Heidelberger Selbsthilfebüro: 25 Jahre stark in der Gruppe
Von Adipositas bis Zöliakie: Das Heidelberger Selbsthilfebüro gibt es nun seit 25 Jahren

Das unscheinbare Hinterhaus in der Alten Eppelheimer Straße 38 ist für viele Menschen in Heidelberg und der Region längst zu einer unverzichtbaren Anlaufstelle geworden. Hier sitzt das Heidelberger Selbsthilfebüro, das vor 25 Jahren seine Arbeit aufgenommen hat. 15 Selbsthilfegruppen kamen zum ersten Treffen, inzwischen sind in diesem Netzwerk 280 aktiv. Die Einrichtung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes bietet aber weit mehr als nur Gruppenräume und Beratung für Menschen, die von einer Krankheit oder einer besonderen Lebenslage betroffen sind. Sie sensibilisiert Medizinstudenten für die Bedürfnisse von Patienten und leistet wichtige Lobbyarbeit bei der Entwicklung einer elektronischen Patientenakte (siehe Artikel links).
Sechs Gruppenräume und insgesamt 160 Quadratmeter stehen dem Selbsthilfebüro in Bergheim zur Verfügung. Geschäftsführerin Bärbel Handlos (Foto: Alex) bittet in das Zimmer 1.9, in dem sich dienstags um 18.30 Uhr die Messies treffen und danach die "Overeaters Anonymous", eine Selbsthilfegruppe für Essstörungen jeder Art. Mit nur drei Betroffenen, die regelmäßig zu den Treffen erscheinen, stellen die Zwangserkrankten die kleinste aktive Selbsthilfegruppe. In der Rheumaliga und der "Aktion Multiple Sklerose Erkrankter" (Amsel) sind dagegen Hunderte zusammengeschlossen. Für sie sind die Räume in der Alten Eppelheimer Straße natürlich viel zu klein. Doch so unterschiedlich die Probleme, Lebenslagen und Erkrankungen auch sein mögen, das Selbsthilfebüro hält den Kontakt zu allen Gruppen und kann Betroffene an diese vermitteln. Die Palette reicht von Angehörigen Drogenabhängiger über Menschen mit Bluthochdruck, Eltern rechenschwacher Kinder, Gehörlosen aus osteuropäischen Ländern, Hochbegabten, Leuten mit Neurodermitis oder Prostatakrebs bis hin zu Sexsüchtigen, Trauernden oder Zöliakie-Betroffenen.
Fünf Menschen arbeiten im Selbsthilfebüro auf zweieinhalb Personalstellen. Sie wollen sich so wenig wie möglich bei den Treffen einmischen, die Betroffenen sollen unter sich bleiben. Seminare werden angeboten, außerdem empfiehlt die Geschäftsführerin den Gruppen, sich Regeln für die Treffen zu geben. So gebe es in den Sitzungen natürlich hin und wieder Krisen, weshalb man sich zum Beispiel im Vorfeld Gedanken machen sollte, wie man mit Vielschwätzern in den eigenen Reihen am besten umgeht. Letztendlich, so Handlos, sollten die Betroffenen aber selbst Verantwortung übernehmen, das tue ihnen gut.
Will sich eine neue Selbsthilfegruppe gründen, wird diese von Handlos und ihren Kollegen mit Rat und Tat unterstützt. "Bisher haben wir nur die Gruppe der Anhänger von Schwarzer Magie abgelehnt." Im Bereich der Süchte, chronischen und psychischen Erkrankungen gibt es sehr viele Anfragen von Betroffenen. Manche Mode hingegen läuft sich tot. "In den 1990er Jahren gab es sehr viel Interesse am Thema ,Wenn Frauen zu sehr lieben'. Das spielt heute keine Rolle mehr", so Handlos.
Nach zweieinhalb Jahrzehnten erfolgreicher Arbeit hat das Selbsthilfebüro allen Grund zum Feiern. 1988 startete es als eines der wenigen Pilotprojekte in einem bundesweiten Modellversuch. Heute beteiligen sich Stadt, Rhein-Neckar-Kreis, das baden-württembergische Sozialministerium und die gesetzlichen Krankenkassen an den Kosten. Jüngst konnte die Einrichtung einen Erfolg bei der Initiative "selbsthilfefreundliches Krankenhaus" einfahren: Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) wurde mit diesem Label ausgezeichnet. Dort wird nämlich regelmäßig über Selbsthilfegruppen informiert, es gibt einen Beauftragten für deren Belange und auch auf der Homepage wird auf die Gruppen hingewiesen.
Info: Selbsthilfebüro, Alte Eppelheimer Straße 38, Telefon 06221/184290, E-Mail: info@selbsthilfe-heidelberg.de; Homepage: www.selbsthilfe-heidelberg.de