Heidelberg

Ist die Uniklinik Schuld am Scheitern des Projekt Prinzhorn?

Prof. Tröger sammelte zehn Millionen Euro für die Erweiterung von Prinzhorn ein. Erst lief alles gut, dann kam der Schock.

03.05.2025 UPDATE: 03.05.2025 04:00 Uhr 3 Minuten, 32 Sekunden
Eine weltweit einmalige Sammlung: Blick in eine Ausstellung in der Heidelberger Vosstraße, wo „Prinzhorn“ platzbeengt untergekommen ist. Foto: hen
Interview
Interview
Prof. Jochen Tröger
frühere Prorektor der Universität Heidelberg

Von Klaus Welzel

Heidelberg. Prof. Jochen Tröger hat viele Jahre für einen Erweiterungsbau für die Sammlung Prinzhorn eingesetzt und zehn Millionen Euro an Gelder dafür eingesammelt. Im RNZ-Interview spricht der frühere Prorektor der Universität, warum das Projekt nun zu scheitern droht.

Prof. Tröger, wie sah Ihre erste Begegnung mit der Sammlung Prinzhorn aus?

Das war noch ganz weit weg von jeglichem künstlerischem Ansatz. Ich bin 2001 vom damaligen Unirektor Siebke als Prorektor, der für die Medizin zuständig war, zu einer Vorbesprechung vor der Eröffnung der bestehenden Sammlung geschickt worden, weil finanzielle Fragen zu klären waren. Ich bin dort am Anfang als Sparkommissar des Rektors wahrgenommen worden. Doch der war ich gar nicht. Ich habe dann ganz schnell diese Sammlung in mein Herz geschlossen.

Sie erhielten 2012 im Gespräch mit der damaligen Kaufmännischen Direktorin Irmtraud Gürkan die Zusage, dass das Universitätsklinikum einen Erweiterungsbau für die bestehende Sammlung finanzieren würde.

Auch interessant
Heidelberg: Retter für bedrohte "Sammlung Prinzhorn" dringend gesucht
Stadt verschenkt Potenzial: Heidelberg könnte ein Museum Prinzhorn haben ...

Ja, Frau Gürkan hat die Sammlung immer sehr großzügig unterstützt und versichert, dass die Sammlung Prinzhorn zur Körperschaft des Universitätsklinikums Heidelberg gehört.

Wie kam es, dass Sie letzten Endes die Zusage für zehn Millionen Euro für einen Neubau erhielten?

Da haben sich sehr engagiert die drei Heidelberger Bundestagsabgeordneten Lothar Binding, Dr. Karl A. Lamers und Dr. Franziska Brantner. Die drei haben einen interfraktionellen Antrag in den Bundestag eingebracht, der im November 2019 in einer Haushaltsbereinigungssitzung verabschiedet wurde.

Bedingung war die hälftige Finanzierung von Bund und Land. Und – das hat vor allem die damalige Kulturstaatsministerin Monika Grütters betont: dass es sich um ein herausragendes international beachtetes Museum handeln muss.

Und dazu kam die Bedingungen, dass der Museumsbetrieb 25 Jahre lang gesichert sein muss?

Diese Bedingung kannte ich damals nicht. Aber ich denke, die Stadt wäre bereit gewesen, den Betrieb zu garantieren. Am Bau hätte sich die Stadt mit einer Million Euro beteiligt, das Land Baden-Württemberg stellte zumindest 1,5 Millionen Euro in Aussicht und die Hector-Stiftung war bereit 2,5 Millionen Euro zu geben, wenn die öffentliche Hand dieselbe Summe gibt.

Wie kam es, dass dann die Stiftung Hector ihre Zusagen zurückzog?

Ich glaube, dass es Frau und Herr Hector einfach satt hatten, dass sich sechs Jahre lang einfach nichts getan hat. Ich habe beide immer wieder getroffen und alles erklärt. Und Herr Hector hat auch freundlich zugehört, aber mit dieser Hinhaltetaktik konnte das nichts werden.

