Fahrgastbeirat ist Bindeglied zwischen Fahrgästen und ÖPNV
Unabhängiges Gremium wird zehn Jahre alt - Das größte Problem: Viele Menschen kennen den Beirat nicht

Von Joris Ufer
Heidelberg. Der Fahrgastbeirat Heidelberg wird zehn Jahre alt. Auch wenn die Feier auf das kommende Jahr verschoben werden musste, hat das unabhängige Gremium alle Hände voll zu tun. Die RNZ hat mit seinen Sprechern Christel Apfel und Tim Menke über aktuelle Probleme und Aufgaben gesprochen.
Die Aufgaben lassen sich schnell beschreiben: Der Fahrgastbeirat sieht sich als Bindeglied zwischen Fahrgästen und den Verantwortlichen des öffentlichen Nahverkehrs. Die Mitglieder nehmen mehrmals im Jahr an gemeinsamen Sitzungen mit Vertretern der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) teil. Sie zeigen Probleme auf und schlagen Lösungen vor. Auch Erfolge in der Umsetzung ihrer Anregungen gibt es bereits: "Bei der neuen Haltestelle Seegarten hatten wir den Eindruck, es gäbe zu wenig Sitzplätze für so viele Menschen", erzählt Christel Apfel. "Wir haben angeregt, dass dazu gebaut wird und konnten Verbesserungen erreichen." Das Kurzstreckenticket sei ursprünglich ebenfalls eine Idee des Gremiums gewesen.
Auch zu Beginn der Corona-Krise stand der Fahrgastbeirat in Kontakt mit Vertretern der RNV, nachdem der Eindruck entstanden war, dass der ÖPNV reduziert worden sei, damit insgesamt weniger Leute unterwegs sind. Ein Vertreter habe jedoch erklärt, dass der Verbund lediglich sicherstellen wollte, "dass es weitergeht, selbst wenn die Hälfte der Belegschaft krank wäre", berichtet Apfel und spricht in diesem Zusammenhang vor allem von einem Kommunikationsproblem. Auch seien Fahrpläne in dieser Zeit nicht immer aktuell gewesen, das Handeln des Verbunds bewerten Apfel und Menke aber grundsätzlich positiv. Das derzeitige, geringere Fahrgastaufkommen macht Menke an zweierlei fest: "Der einen Hälfte ist es wegen der Infektionsgefahr zu unsicher, während die andere keine Maske tragen möchte." Trotzdem sehen die Sprecher die Maskenpflicht in den meisten Fällen gewahrt: "Hier sind auch die Menschen in der Verantwortung und nicht nur die Organisationen. Wenn manche sich nicht daran halten wollen, helfen auch Vorschriften und Kontrollen nur zu einem gewissen Grad," erklärt Apfel. Generell entstünden auch abseits von Corona 90 Prozent der Probleme durch das Fehlverhalten von Fahrgästen, wirft ihr Kollege ein.
Das wichtigste Ziel des Gremiums ist und bleibt ein funktionierender und attraktiver Nahverkehr. Das ließe sich aber nicht nur mit Geld sicherstellen. Apfel zieht das Beispiel Wien mit seinen günstigen Tarifen heran: "Schon seit den siebziger Jahren wurde dort der ÖPNV ausgebaut und attraktiver gestaltet. Es muss beides zusammenspielen: eine Verbesserung der Angebote und keine zu hohe Belastung für den Geldbeutel." Hier sieht Menke allerdings ein "Henne-Ei-Problem". Der Nahverkehr in Wien könne nur deshalb so günstig sein, weil er schon gut ausgebaut sei und entsprechend viele Fahrgäste und so ein hohes Einkommen habe. "Wenn diese Strukturen noch nicht da sind, muss das Ticket eben teurer sein."
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Das größte Problem des Fahrgastbeirats: Viele Menschen kennen ihn noch nicht. Das Gremium möchte deshalb künftig stärker an die Öffentlichkeit gehen. Man sei in jüngster Zeit dazu übergegangen, Stellungnahmen zu schreiben. Außerdem würden die Protokolle der Sitzungen auf der Website veröffentlicht, damit die Entscheidungen des Fahrgastbeirats für alle sichtbarer werden.