In Heidelberg gab es 30 Tbc-Fälle bei Flüchtlingen
Experten haben frühzeitig Untersuchungen organisiert und geben Entwarnung: Gesunde sind nicht durch Ansteckung gefährdet

Prof. Felix Herth von der Thoraxklinik ist Experte für Tuberkulose-Erkrankungen. Foto: Friederike Hentschel
Von Marion Gottlob
Die Tuberkulose (Tbc) ist behandelbar, wenn sie rechtzeitig erkannt wird. Und da ist Heidelberg mit seinen Fachleuten vorbildhaft. Schon früh hatten sich die Experten über mögliche Tbc-Erkrankungen bei Flüchtlingen Gedanken gemacht und Reihenuntersuchungen organisiert. Prof. Felix Herth, Chefarzt für Pneumologie und Beatmungsmedizin der Thoraxklinik, sagt heute: "Wir können Entwarnung geben - die gesunde Bevölkerung ist nicht durch Ansteckung gefährdet."
Tuberkulose ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die beim Menschen am häufigsten die Lungen befällt. Weltweit führt sie die Statistik der tödlichen Infektionskrankheiten an. Der deutsche Mediziner Robert Koch entdeckte 1882 den Tbc-Erreger, 1905 erhielt er den Nobelpreis für Physiologie. Tbc wird therapiert mit Antibiotika, die speziell bei Mykobakterien wirksam sind und Antituberkulotika genannt werden. Die Behandlung muss über mehrere Monate erfolgen, auch wenn die Beschwerden schon abgeklungen sind. Tbc unterliegt in Deutschland wie in der Europäischen Union der namentlichen Meldepflicht.
In Deutschland erkranken sechs von 100 000 Menschen an einer Tbc: Die "deutsche" Tbc trifft Menschen mit einer geschwächten Abwehr, etwa mit einer HIV-Infektion oder einer schweren Diabetes, auch obdachlose Menschen können betroffen sein. Dazu kommt die "Migrations"-Tbc bei Einwanderern aus Indien oder den früheren Staaten der Sowjetunion mit ihrer schlechteren medizinischen Versorgung. So hatte es schon in den vergangenen Jahren eine leichte Zunahme von Tbc-Fällen gegeben.
Als im vergangenen Jahr die Unterkünfte für Flüchtlinge in Patrick Henry Village (PHV) eingerichtet wurden, reagierte Dr. Oswinde Bock-Hensley rasch. Sie erkannte die Dringlichkeit einer Reihenuntersuchung vor Ort und organisierte mit Dr. Rainer Schwertz, dem Leiter des Kreis-Gesundheitsamtes sowie Experten der Thoraxklinik und der anderen Fächer der Universitätsklinik die Strukturen, um diese Untersuchungen zu ermöglichen. Der Vorteil: In PHV waren passende Räume vorhanden. Fachleute der Thoraxklinik werten die Röntgenbilder aus.
Im vergangenen Jahr wurden Flüchtlinge werktags von 6 bis 8 Uhr und von 18 bis 20 Uhr mit Bussen in die Klinik gebracht und durch Prof. Claus Peter Heußel und sein Team geröntgt. Die Bilder wurden sofort analysiert. Wer auffällig war, wurde schon am Folgetag zur Abklärung in die Klinik bestellt. Wenn sich der Verdacht auf Tbc bestätigte, wurde der Patient sofort in die Klinik aufgenommen und isoliert. Prof. Herth betont es wieder und wieder: "Die Tbc ist behandelbar, wenn sie rechtzeitig erkannt wird." Seit diesem Jahr werden auch in PHV Röntgenuntersuchungen gemacht.
Normalerweise werden in der Thoraxklinik als spezialisiertem Zentrum jährlich 100 bis 120 Tbc-Fälle gezählt, im vergangenen Jahr rund 30 Fälle mit "Flüchtlings-Tbc" zusätzlich. Mit diesem Begriff wird eine Tbc mit Resistenzen beschrieben: Entweder hat sich der Betroffene bei einem anderen Patienten mit dieser Tbc-Form angesteckt, oder er ist schon einmal mit Medikamenten behandelt worden, aber zu kurze Zeit. Nun erhält er in Heidelberg eine Kombination aus vier Medikamenten, die er mehrere Monate einnehmen muss.
Sobald die Tbc nicht mehr ansteckend ist, darf der Patient die Klinik verlassen. "Doch er muss genau wie jeder andere Patient mitarbeiten und die Medikamente noch einige Monate lang zuverlässig einnehmen", so Prof. Herth.



