Hoteliers: Lärm, Dreck und Randale schrecken Gäste ab
Sie werfen Stadt und Polizei vor, in den letzten Jahren sei nichts besser geworden. Besonders die Bewertungen im Internet sind verheerend
Erst wehrten sich die Anwohner, nun ziehen die Hoteliers nach: Auch ihnen machen Lärm, Dreck und Randale in der Altstadt zu schaffen. Vor über drei Jahren formierte sich die Bürgerinitiative "Linda" ("Leben in der Altstadt"), die für die Altstädter das Recht auf nächtlichen Schlaf einfordert. Insofern schon mal interessant zu wissen, ob die Gäste der Altstadt-Hoteliers ähnliche Probleme haben.
Nach zwei Stunden Erfahrungsaustausch am Dienstagabend stand fest: Ja, auch die Heidelberg-Besucher können oft nicht schlafen, wie die Hoteliers übereinstimmend berichteten. Ilka Müller führt unter anderem das "Hotel am Rathaus", direkt darunter ist eine Bar. Hier ist es nicht nur laut, sondern auch dreckig, weil sich hier die Raucher versammeln. Das bleibt nicht ohne Wirkung, denn die Gäste fordern oft Nachlass oder werden das Hotel nicht weiterempfehlen. Thomas Weil ("Vier Jahreszeiten") redete sich richtig in Rage: In den letzten drei Jahren "ist nichts besser geworden, eher schlechter". Und er hob zum Rundumschlag an: Weder Stadt noch Polizei würden etwas machen, mittlerweile rufe man schon gar nicht mehr bei der Beschwerdenummer an. Dann wurde es hitzig, auch beruhigende Worte wie von Heidelberg-Marketing-Chef Mike de Vries ("Wir sitzen alle im selben Boot") oder von Wirtschaftsförderer Ulrich Jonas ("Lasst uns konstruktiv an Lösungen arbeiten") besänftigten Weil kaum.
Am meisten machen den Hoteliers wohl negative Bewertungen im Internet zu schaffen, wie Nora Grohmann-Fey ("Holländer Hof") und Isabell Hellmich ("Hackteufel") erklärten: "Die Gäste haben Verständnis, wenn es bis 24 Uhr laut ist, aber nicht mehr ab 3 Uhr", so Grohmann-Fey. Tatsächlich bestätigt ein Blick auf die Internet-Bewertungen vieler Altstadt-Hotels diese Einschätzung, allerdings reichen die Klagen vieler Gäste noch weiter - und betreffen zum Gutteil auch den Zustand mancher Altstadt-Hotels.
Bürgermeister Wolfgang Erichson wehrte sich "dagegen, dass hier nichts passiert": Die Stadt habe die Ausweisung von immer mehr Kneipen gestoppt, sie habe das Verbot durchgesetzt, mit Alkohol zum Rauchen vor die Tür zu gehen, und generell die Kontrollen, gerade bei den Öffnungszeiten der Kneipen und dem aus ihnen quellenden Lärm, verschärft. Nur: "Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) ist personell nicht so ausgestattet, dass er rund um die Uhr in allen Teilen der Altstadt präsent sein kann." Allerdings monierten die Hoteliers und auch viele anwesende Anwohner, dass man vom KOD eigentlich nie etwas mitbekomme, denn der sei spätnachts schon nicht mehr im Dienst. Bürgeramtsleiter Bernd Köster hielt dagegen: "Bis zwei Uhr nachts ist immer eine Dreier-Schicht im Einsatz, außerdem haben wir schon mehrfach eine Sonderschicht bis sechs Uhr gehabt."
Aus den Reihen der Hoteliers und Anwohner kam immer wieder die Forderung, die Sperrzeit zu verkürzen, aber das sei, so Erichson, Sache des Gemeinderates, und hier gebe es momentan dafür keine Mehrheit. Kurz: "Was wir ordnungsbehördlich machen konnten, haben wir getan." Und gegen das "Grundrauschen" der Altstadt, wenn 15.000 Menschen reden oder gehen, könne man schlicht nichts tun. Warum gibt es dann nicht mehr Bußgelder gegen die Handvoll "Problem-Kneipiers"? Erichson: "Wir verhängen ständig welche. Nur werden die aus der Portokasse bezahlt." Und wieso entzieht man ihnen dann nicht gleich die Konzession? Erichson: "Das ist fast unmöglich, weil man ihnen dazu nachweisen muss, dass sie charakterlich ungeeignet sind."
Auch der Leiter des Altstadt-Reviers, Christian Zacherle, wandte sich gegen den Vorwurf, dass die Polizei wegschaue. Im Gegenteil: Sie sei oft selbst Opfer bei Schlägereien. Zudem: Jede mittlere Prügelei binde eine Streifenwagenbesatzung für mindestens eine Stunde. Zacherle versicherte mehrfach: "Wir kümmern uns um jeden Einzelfall. Melden Sie uns diese!" Mit personeller Verstärkung der acht Polzisten in der Altstadt sei kaum zu rechnen - zumal das ungleich größere Revier Wiesloch nur sechs Mann habe.



