Campus-Straßenbahn: Nach dem Baustopp ist die Ratlosigkeit ist groß

Bei allen Beteiligten herrschte am gestrigen Freitag Ratlosigkeit über den gerichtlich verfügten Baustopp für die Straßenbahn ins Neuenheimer Feld.

20.12.2014 UPDATE: 20.12.2014 05:00 Uhr 2 Minuten, 9 Sekunden
Foto: Alex
Von Micha Hörnle

So richtig weiß noch keiner bei Universität und Stadtverwaltung, was er vom Baustopp für die Neuenheimer-Feld-Straßenbahn zu halten hat. Deswegen waren die offiziellen Stellungnahmen auch rar gesät. Im Grunde hieß es immer nur: "Wir warten die schriftliche Begründung ab." Nur das Regierungspräsidium, das vom Verwaltungsgerichtshof als Beklagter eine schwere Klatsche bekommen hatte, wagte sich vorsichtig aus der Deckung: "Der über 540-seitige Planfeststellungsbeschluss setzt sich auf mehr als zehn Seiten mit der Thematik des Bebauungsplanes auseinander. Die Auswirkungen der Straßenbahn auf die Universität, das Max-Planck-Institut (MPI) sowie das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) sind zentraler Gegenstand der Entscheidung und wurden unseres Erachtens umfassend gewürdigt."

Wie gestern berichtet, hatte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim inhaltlich und planungsrechtlich den drei Klägern (Uni, MPI und DKFZ) recht gegeben. Dabei war die härteste Nuss die juristische Seite, denn bei der sachlichen Kritik an der Straßenbahn (Elektrosmog und Erschütterungsschutz) hatte das Trio mit der Stadt bereits weitgehend Einigkeit erzielt (RNZ vom Dienstag). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs hätte aber auf der Basis des alten Bebauungsplans von 1960 nicht die 40 Jahre später geplante Trasse (über die Straße "Im Neuenheimer Feld") projektiert werden können. Das wirft die Frage auf, ob denn das Regierungspräsidium sein Handwerk nicht verstehe.

Auch gegen diese Kritik des Gerichts wehrt sich die Karlsruher Behörde - und verweist auf stolze zwölf Seiten im Planfeststellungsbeschluss, wo es genau um diese Frage geht. Im Grunde geht es darum: Ein "Vorhaben von überörtlicher Bedeutung" kann wichtiger als ein alter Bebauungsplan sein, der dem Projekt eigentlich entgegensteht (zum Beispiel wenn auf einer bestimmten Straße kein Platz für Straßenbahnschienen vorgesehen ist). Genau das ist der Zankapfel zwischen Regierungspräsidium und den drei Klägern: Für Uni, MPI und DKFZ ist die Campus-Bahn nur ein Vorhaben von örtlicher Bedeutung, für die Karlsruher Genehmigungsbehörde von überörtlicher (sie begründet das auch noch ausführlich). Insofern herrscht Ratlosigkeit in Karlsruhe, wie es überhaupt zu diesem harschen Urteil kommen konnte. Und schlimmer noch: Wenn das Gericht bei seiner Auffassung bleibt, würden wahrscheinlich Uni, MPI und DKFZ bei ihrer eigentlichen Klage gegen die Straßenbahntrasse gewinnen. Dann bliebe nur die Möglichkeit, komplett neu anzufangen: neuer Bebauungsplan oder neue Trasse.

Oder aber die drei Einrichtungen ziehen ihre Klage ganz zurück. Dann wäre auch der größte Brocken, nämlich die "erheblichen Rechtsmängel", vom Tisch, wie der Pressesprecher des Verwaltungsgerichtshofs, Karsten Harms, bestätigte. Das ist offenbar auch die Linie, auf die die Stadtverwaltung setzt. Alexander Thewalt, der Leiter des Amtes für Verkehrsmanagement, sagte gestern zur RNZ: "Ich bin weiter zuversichtlich." Denn im Grunde hätten sich die Beteiligten geeinigt. Nur: Bisher wurde vor allem mit der Universität ein Kompromiss ausgehandelt, es ist also noch lange nicht ausgemacht, ob sich auch MPI und DKFZ Überlegungen anschließen, ihre Klage zurückzuziehen.

Generelle Kritik an der Straßenbahn kommt von ganz unvermuteter Seite, von den Studenten. Die Verfasste Studierendenschaft begrüßte ausdrücklich den Baustopp für die Campus-Bahn: Man stört sich an dem Zaun, "der sich um die Trasse durch das ganze Neuenheimer Feld zieht. Auf diese Weise werden Wege zwischen Gebäuden, Wohnheimen und Kliniken unnötig verkompliziert und Fußgänger, Fahrradfahrer und Pkw-Fahrer benachteiligt". Außerdem soll die Haltestelle "Studentenwohnheim" wegfallen. Dort wohnen 2000 Personen, die dann die ungünstiger gelegene Haltestelle "Kopfklinik" mitbenutzen sollen. Außerdem vermisst man schon jetzt die Buslinien 31 und 32 als schnelle Verbindung zwischen Altstadt, Campus Bergheim und Neuenheimer Feld.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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