Heidelberg

Die Neckarwiese bleibt ein Brennpunkt

Der scheidende Leiter des Polizeireviers Heidelberg-Nord Volker Pfeiffer hält viel von der Sicherheitspartnerschaft - "Wir hätten das nicht mehr alleine geschafft"

12.12.2018 UPDATE: 13.12.2018 06:00 Uhr 3 Minuten, 12 Sekunden

"Die Stresserbeleuchtung auf der Neckarwiese stärkt das Sicherheitsgefühl der Besucher", glaubt Volker Pfeiffer. Foto: Philipp Rothe

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Seit stolzen 42 Jahren ist er Polizist. Die letzten vier leitete er das Polizeirevier Heidelberg-Nord mit aktuell 50 Beamten, das für die Stadtteile Handschuhsheim, Neuenheim und Ziegelhausen sowie die Gemeinde Dossenheim zuständig ist. Davor war er Leiter der Führungsgruppe am Polizeirevier Wiesloch. Jetzt geht Volker Pfeiffer, der im Mai 60 Jahre alt geworden ist, in den Ruhestand.

Herr Pfeiffer, wie steht es um die Neckarwiese?

Als ich 2014 nach Heidelberg kam, war die Neckarwiese kein Brennpunkt. Das änderte sich aber im Spätsommer 2015 mit der Flüchtlingskrise. Auf einmal gab es mehr Diebstähle. Daher haben wir unsere Präsenz dort massiv erhöht. In diesem Jahr hätten wir das aber personell nicht mehr alleine stemmen können. Deshalb waren wir sehr froh, dass das Land und die Stadt Heidelberg im Februar dieses Jahres die Sicherheitspartnerschaft geschlossen haben. Ohne die Bereitschaftspolizei könnten wir die Neckarwiese nicht mehr angemessen bestreifen. Ich denke, dass wir das Beste getan haben, trotzdem müssen wir wieder mit einem Anstieg der Straftaten rechnen.

Was für Straftaten sind das?

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Körperverletzungsdelikte, Rauschgiftkriminalität, Diebstähle.

Warum gibt es diese Personalnot? Mit der Polizeireform sollte doch jedes Revier mehr Beamte bekommen.

Das hat nur ganz am Anfang funktioniert. In den neuen Präsidien mussten neue Strukturen geschaffen werden, es gibt mehr Sondereinheiten wie die Ermittlungsgruppen "Unbare Zahlungsmittel" oder Eigentum. Die leisten zwar sehr gute Arbeit, sind aber auch personalintensiv. Und so fehlen die Polizisten dann in den Dienstgruppen. Da sind wir deutlich unter dem Stand, den wir haben sollten. Und ein Ende des Tals der Tränen ist noch nicht in Sicht. Erst 2020 oder 2021, wenn die jetzt neu eingestellten Berufsanfänger ausgebildet sind, wird sich die Situation etwas entspannen.

Volker Pfeiffer. Foto: Rothe

Das heißt, ohne die Sicherheitspartnerschaft würde es viel weniger Polizeistreifen auf der Straße geben.

Wir hatten einen grandiosen Sommer. Daher war an den Brennpunkten - am Hauptbahnhof, in der Altstadt und am Neckarvorland - extrem viel los. Das war schon wahnsinnig. Es gab keine Verschnaufpause für die Anwohner und die Polizei. Daher war für uns die Unterstützung extrem wichtig.

Was halten Sie von der Stresserbeleuchtung an der Neckarwiese?

Sie stärkt das Sicherheitsgefühl der Besucher. Ob sie auch langfristig zu einer Reduzierung von Straftaten oder Ordnungsstörungen führen wird, lässt sich noch nicht beurteilen.

Was sind andere große Einsatzgebiete für das Revier Nord?

Wir haben viel mit dem Universitätsklinikum zu tun. Meistens geht es um auffällige oder psychisch kranke Patienten, die sich vom Personal nicht beruhigen lassen. In solchen Fällen müssen wir die Pflegekräfte unterstützen. Zeitweise hatten wir dort gefühlt zwei bis drei Einsätze am Tag. Wir sagen an solchen Tagen scherzhaft, es ist wieder "Vollmond". Jetzt, wo die Tage dunkler werden und Weihnachten näher rückt, kommt es häufiger zu solchen Zwischenfällen.

Gab es in Ihrer Zeit als Leiter des Polizeireviers Nord auch Fälle, die Ihnen persönlich nahe gingen?

Auf jeden Fall die Messerattacke einer psychisch gestörten Frau auf ein Mädchen - im Kaufland in Dossenheim. Ebenfalls in Dossenheim, es war der Kerwesamstag 2016, musste ein Kollege von mir von seiner Schusswaffe Gebrauch machen - weil ein Vater, der von seinem Besuchsrecht bei seinem Kind Gebrauch machte, durchdrehte.

Können Sie auch von positiven Erlebnissen berichten?

Der erste "Runde Tisch Neckarwiese" lief sehr gut. Die Stimmung war damals hochgekocht. Doch nach dem Treffen war die Resonanz aus der Bürgerschaft enorm. Viele waren froh, dass wir Klartext gesprochen haben. Häufig wurden danach meine Kollegen auf der Neckarwiese angesprochen: "Wie gut, dass ihr da seid."

Gerade in Ihrem Zuständigkeitsbereich wohnen viele Akademiker: Muss man mit dieser Klientel häufiger diskutieren?

Alle Stadtteile haben ihre Besonderheit. In Neuenheim beschweren sich die Bürger vielleicht etwas häufiger als in anderen Gebieten, sie sind vielleicht etwas kritischer. Hin und wieder kommt es auch vor, dass sie die Polizei mit etwas beauftragen wollen, was wir gar nicht dürfen - illegale Wasserleitungen im Keller stillzulegen oder uns um eine ausgestöpselte Gefriertruhe zu kümmern.

Hört sich nach einem vielseitigen Job an. Würden Sie ihn wieder ergreifen?

Auf jeden Fall. Es ist ein spannender Beruf mit vielen interessanten Menschen. 1978 habe ich schon als einfacher Schutzmann in Heidelberg Dienst getan. Da gab es noch RAF-Terrorismus und Großdemonstrationen. Doch davon habe ich mich nicht abschrecken lassen. Bei der Polizei konnte ich als Realschulabsolvent eine Ausbildung machen, habe meine Fachhochschulreife erreicht und konnte studieren. Trotzdem bin ich nach meiner Zeit im Führungsstab der Polizeidirektion Heidelberg gerne ins Polizeirevier Wiesloch gegangen. Wieder näher am Bürger und seinen täglichen Problemen.

Und wie sieht jetzt der Ruhestand von Volker Pfeiffer aus?

Ich bin jetzt stolzer Besitzer eines Pedelecs. Damit kann ich die wunderbare Natur bei uns in Gaiberg genießen. Zudem würde ich mich gerne in Zukunft ehrenamtlich als Seniorenberater in der polizeilichen Präventionsarbeit einbringen. Es hat mich nämlich schon immer geärgert, wenn Trickbetrüger ältere Menschen um ihr Erspartes bringen - sei es mit dem Enkeltrick oder als falsche Polizeibeamte. Das ist schäbig, wie die Arglosigkeit von Menschen ausgenutzt wird. Dagegen würde ich gerne etwas tun und Aufklärungsarbeit leisten.

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