Heidelberg

Corona bereitet Kreativen Sorgen, zeigt aber auch Chancen

Erster "Fensterlunch" nach dem Lockdown: Wie kam die Heidelberger Kreativwirtschaft durch die Pandemie?

09.06.2021 UPDATE: 10.06.2021 06:00 Uhr 1 Minute, 56 Sekunden
Endlich wieder analog treffen: Beim ersten „Fensterlunch“ nach der Zwangspause sprach Oberbürgermeister Eckart Würzner (2. v.r.) mit Vertreterinnen und Vertretern der Kreativwirtschaft. Foto: Philipp Rothe

Von Arnd Janssen

Heidelberg. Sie litten mit am schwersten unter der Corona-Pandemie: In der Kultur- und Kreativbranche fielen im letzten Jahr unzählige Jobs weg – und viele standen plötzlich ohne Verdienstmöglichkeiten dar. Auch der seit Januar 2018 monatlich stattfindende "Fensterlunch" am ehemaligen Pförtnerhäuschen der Heidelberger Druckmaschinen AG in Bergheim konnte sieben Monate lang nicht wie gewohnt stattfinden. Das Branchentreffen der Kulturschaffenden fand nun erstmals wieder in Präsenz statt – eine willkommene Abwechslung zu den gelegentlichen digitalen Info-Sessions.

"Das Treffen hat mir gefehlt, jetzt sollen endlich die Kreativen wieder im Fokus stehen", freute sich Ellen Koban von der Stabsstelle Kultur- und Kreativwirtschaft der Stadt, die das Gespräch leitet. Die Vertreter der Branche unterhielten sich über die Folgen der Pandemie. Diese bedeutete für fast jeden in erster Linie eine Vielzahl von Einschränkungen. "Ich gebe gerne Workshops, die sind alle ausgefallen, ebenso wie die Buchmessen", klagte die Heidelberger Autorin und Illustratorin Stella Dreis. "Ich habe außerdem meine Familie zwei Jahre nicht gesehen", fügte die gebürtige Bulgarin hinzu. Und Barbara Stegmann, Co-Gründerin des Medizintechnik-Start-ups "living brain", berichtete, dass es gleich doppelt schwierig gewesen sei: "Es gab erstens keine Gesundheitsmessen und zweitens führten wir eine klinische Studie für ein Produkt durch, die wir aufgrund von mehreren Corona-Ausbrüchen in der Einrichtung abbrechen mussten". Stegmanns Unternehmen entwickelt Virtual-Reality-Konzepte, um neurologisch erkrankte Patienten zu rehabilitieren, die beispielsweise Gedächtnis und Konzentrationsfähigkeit wiedererlangen müssen.

Stegmann betonte aber auch Chancen, die Corona aufgezeigt habe: "Es hat eine positive Revolution ausgelöst und gezeigt, dass insbesondere im Gesundheitsbereich digitale Lösungen benötigt werden", so die Heidelberger Unternehmerin. "Die digitale Rehabilitation hat einen Schub erfahren, es ist die Medizin von morgen", erklärte Stegmann.

Oberbürgermeister Eckart Würzner stellte als Chef einer Vielzahl städtischer Angestellter fest, dass Homeoffice in der Pandemie sehr gut funktioniere: "Ich konnte mir früher nicht vorstellen, dass 80 Prozent der Verwaltung von zu Hause arbeiten können", wunderte sich Würzner. Allerdings bestehe noch Ausbaubedarf bei den Netzverbindungen, da sei man nicht gut vorbereitet gewesen. Die Deutsche Telekom ist als einziges Unternehmen für den Glasfaser-Ausbau zuständig.

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Während der Zeit der Lockdowns konnte Julia Piechotta vom Start-up "Spoontainable" mit ihrem Unternehmen neue Märkte erschließen und so auch wachsen. "Spoontainable" stellt nachhaltig produziertes, essbares Besteck her. Für die Zukunft wünschte sie sich: "Kontakte müssen gepflegt werden, das war kaum möglich. Wir brauchen außerdem stärkere Marketingkanäle, es muss einfacher sein, sich als Start-up zu präsentieren", so Piechotta. An einem Eisstand im Innenhof der Kurfürsten-Anlage 58 – denn die aktuelle Ausgabe des "Fensterlunch" fand aufgrund des guten Wetters draußen statt – konnten sich Besucher selbst ein Bild von den essbaren Kekslöffeln machen, die mindestens so stabil sind wie ein Plastiklöffel.

Würzner bot den Kreativen Hilfe an: "Wir wollen als Stadt wissen, was können wir besser machen?" Es verändere sich derzeit global viel in der Branche, darauf müsse man reagieren, um den Unternehmen mehr zu ermöglichen, betonte der OB. Auch Städte spielten dabei eine große Rolle, auch wenn diese durch die Pandemie in eine massive Verschuldung gerieten.

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