Anschläge auf Mountainbiker: Alpenverein wirbt für gegenseitigen Respekt
Wir sprachen mit Mountainbike-Referatsleiter Alexander Holzwarth und Vorstandsmitglied Michael Hoffmann.

Die mutmaßlichen Anschläge auf Mountainbiker hat die Debatte befeuert, ob und wie eine friedliche Koexistenz von Radlern und Fußgängern im Wald möglich ist. Im Deutschen Alpenverein (DAV) sind beide Gruppen vertreten - allerdings steigt die Zahl der Radler rasant, während die Wanderer immer weniger werden. Auf die Anschläge reagiert die Heidelberger Sektion des DAV, die es seit 1869 gibt, mit der Gründung eines "Arbeitskreis Mountainbiken in Heidelberg", in dem sich Mountainbikegruppen und Forstamt austauschen sollen. Wir sprachen mit Mountainbike-Referatsleiter Alexander Holzwarth und Vorstandsmitglied Michael Hoffmann.
Anschläge auf Mountainbiker im Wald: Gibt es das in Heidelberg öfter?
Hoffmann: Dass Drähte oder Schnüre gespannt werden, ist ein Novum. Quergelegte Baumstämme kommen aber häufiger vor. Manchmal werden auch Steine hinter Kurven gelegt - das ist besonders gefährlich.
Wie erklären Sie sich diese Taten?
Holzwarth: Wir sollten niemanden vorverurteilen. Die Schnüre könnten auch Kinder gespannt haben.
Unbestritten ist, dass es Menschen gibt, die sich über rücksichtslose Radler ärgern. Wo liegt das Problem im Wald?
Holzwarth: Eigentlich gibt es keines: Mountainbiker und Wanderer könnten sich problemlos die Wege teilen. Jedoch herrscht bei manchen Fußgängern leider die Ansicht, der Wald gehöre ihnen allein.
Aber es ist doch verständlich, dass manche sich gestört fühlen durch schnell an ihnen vorbeirasende Biker.
Hoffmann: Ja, deshalb haben wir als Verein ja auch Regeln, die wir unseren Mitgliedern vermitteln. Etwa jene, dass Fußgänger immer Vorrang haben und man nur langsam und mit genug Abstand vorbeifährt.
Jedoch scheint sich nicht jeder Mountainbiker an die Regeln zu halten.
Hoffmann: Natürlich gibt es auf beiden Seiten Leute, die sich rücksichtslos verhalten. Wir versuchen deshalb, aufzuklären und zu vermitteln. Wir plädieren für Respekt statt Verbote.
Holzwarth: Die Zwei-Meter-Regel, die es nur noch in Baden-Württemberg gibt, gehört abgeschafft.
Die Regel besagt, dass man im Wald nur auf Wegen fahren darf, die mindestens zwei Meter breit sind. Was ist schlecht an dieser Regel?
Holzwarth: Wir wollen auf interessanten Pfaden fahren und so die Natur genießen. Gerade das macht ja das Erlebnis Mountainbiken aus. Auf einem breiten Forstweg zu fahren, ist eher wie Rennradfahren, darum geht es uns ja nicht. Die Leute laufen uns deshalb zum Teil schon in andere Bundesländer davon.
Hoffmann: Auch Wanderer sind ja gerne mitten in der Natur unterwegs und nicht auf breiten Waldwegen. Und Mountainbiken ist ja nichts anderes als Wandern - nur eben mit dem Rad.
Hier haben wir also das Interesse der Mountainbiker. Das Interesse vieler Wanderer ist aber nun einmal, nicht über den Haufen gefahren zu werden.
Hoffmann: Landesforstminister Bonde hat im ganzen Ländle lange nach dem Opfer eines "Umfahrunfalls" gesucht - und letztlich nur eines gefunden, das auf einem breiten, asphaltierten Weg von einem Radfahrer erfasst wurde. Diese Unfälle im Wald sind ein Mythos.
Und was sagen Sie zu dem Vorwurf, Mountainbiker würden die Erosion verstärken, also die Zerstörung des Waldbodens?
Hoffmann: Dazu kann ich nur sagen: Am schlechtesten für den Waldboden ist immer noch strömender Regen, der die Wege auswäscht.
Allein in Heidelberg umfasst das Streckennetz für Mountainbiker, das Ihr Verein pflegt, rund 90 Kilometer. Reicht das nicht?
Holzwarth: Davon verlaufen rund 80 Kilometer auf breiten Forstwegen. Mountainbiker wollen die Natur komplett erleben und nicht immer auf den gleichen Wegen fahren. Da reichen zehn Kilometer interessante Pfade nicht.
Sie sagen, die Abschaffung der 2-Meter-Regel würde zu mehr gegenseitigem Respekt im Wald führen. Warum?
Holzwarth: Mit dem Wegfall der Regel würden Wanderer lernen, dass sie nicht alleine das Recht haben, den Wald zu genießen. Ohne dieses Vorrecht würde der gegenseitige Respekt zunehmen.
Hoffmann: Wir müssen nur nach Rheinland-Pfalz schauen, dort ist die Situation eine komplett andere, es herrscht eine viel freundschaftlichere Stimmung im Wald. Statt Verboten gibt es dort ein Miteinander im Wald, das auf Respekt und Rücksichtnahme basiert.
Eine Onlinepetition mit 58.000 Unterschriften, die die Abschaffung der Regel fordert, wurde Anfang Dezember dem Landtag übergeben. Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass die Regel fällt?
Hoffmann: Schwierig zu sagen. Bonde und Kretschmann argumentieren, die Regel schaffe Rechtssicherheit. Aber es ist nun einmal so, dass Mountainbiker auf diesen Pfaden fahren wollen. Die Regel wird täglich gebrochen.
Und das auch bei Mountainbiketouren, die vom DAV veranstaltet werden.
Hoffmann: Ja, es ist eine rechtliche Grauzone. Wenn doch einmal etwas passieren würde, haben wir als Veranstalter ein Problem. Es wäre einfach besser, wenn es umgekehrt wäre: Dass man grundsätzlich auf allen Wegen fahren darf, es sei denn, es gibt für einen bestimmten Pfad ein explizites Verbot.
Was sagen die Wanderer im DAV zu Ihren Positionen?
Das Verständnis ist groß. Wir sind als Verein auf die Mountainbiker angewiesen. Diese Sparte wächst rasant. Das sind die aktiven Mitglieder, die sich einsetzen. Allein durch die Wanderer könnten wir als Verein nicht überleben.