Ich weiß, dass Herr Hector versucht hatte, mit der Kaufmännischen Direktorin, Frau Erk, Kontakt aufzunehmen. Aber das ist ihm nicht gelungen. Jedenfalls, als er dann gefragt wurde, ob er auch ohne die Finanzierung von Land und Stadt bereit wäre zu zahlen, hat er das abgelehnt.

Warum hat sich denn sechs Jahre lang nichts getan?

Weil wir keinen Bauherren hatten. Das Klinikum hat das anfangs abgelehnt, weil sie Bedenken hatten, dass wir den Kostenrahmen überziehen.

Stimmt es, dass das Uniklinikum mittlerweile an Sie herantrat, die Sammlung solle weggegeben werden?

Ja, das war der Schock, als Frau Erk mich anrief und sagte, sie wolle die Bauherrschaft nicht übernehmen und kurz darauf, sie wolle mit der Sammlung Prinzhorn gar nichts mehr zu tun haben. So entstand die Idee mit der Stiftung. Die hatten wir schon mit ihrer Vorgängerin, Frau Gürkan. Ich hätte das von Anfang an gut gefunden, weil ich befürchtete, dass wir heute dort stehen, wo wir nun stehen.

Jetzt haben wir eine Sammlung, die unterfinanziert ist und keinen Museumsneubau.

Ja, die Unterfinanzierung ist dramatisch. Letzten November wurde das Budget um 20 Prozent reduziert und wir haben einen Stellenabbau. Das ist eine Rückentwicklung. Wenn wir nur wenig Personal haben, können wir unsere Wirkung nicht entfalten. Herr Dr. Röske, der Geschäftsführer der Sammlung, ist Präsident der internationalen Gesellschaft für Outsider Art! Wie soll er dem nachkommen?

Sehen Sie einen Ausweg?

Eine Hoffnung ist, einen Sponsor zu finden. Eine Hoffnung ist, einen anderen Bauherren zu finden. Aber ich sehe das pessimistisch und bin deshalb vor zwei Jahren von meiner Funktion als Geldbeschaffer für Prinzhorn zurückgetreten. Ich habe das Frau Erk auch mitgeteilt und gesagt, ich mache das wieder, sobald es eine sichere Zusage für die Bauherrschaft gibt.

Das könnte doch auch das Land übernehmen?

Das ist der letzte Ausweg. Jederzeit kann "Vermögen und Bau Mannheim-Heidelberg" die Bauherrschaft übernehmen. Die wollten das auch. Aber da machte leider das Finanzministerium nicht mit.

Wer trägt nun die Verantwortung für die Misere: das Uniklinikum oder das Land?

Das Uniklinikum. Es hat erst eine von ihm selbst eingeführte Finanzierung eingestellt, wollte die Sammlung sogar abstoßen und hat dann die bereits bestehende Finanzierung reduziert. Ich denke, da liegt das Hauptproblem. Wenn aber das Land gewollt hätte, hätte es das alles verhindern können. Insofern trifft auch das Land eine Schuld.

Auf RNZ-Anfrage versicherten Uniklinikum und Land gleichermaßen, die Sammlung sei nicht von einer Schließung betroffen und bleibe wichtiger Bestandteil des Klinikums.

Das ist eine schöne Aussage. Doch was ist damit gemeint? Versteht man darunter eine sichere Verwahrung im Depot, aus dem heraus Bilder für eine Ausstellung geholt werden können? Oder versteht man darunter ein sich fortentwickelndes Museum Prinzhorn, das auch für die Outsider Art der Gegenwart zuständig ist?

Das klingt nicht sehr zuversichtlich.

Nun ja: Ich glaube, dass die Sammlung Prinzhorn ein ganz großer Faktor ist, für die Integration von Menschen mit psychischer Erkrankung in die Gesellschaft. Und in vielen Ausstellungen – ob Berlin, Darmstadt oder in den USA – werden immer wieder Werke aus der Sammlung Prinzhorn gezeigt.

Das ist einfach ein Juwel für die Stadt Heidelberg und eine Notwendigkeit fürs Klinikum. Deshalb setze ich mich auch so für den Fortbestand und die Weiterentwicklung dieser großartigen Sammlung ein.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.