Bahnstädter gehen beim Quartiersgespräch mit der Stadt hart ins Gericht
Kritisiert werden Mängel bei der Infrastruktur für Kinder und den Verkehr. Die Informationen bleiben oft aus.

Von Marion Gottlob
Bahnstadt. Schon zu Beginn des Quartiersgesprächs Bahnstadt, das von Stadtteilkoordinatorin Clara Oberbeckmann organisiert worden war, ist ein Problem sichtbar geworden, das während des fast zweistündigen Treffens im Bürgerhaus ständig angesprochen wurde: der Mangel an Information.
Jeder Teilnehmer, auch und sogar Mitglieder des Stadtteilvereins und Bezirksbeirats, hatten nur zufällig und kurzfristig – wenige Stunden vor dem Treff – von der Einladung erfahren. Die rund 15 Teilnehmer waren grundsätzlich zufrieden mit ihrem Stadtteil als Wohnort. Doch: "Es fehlt die gewachsene Infrastruktur wie in Handschuhsheim oder anderen Stadtteilen."
Heftige Kritik gab es an der Planung des neuen Stadtteils, in dem die meisten Kinder Heidelbergs leben. Es fehlen Plätze in Kitas, Kindergärten und in der Schule. Manche Eltern müssten sogar Geschwisterkinder in Einrichtungen in verschiedenen Stadtteilen unterbringen. Die Forderung: Kinder sollen in der Nähe Kitas oder Kindergärten besuchen können, sodass sie Freunde in der Nachbarschaft finden. Noch heftiger war die Kritik an der Situation für Grundschüler: "Die Schule platzt aus allen Nähten." Zwar sei das Konzept der inklusiven Beschulung "toll", könne in der Realität unter dem Druck der vielen Kinder aber nicht umgesetzt werden wie geplant: Die Klassen seien dafür zu groß und der Anteil der Kinder mit Beeinträchtigung zu hoch, so ein Vater.
Der Alltag in der Grundschule sei schwierig, wie ein Vater erläuterte. Ein Beispiel: Die Kinder müssten zeitlich streng gestaffelt ihre Mahlzeiten in der Schulmensa einnehmen. Der Schulhof sei zu klein und ohne Schutz vor Sonne in heißen Sommermonaten. Massive Kritik gab es daran, dass vierte Klassen in die Graf-von-Galen-Schule "ausgelagert" wurden. Die Wege seien zu lang. Das Miteinander in der Schule (zum Beispiel mit getrennten Pausen der jüngeren Kinder und älteren Jugendlichen) werde nicht so organisiert wie zugesagt. Ein Besucher warb auch für das Konzept des Miteinanders mit der Graf-von-Galen-Schule: "Dort gibt es schöne Räume und einen großen Pausenhof." Ein anderer Vater erklärte, dass die nächsten Klassen vor dem Wechsel eine Schulung für den Schulweg erhalten sollen. Das beruhigte einen Vater, aber er sagte: "Davon wusste ich nichts." So wurde erneut der Mangel an Kommunikation kritisiert: "Ein Frust, eine große Enttäuschung. Viele Eltern wollen ihren Kindern ein ausgezeichnetes Leben bieten. Das wird abgetan: Man soll sich nicht so anstellen." Doch die Entwicklung der Schulen ist abhängig von den Vorgaben des Regierungspräsidiums. "Das Ärgernis ist verständlich, jedoch hat die Stadt da schlicht und ergreifend keine Handlungsmöglichkeit", so Oberbeckmann.
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Beim Thema "Verkehr" prallten die Interessen aufeinander. Eltern denken an die Sicherheit der Kinder und Berufstätige an kurze Wege per Auto zum Arbeitsplatz. Geschwindigkeitslimits und Parkverbote würden, so ein Vorwurf, weder eingehalten noch kontrolliert. Es wurde auch die Idee erwähnt, dass es für die Bahnstadt ein Parkraumbewirtschaftungskonzept geben könnte. Außerdem gäbe es ungenutzte Parkflächen, die mehr genutzt werden sollten.
Weiteres Problem: Zwar fahren immer mehr Menschen mit dem Fahrrad, aber es fehle auch, wie für alle Themen des Stadtteils, ein Konzept. Wer in der Bahnstadt mit dem Rad unterwegs sei, finde keine guten Radwege. Eine Radlerin sagte: "Ich muss Regeln brechen." So geraten Radler, Autos und Fußgänger regelmäßig in Konflikte. Große Ängste wurden geäußert, dass immer mehr E-Biker mit hohen Geschwindigkeiten durch den Stadtteil und auch direkt an Spielplätzen mit Kindern vorbeifahren. "Könnte man einen niedrigen Zaun aufstellen, um die Kinder zu schützen?"
Außerdem fehlten Geschäfte für den täglichen Bedarf, unter anderem eine Post. Das sei eine Folge der hohen Mieten: Selbst für eine Paket-Station sei die Miete in diesem Stadtteil zu hoch. Stadtteilkoordinatorin Oberbeckmann sagte zu: "Ich finde diese freiwillige Bürgerbeteiligung toll. Ich werde mit den Fachämtern Kontakt aufnehmen. Es wird weitere Quartiersgespräche geben."
Info: Weitere Quartiersgespräche der Stadt sind geplant: Donnerstag, 11. Juli, 18 Uhr, Weststadt, Haus der Christuskirche, Zähringer Straße 26; Dienstag, 16. Juli, 18 Uhr, Quartiersgespräch Pfaffengrund, Gesellschaftshaus, Schwalbenweg 1/2.



