In der Altstadt wurde wieder gefeiert wie früher (plus Fotogalerie)
Gute Stimmung, kaum Masken: Das dichte Gedränge in der Unteren Straße ist zurück – Ruhige Räumung der Neckarwiese

Von Joris Ufer
Heidelberg. Die Partymeile Untere Straße in der Altstadt ist endgültig zurück. Am Wochenende war es dort abends – freitags und samstags – so voll wie in Vor-Corona-Zeiten. An vielen Stellen kam es zu dichtem Gedränge, Maske trugen dabei nur wenige. Dass gerade junge Menschen wieder in Scharen feiern gehen, ist wenig überraschend: Die Corona-Zahlen sinken, die Temperaturen steigen, und in der Außengastronomie braucht man keinen negativen Test mehr. In den Kneipen ist der Testnachweis zwar weiterhin nötig, doch nicht überall muss man ihn auch wirklich vorzeigen. Zudem durften die Kneipen draußen am Wochenende erstmals bis Mitternacht öffnen. Das bleibt noch während der gesamten Fußball-Europameisterschaft bis 11. Juli so.
Die RNZ war am Samstagabend auf der Neckarwiese und in der Altstadt unterwegs. Das Stimmungsbild einer Stadt, in der wieder gefeiert wird.
> 21.30 Uhr – Gute Stimmung auf der Neckarwiese: Die beliebteste Grünfläche der Stadt ist voll, die Laune ist gut. Die meisten halten sich an die Corona-Verordnung und sitzen in kleinen Gruppen auf mitgebrachten Decken. Nur wenige größere Menschenansammlungen sind auszumachen. Vielfach schallt fröhliche Musik aus Lautsprecherboxen. Das stört eine kleine Gruppe ältere Besucher gar nicht, im Gegenteil: Sie nutzen die Beschallung, um ihren jüngeren Sitznachbarn eine Lektion in Gesellschaftstanz mit ihren Ehepartnern zu erteilen. Die Stimmung ist friedlich. Nichts erinnert an die schweren Ausschreitungen in der Nacht auf Pfingstsonntag.
> 22 Uhr – Das Aufenthaltsverbot tritt in Kraft: Friedlich bleibt es auch, als die Polizei pünktlich um 22 Uhr beginnt, die Neckarwiese zu räumen. In den Wochenendnächten galt – als Reaktion auf Krawalle von Pfingsten – wieder ein Aufenthaltsverbot von 22 und 6 Uhr. Kaum ist die Sonne untergegangen, blitzen die Taschenlampen der Beamten auf. Ein kleines Aufgebot schlendert gelassen über die Wiese und spricht die verbliebenen Besucher freundlich, aber bestimmt an. Meist ist das aber gar nicht nötig. Nachdem sich die Anwesenheit der Polizisten herumgesprochen hat, packen die meisten ihr Hab und Gut von selbst zusammen. Als gegen 22.20 Uhr noch die sogenannte "Stresserbeleuchtung" eingeschaltet wird, gehen auch die Letzten freiwillig – viele machen sich auf den Weg in die Altstadt. Bloß ihren Müll lassen manche auf der Grünfläche zurück.
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> 22.30 Uhr – Auf in die Altstadt: Auf der Hauptstraße herrscht reger Fußgängerverkehr in Richtung hintere Altstadt. Doch ist das Besucheraufkommen nirgends größer als in der Unteren Straße: Wie in früheren Zeiten – vor der Pandemie – herrscht hier wieder Gedränge. Alle Tische sind besetzt, immer wieder bilden sich Menschentrauben, andere bahnen sich ihren Weg durch die Massen. Nur die wenigsten machen sich die Mühe, eine Maske aufzusetzen. "Was ist Corona?", ruft ein angetrunkener junger Mann freudig – eine symbolische Szene. Die Stimmung ist entspannt, alle sind gut drauf.
> 23.30 Uhr – Das Gedränge ist nicht allen geheuer: Eine Studentin steht mit ihren Freundinnen und einem Drink vor dem "Hörnchen", etwas abseits der Menschenmassen. Sie sei glücklich, endlich wieder ausgehen zu können, ist aber auch überrascht, dass tatsächlich nirgendwo mehr Platz sei. "Es ist voll auf allen Ebenen", bringt sie die durchaus angeheiterte Stimmung auf den Punkt. Zwei ihrer Begleiterinnen sind eher befremdet. "Ich habe im Gedränge die ganze Zeit meine Maske aufgehabt", erzählt die eine.
Eine Ecke weiter ist ein junger Student auf dem Weg zu seinen Freunden, in der einen Hand ein Bier, mit der anderen schiebt er sein Fahrrad. Für ihn ist es das erste Mal, dass er Heidelberg so erlebt. Denn der 20-Jährige ist erst im zweiten Semester und kennt die Untere Straße quasi nur im Lockdown. Die Atmosphäre findet er sehr gut. Mit einem Blick auf die Menschenmenge, die die Gasse wenige Meter weiter blockiert, sagt er: "Wenn ich das sehe, sehe ich Normalität."
> Die Bilanz der Polizei: "Keine besonderen Vorkommnisse am Samstagabend in Heidelberg", meldet ein Polizeisprecher am Sonntag auf RNZ-Anfrage. Auch für Freitag liest sich der Polizeibericht zunächst unspektakulär: Bei der Räumung der Neckarwiese bekamen drei Personen Platzverweise, weil sie nicht gehen wollten. In der Altstadt musste die Polizei öfter wegen Ruhestörung einschreiten, besonders, als viele nach Mitternacht den Heimweg antraten.
Zu Gewalt kam es dann leider spätnachts: Kurz vor 3 Uhr gab es eine körperliche Auseinandersetzung mit etwa zehn Beteiligten an den Neckarstaden. Drei verletzte Personen wurden mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. Die Hintergründe sind unklar, die Polizei ermittelt.
Update: Sonntag, 13. Juni 2021, 19.45 Uhr

















