Heidelberg

Annelie Wellensiek riss das Ruder für die PH herum

Mit viel Herz und noch mehr Verstand führte die Rektorin die Hochschule aus der Krise und zum Erfolg.

09.06.2015 UPDATE: 10.06.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden

Annelie Wellensiek mit dem damaligen Wissenschaftminister Peter Frankenberg bei ihrer Amtseinführung. Archiv-Foto: Kresin

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Die Pädagogische Hochschule Heidelberg hat Annelie Wellensiek alles zu verdanken. Mit viel Herz und noch mehr Verstand gelang es ihr innerhalb kürzester Zeit, die PH nicht nur vor der Pleite zu bewahren, sondern konzeptionell und finanziell völlig neu auszurichten. Die neue Heidelberg School of Education, in der Universität und PH bei der Lehrerbildung so eng kooperieren wie nie zuvor, ist auch ihr Baby. Für den kommenden Freitag war ein Festakt zur Einweihung dieses neuen Zentrums geplant. Nun haben Uni und PH die Feier verschoben.

"Wir müssen Bildung gestalten, nicht nur verwalten", war die Marschroute, die Wellensiek nach ihrer Wahl zur Rektorin im Juli 2009 im RNZ-Interview ausgegeben hatte. Sie hat Wort gehalten. Noch im Frühjahr hatten 1500 PH-Studenten gegen Einsparungen an ihrer Hochschule demonstriert, die angehenden Lehrer fürchteten um ihre Zukunft, es galt eine Haushaltssperre. Dementsprechend schmunzelten manche, dass ausgerechnet die Frau des Insolvenz-Papstes Jobst Wellensiek zum Nachfolger von Michael Austermann gewählt wurde und nun das Ruder herumreißen sollte. Doch die erste Frau an der Spitze der PH machte ihrem Namen alle Ehre. Mit Leidenschaft und Teamgeist ging sie mit ihren Prorektoren Anne Sliwka und Gerhard Härle sofort ans Werk - und steckte mit ihrer Zuversicht und ihren Ideen alle an. Das lag auch an ihrem Mut: In den Jahren der Krise setzte Wellensiek auf Transparenz und studentische Mitbestimmung. Strenge Hierarchien hatte sie nicht nötig. Sie überzeugte durch ihren unbändigen Reformwillen und ihre Sachkompetenz.

Es klingt fast wie ein Wunder: Bereits im Mai 2012 konnte die Haushaltssperre aufgehoben werden. Doch nicht nur das: In der Zwischenzeit hatte die Hochschule unter Annelie Wellensieks Leitung mit neuen Studiengängen wie dem Master in Bildungswissenschaften ihr Profil geschärft, konnte mit zwei Millionen Euro Überschuss sogar einen Rekord-Jahresabschluss erzielen und war im Wettbewerb "Qualitätspakt Lehre" erfolgreich. Bund und Länder stellten damit 4,4 Millionen Euro für fünf Jahre zur Verfügung. Zugleich verzeichnete die Hochschule Jahr für Jahr einen Bewerberrekord nach dem anderen. Der Gipfel des Erfolgs war aber sicher die Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung mit der Universität Heidelberg zur gemeinsamen Lehrerausbildung in der "School of Education". Die Themen Inklusion und exzellente Lehrerbildung hatte Wellensiek bei allen Bemühungen immer im Blick.

Wellensiek war der Pädagogischen Hochschule Heidelberg schon vor ihrer Zeit als Rektorin eng verbunden. Nach ihrem Abitur 1977 in Wiesloch studierte sie hier bis 1982 auf Realschullehramt. Danach sammelte sie Erfahrungen in der Privatwirtschaft, promovierte ab 1988 an der Universität Heidelberg, kehrte danach aber als wissenschaftliche Mitarbeiterin an ihre Alma Mater zurück. Später habilitierte Wellensiek an der Universität Hamburg, wo sie zunächst als Privatdozentin und ab 2006 als Universitätsprofessorin arbeitete. Nach ihrer Wahl zur PH-Rektorin freute sich die damals 50-Jährige auf ihren neuen Job: "Ich komme jetzt zum dritten Mal - nach mehreren Zwischenstopps - an diesen Ort zurück. Das ist ein tolles Gefühl, aber ich habe auch Respekt vor der Aufgabe."

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Mit Annelie Wellensiek sei ein neuer, frischer Geist in die Hochschule eingezogen, der viele Mitglieder der Institution angesteckt und zur aktiven Mitwirkung an den Veränderungsprozessen motiviert habe, schreiben die aktuellen Prorektoren Gerhard Härle, Bernward Lange und Kanzler Christoph Glaser in ihrem persönlichen Nachruf: "Trotz ihrer langen, schweren Krankheit stand sie der Hochschule mit all ihrer Kraft und enormen Willensstärke zur Verfügung. Gleichzeitig kämpfte sie bis zuletzt entschlossen um den Erhalt ihrer Vitalität. Ihr Tod ist für uns ein schwerer Verlust. Ihre Leistungen als Rektorin und ihre Wirkungen als Mensch verdienen unseren höchsten Respekt."

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