Die Evangelische Kirche Heidelberg verzeichnet Millionen-Defizite

Sind die Kindergärten zu teuer für die Kirche? - Haushaltsnotstand: Im Februar muss die Synode entscheiden

24.11.2016 UPDATE: 25.11.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 45 Sekunden

Das denkmalgeschützte Gemeindehaus der Johannesgemeinde ist viel zu groß geworden. Foto: Joe

Von Birgit Sommer

Die Evangelische Kirche in Heidelberg könnte jetzt eigentlich mit Freude ein Jahr lang das Reformationsjubiläum "500 Jahre Luther" feiern. Doch daneben plagen sie finanzielle Sorgen. Ihr Verwaltungshaushalt hat im Jahr 2015 mit einem Defizit in Höhe von knapp 1,465 Millionen Euro abgeschlossen. Im Haushalt 2016/17 droht ebenfalls ein Millionen-Loch, und deshalb zog der Evangelische Oberkirchenrat im Sommer die Reißleine: Haushaltssperre oder Ersatzvornahme heißt das offiziell. Neue Projekte dürfen nicht mehr finanziert werden.

Laut Pfarrer David Reichert, dem Vorsitzenden der Synode in Heidelberg, werden die Zahlen im Haushalt nun genau hinterfragt. Ein defizitärer Bereich sind beispielsweise die 20 Kindergärten und Krippen mit rund 200 Erziehern, die die evangelische Kirche in Heidelberg unterhält: 716.895 Euro, 852.014 Euro und 1,035 Millionen Euro fehlen in den Jahren 2015 bis 2017. Das war auch Thema der jüngsten Synodensitzung.

Neu ist dieser Geldmangel laut Dietrich Dancker, dem Geschäftsführer der Evangelischen Kirchenverwaltung, nicht. Doch weil seit drei Jahren in der "Erweiterten Betriebskameralistik" auch die tatsächlichen Abschreibungen verbucht werden müssen, wurden verborgene Defizite offensichtlich. Bis Februar werden die Haushaltsstellen nun mithilfe der Vermögensaufsicht des Oberkirchenrates durchleuchtet, dann soll der Haushalt verabschiedet werden, direkt gefolgt von einer Synodensitzung, in der sich die Mitglieder - 115 Pfarrer und Gemeindemitglieder - mit den Kitas befassen wollen.

Der Kirche sind die Kindergärten wichtig, machte Reichert, der Pfarrer der Luthergemeinde ist, im Gespräch mit der RNZ deutlich. Die Evangelische Kirche legte sogar eigene Erziehungsstandards fest, die etwa Religionspädagogik, Sozial- und Sprachförderung betreffen. Ein paar mehr Personalstunden dafür sind für die finanzielle Lage wohl nicht verantwortlich; Dancker schätzt deren Anteil am Defizit auf höchstens 100.000 Euro.

Die Stadt Heidelberg bezuschusst die kirchlichen Einrichtungen - entsprechend den Kosten einer Muster-Kita - mit 63 Prozent der Kosten für Kindergartenkinder und 68 Prozent für die Krippenkinder. Was Gebühren und Geschwisterermäßigung betrifft, haben sich die Kirchen, alle anderen Träger und die Stadt auf dieselben Beträge geeinigt. Die großzügigen Geschwisterermäßigungen dürften genauso ihren Anteil am Defizit haben wie die Sanierungsbedürftigkeit mancher Gebäude, erklärt Reichert. Schließlich gebe es auch noch Kitas, in denen die Kinder höheren Förderbedarf hätten. Das alles werden die Mitglieder der Synode abwägen müssen, wenn im Februar alle Zahlen auf dem Tisch liegen. Dann wird Klartext gesprochen: Wie hoch kann und will die Kirche ihre Kitas subventionieren?

Dazu kommt, dass die evangelische Kirchengemeinde in Heidelberg auf Anordnung des Oberkirchenrates gezwungen ist, 30 Prozent ihres Gebäudebestandes abzubauen. In einzelnen Stadtteilen tut man sich schwer. Die großen, vor vielen Jahren errichteten und heute oft sanierungsbedürftigen Gemeinde- und Pfarrhäuser passen nicht mehr zu den "Feiertagschristen". Schließlich nimmt auch die Zahl der Gemeindemitglieder immer weiter ab - rund 43.000 Heidelberger bekennen sich derzeit noch zur evangelischen Kirche, doch nur ein Drittel davon ist erwerbstätig und zahlt auch nennenswert Kirchensteuer.

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