute. Und vor allem: Entgegen der gepflegten Heidelberger Tradition soll eine Entscheidung noch dieses Jahr fallen, das Geld würde dann im nächsten Doppelhaushalt 2015/16 bereitgestellt.
Auf dem Podium gaben sich zwar alle Experten ergebnisoffen und versprachen eine gründliche Prüfung aller Optionen, allerdings wagte sich OB Eckart Würzner am weitesten aus der Deckung, als er die Vorzüge der US-Areale, der sogenannten Konversionsflächen, pries: "Die rufen geradezu danach, dass kulturelle Einrichtungen hier ein Zuhause finden. Und das liegt dann besonders nahe, wenn sich die Einrichtungen am alten Standort nicht mehr vergrößern können." Auch Michael Braum, der Chef der Internationalen Bauausstellung (IBA), sah das so: "Die Südstadt braucht Leben, eine Mitte und eine Identität." Und "als Stadtentwickler sehe ich dort so eine starke Einrichtung wie den Karlstorbahnhof dort gern."
Die Frage ist allerdings, ob sich der Karlstorbahnhof als "Marke" in die Südstadt verpflanzen ließe: "Das kann schwierig werden", sagte der Direktor der Popakademie Udo Dahmen. Er muss es wissen, er hat Erfahrung in Pionierarbeit - übrigens nicht nur in Mannheim, sondern auch in Heidelberg: "So etwas braucht einen langen Atem." Und vor allem sollte der Karlstorbahnhof nicht alleine in die Reithallen der Campbell Barracks gehen: "Die kritische Masse ist entscheidend. Alleine auf der grünen Wiese ist es schwierig, da reichen dann auch die vielen Parkplätze nicht aus." Thomas Kraus vom Kulturbüro der Metropolregion hielt die Diskussion zwar für "komplett wichtig", riet aber auch zur Aufbruchstimmung: "Man muss Lust haben auf den nächsten Schritt."
Am unentschiedensten sind gerade die, die es am meisten betrifft, die Macher des Kulturhauses: Rainer Kern geht es weniger um konkrete Standorte, sondern "um eine Lösung, die für mehrere Dekaden hält". Und das ist ja im Grunde auch die zentrale Frage: Während auf den Konversionsflächen die Erweiterungsmöglichkeiten riesig sind, ist in der Altstadt auch beim teuersten Umbau irgendwann Schluss.
Überhaupt die Kosten: Als die Baukosten von 12 Millionen Euro für den großen Saal bekannt wurden, "mussten manche Stadträte schon schlucken" (Würzner). Allerdings weiß niemand, wie die Reflexe von Kommunalpolitikern bei den Umzugskosten in die Südstadt ausfallen - denn da gibt es absolut noch keine Zahlen. Die Moderatorin des Abends, Ingrid Thoms-Hoffmann, die Leiterin der RNZ-Stadtredaktion, stellte die bisher selten diskutierte Frage, welches Signal denn ein architektonisch halbwegs spektakulärer Umbau des Karlstors für die Altstadt bedeuten würde: "Das wäre eine Heidelberger Zierde", befand IBA-Chef Braum.
Das Publikum war durchaus meinungsfreudiger als das Podium: Volker Reimann-Dubbers vom Karlstorbahnhof-Freundeskreis ist für den Umzug, um der "Zwangsjacke des alten Standorts zu entkommen". Andere plädierten für den Umbau: "Es gibt einen überzeugenden Entwurf." Und nicht zu vergessen: Viele verbinden mit der Einrichtung auch Emotionen - und zwar mit dem alten Standort und dem Haus.
Immer wieder wurde thematisiert, ob man nicht den Karlstorbahnhof aufteilen könnte: Alles, was eher abseits von Großveranstaltungen ist, dürfte am Karlstor bleiben, und die Konzerte gingen - mit Rücksicht auf die Neuenheimer und Altstädter Anwohner - in die Südstadt. Diesen Zahn musste Rainer Kern ziehen: Das wäre ein zu hoher logistischer Aufwand, zwei Orte zu "bespielen", und man bräuchte auch mehr Personal. Auch wenn es rund um die Reithallen keine direkten Wohnhäuser gibt: Die nächsten liegen gut 150 Meter entfernt, in der Rhein- und der Sickingenstraße. Also ungefähr so weit weg wie heute die nächsten Anwohner des Karlstorbahnhofs.