Drei-Euro-Ticket kommt vorerst für ein Jahr
Der Gemeinderat beschließt das 15-Millionen-Euro-Pilotprojekt. Das ÖPNV-Angebot für junge und einkommensschwache Heidelberger kommt ab September.

Von Sarah Hinney
Das Drei-Euro-Monats-Ticket ist beschlossene Sache – aber vorerst nur für die Dauer eines Jahres. Es gilt im gesamten VRN-Verbundgebiet ab September für alle Heidelberger Kinder und Jugendlichen unter 21 Jahren sowie sämtliche Inhaber eines Heidelberg-Passes oder Heidelberg-Passes-Plus (diese Pässe erhalten Menschen mit keinem oder geringem Einkommen). Zudem sollen Menschen ab 60 Jahren einen Zuschuss von 200 Euro für die ÖPNV-Jahreskarte ("Karte ab 60") bekommen. Auch diese Regelung gilt zunächst für ein Jahr. Das hat der Gemeinderat am Mittwochabend mit breiter Mehrheit beschlossen. 29 Räte stimmten dafür, fünf dagegen, einer enthielt sich. Sie entschieden zudem, dass das Pilotprojekt nach sechs Monaten evaluiert und dann ein Folgekonzept für 2023 beschlossen werden soll.
Monatelang hatten die Räte über das Thema Gratis-Nahverkehr diskutiert und gestritten, Vorschläge eingebracht, neue Kostenrechnungen gefordert und Pläne verworfen. In der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses dann der Durchbruch: Grüne, CDU, SPD, "Heidelberger", FDP, Linke und Einzelstadtrat Waseem Butt hatten sich im Vorfeld der Sitzung auf das Drei-Euro-Ticket geeinigt – allerdings dort noch ohne zeitliche Begrenzung. Die Idee, das Ganze zunächst auf ein Jahr zu begrenzen, war im Nachgang der Sitzung vom Amt für Verkehrsmanagement eingebracht worden.
Das Amt hatte auch die Kosten für das nun beschlossene Paket berechnet – 15 Millionen Euro. Das ist fast doppelt so viel Geld, wie für die ursprüngliche Variante, die OB Eckart Würzner und seine Verwaltung eingebracht hatten. Sie wollten den Nahverkehr im Stadtgebiet für Unter-18-Jährige gratis anbieten und für Senioren bezuschussen – dafür gab es aber keine Mehrheit. Würzner zeigte sich am Mittwoch im Gemeinderat dennoch höchst zufrieden mit dem jetzigen Beschluss des Gemeinderats: "Das ist ein Riesenschritt für die soziale Gerechtigkeit."
Auch Anke Schuster (SPD) freute sich: "Es war uns besonders wichtig, dass ein gemeinsames Signal an die Bürgerschaft rausgeht. An die Menschen, die besonders an der Inflation und unter den Heizkosten leiden." Die Befristung auf ein Jahr begründete Schuster auch mit den hohen Kosten. Und sie richtete einen Arbeitsauftrag an den OB, sich langfristig um Unterstützung von Land und Bund zu bemühen. Würzner betonte, dass die Begrenzung auf ein Jahr ausschließlich den Grund habe, dass das Land möglicherweise mit einer eigenen kostengünstigen ÖPNV-Idee nachziehen könnte. Alexander Föhr (CDU) lobte Würzner ausdrücklich nochmal für seinen Vorschlag eines Gratis-ÖPNV. In Bezug auf die Ein-Jahr-Befristung meinte Föhr: "Es ist so viel Bewegung im Thema auf Landes- und Bundesebene, und natürlich sollten wir als Kommune keine Kosten übernehmen, die wir vielleicht gar nicht zahlen müssen." Auch Larissa Winter-Horn ("Heidelberger") war voll des Lobes: "Wir möchten uns noch einmal bei unserem OB für diesen Vorstoß bedanken. Nur so wurde es uns möglich, dieses beispielgebende Vorreiter-Projekt auf den Weg zu bringen und damit Impulsgeber auch für andere Kommunen zu sein."
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Derek Cofie-Nunoo (Grüne) betonte: "Für uns Grüne war der soziale Aspekt immer wichtig." Er mahnte aber an: "Wir wollen auch der Mobilitätswende entgegenkommen." Bernd Zieger, Stadtrat und OB-Kandidat von "Die Linke" ärgerte sich, dass plötzlich die Befristung beschlossen werden sollte. Seine Fraktionskollegin Sahra Mirow indes freute, dass das Thema, das ihre Fraktion bereits 2016 eingebracht habe, nun in Angriff genommen wird. Sie plädierte aber dafür, Firmen in die Finanzierung mit einzubinden. Michael Pfeiffer (GAL) und Arnulf Weiler-Lorentz (Bunte Linke) stemmten sich bis zum Schluss gegen das günstige Ticket. Pfeiffer sah in der Maßnahme eine reine Wahlkampfkampagne und die Ausgaben an der falschen Stelle investiert. Und Weiler-Lorentz lehnte grundsätzlich ab, das Alter als soziales Kriterium anzusetzen.
Hinweis: Erst im Nachgang des Beschlusses wurde bekannt, dass das beschlossene Ticket für den gesamten VRN-Verbund, und nicht nur das Heidelberger Stadtgebiet gilt. Wir haben den Artikel entsprechend korrigiert. Wie die unterschiedliche Auslegung des Beschlusses zustande kam, das lesen Sie hier.