Die Straßenbahn ist wieder Zankapfel
Die geplante längere Fahrzeit der Linie 26 wurde beim "Kirchheim Forum" diskutiert - Kommt eine weitere Linie ins PHV?

Von Werner Popanda
Heidelberg-Kirchheim. Auch Stadtteilvereinsvorsitzende scheinen Krimis zu mögen. Jedenfalls eröffnete Jörn Fuchs das "Kirchheim Forum 2017" mit dem Ersten Bürgermeister Jürgen Odszuck als Gast mit einem Hinweis auf einen am ersten Maiwochenende in der RNZ veröffentlichten Kurzkrimi von Marcus Imbsweiler. Dieser trug den Titel "Last Exit Pfaffengrund", unter anderem zu lesen ist Folgendes: "Im nächsten Moment kam eine Asphaltpiste in Sicht. Es war die alte US-Landebahn im Pfaffengrund." Allerdings liegt die Piste gar nicht im, sondern nur am Pfaffengrund. Tatsächlich befindet sie sich auf Kirchheimer Gemarkung.

Im Bürgerzentrum am Kerweplatz stellte sich Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck (links) den Fragen des Stadtteilvereinsvorsitzenden Jörn Fuchs und der Gäste. Foto: Popanda
Für Fuchs war das der Aufhänger, um Odszuck gleich zum Einstieg wissen zu lassen, dass die Wahrnehmung Kirchheims in der Kernstadt offenbar nicht so sei, wie sie sein sollte. Im weiteren Verlauf der Debatte im Bürgerzentrum des Stadtteils stellte sich heraus, dass manche Kirchheimer schon bezweifeln, ob der Stadtverwaltung eigentlich bewusst ist, was noch so alles auf Kirchheimer Gemarkung liegt. Zum Beispiel Patrick Henry Village (PHV) und der Kurpfalzhof jenseits der A 5, die Siedlung Höllenstein jenseits der Bahnlinie sowie die Patton Barracks entlang des Kirchheimer Weges. In der Tat war Kirchheim bei seiner Eingemeindung am 1. April 1920 flächenmäßig eine recht "fette Beute", denn es brachte der Stadt Heidelberg genau 1534,1 zusätzliche Hektar ein.
Zehn Jahre zuvor war die Straßenbahnlinie 6 von Kirchheim zum Seegarten in der Innenstadt eingeweiht worden, die 1972 wieder aufgegeben wurde. 2006 kam es dann zur Jungfernfahrt der neuen Linie 26. Und exakt diese wurde nun in der Diskussion durchaus erwartungsgemäß zum großen Knackpunkt. "Die Linie 26 ist nach zehn Jahren wieder ein Zankapfel", hielt Stadtteilvereinsvorsitzender Fuchs hierzu fest. Denn durch die neue geplante Linienführung über die Bahnstadt "möchte man uns die 14-Minuten-Fahrt ins Zentrum wegnehmen. Für die Bahnstadt müssen alle anderen bluten", machte er seine Meinung deutlich - und das werde auch im Pfaffengrund so gesehen.
Grünen-Bezirksbeirat Fritz Engbarth-Schuff sprang Fuchs zur Seite: "Die Bahnstadt ist so etwas wie das ‚Goldene Kalb‘ der Stadt Heidelberg". Zum noch zu erstellenden neuen Nahverkehrsplan merkte er an, dass "man uns ein bisschen veräppelt hat". Denn im Grunde seien die bisherigen Beschlüsse inklusive der bereits als unumstößlich dargestellten neuen Führung der Linie 26 nur Absichtserklärungen. Folglich brauche man jetzt eine "ehrliche Debatte über Alternativen". Mit Blick auf das von Befürwortern der neuen Linienführung stets ins Feld geführte Kostenargument fügte Bezirksbeirätin Imke Veit-Schirmer hinzu: "Wenn man einen ÖPNV schaffen will, der die Leute vom Auto umsteigen lässt, muss man in den ÖPNV investieren." Rein mit Zahlen zu argumentieren, könne jedenfalls nicht sein.
Odszuck wiederum bestand darauf, dass sich die Straßenbahnanbindung der Bahnstadt, die die Fahrzeit der Linie 26 von Kirchheim bis zum Bismarckplatz um vier bis fünf Minuten verlängern würde, "volkswirtschaftlich rechnen muss". Zugleich trat er dafür ein, die damit verbundene Auseinandersetzung "mit offenem Visier" und ehrlich zu führen. Allerdings brachte Odszuck einen weiteren Aspekt ins Spiel, nämlich eine mögliche Straßenbahnanbindung des PHV. In diesem Fall würde Kirchheim aus seiner Sicht "mehr Lagezentralität in der Gesamtstadt" erhalten, was "zum Anlass für eine zweite Linie" genommen werden könnte. Das letzte Wort in Sachen Linie 26 hatte Engbarth-Schuff - er trat vehement für eine intensive Bürgerbeteiligung bei der Erstellung des neuen Nahverkehrsplanes ein.
Weitere mehr oder weniger heftig erörterte Themen waren das durch die "Alla hopp!"-Anlage im Kirchheimer Norden verursachte Verkehrs- und Parkchaos (Odszuck: "Das ist die Schattenseite eines Erfolgsprojekts"), Wohnungsbauprojekte, Belegungsprobleme in den Kirchheimer Sporthallen und die Frage, ob Patrick Henry Village ein eigener Stadtteil werden oder ein Teil Kirchheims bleiben soll.



