Heidelberg

Ankunftszentrum soll fest in PHV integriert werden

Leiter Markus Rothfuß will den Standort fest in den lebendigen Stadtteil integrieren.

30.11.2021 UPDATE: 01.12.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 24 Sekunden
Das neue Ankunftszentrum für Geflüchtete ist im Norden von Patrick-Henry-Village geplant (siehe Karte links). Unterdessen ist die bislang bestehende Einrichtung in der ehemaligen US-Siedlung zweigeteilt. Neuankömmlinge werden zunächst isoliert, um größere Coronaausbrüche zu verhindern. Graphik: RNZ-Repro / Foto: Rothe

Von Denis Schnur

Heidelberg. Mehrere Suchläufe, viele Debatten im Gemeinderat und ein eindeutiger Bürgerentscheid: Lange hat es gedauert, doch jetzt sieht es so aus, als hätten sich endlich alle Beteiligten auf einen möglichen neuen Standort für das Ankunftszentrum für Geflüchtete geeinigt.

Die Landeseinrichtung soll in den Norden von Patrick-Henry-Village ziehen, ab Mittwoch befasst sich der Heidelberger Gemeinderat mit dem Vorschlag. Im RNZ-Interview erklärt deren Leiter Markus Rothfuß, was die Lage mitten in einem lebendigen Stadtteil für Folgen hätte.

Herr Rothfuß, seit vier Jahren diskutieren Land und Stadt über einen neuen Standort. Wie groß ist der Stein, der Ihnen vom Herzen fällt, wenn die Zukunft der Einrichtung geklärt ist?

(lacht) Sehr groß! Der Weg zu dieser Lösung war nicht immer leicht, deshalb bin ich froh, wenn wir eine Entscheidung haben. Vor allem würde es mich für alle freuen, die im Ankunftszentrum beschäftigt sind. Die sind sicherlich am erleichtertsten, wenn sie wissen, dass sie weiterhin in Heidelberg arbeiten können.

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Hintergrund

> Im Ankunftszentrum für Geflüchtete registrieren sich alle Asylsuchenden, die in Baden-Württemberg ankommen. Seit 2015 belegt die Einrichtung einen Großteil der US-Siedlung Patrick-Henry-Village im Süden Heidelbergs.

> Patrick-Henry-Village (PHV) soll jedoch in

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> Im Ankunftszentrum für Geflüchtete registrieren sich alle Asylsuchenden, die in Baden-Württemberg ankommen. Seit 2015 belegt die Einrichtung einen Großteil der US-Siedlung Patrick-Henry-Village im Süden Heidelbergs.

> Patrick-Henry-Village (PHV) soll jedoch in den nächsten Jahren zu Heidelbergs 16. Stadtteil werden, weshalb die Landeseinrichtung verlegt werden muss. Stadt und Land hatten sich zunächst auf das Gewann Wolfsgärten als Standort geeinigt. Ein Bürgerentscheid im April 2021 verhinderte die Verlagerung jedoch.

> Als neuer Standort sind nun zwei Grundstücke im Norden von PHV vorgesehen: ein Verwaltungstrakt, der sich entlang der Autobahn A 5 erstrecken würde, sowie ein Unterbringungsbereich. Beide Areale wären durch eine Straße, den Parkway, getrennt.

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Vertreter des Landes – auch Sie – hatten vor dem Bürgerentscheid betont, wie froh man über die Option Wolfsgärten sei. Wie froh sind Sie, dass es jetzt PHV werden soll?

Genauso froh. Uns ist wichtig, dass wir eine Perspektive in Heidelberg haben. PHV hat gegenüber den Wolfsgärten den Vorteil, dass der Standort sehr nahe an unserem jetzigen liegt. Wir waren der Stadt aber schon davor sehr dankbar. Dass sie nun ihre Pläne für den neuen Stadtteil anpasst, das verdient Respekt.

Der neue Standort wäre vermutlich weltweit ein Novum: Es würde erst eine Einrichtung für Geflüchtete entstehen – dann ein neuer Stadtteil daneben.

Dieses Novum bietet wahnsinnig viele Chancen. Das Ankunftszentrum steht ja schon immer dafür, Neues auszuprobieren. Nun wollen wir unser Konzept in einem neuen Stadtteil umsetzen. Das ist natürlich eine Herausforderung und eine große Verantwortung, aber die haben wir noch nie gescheut.

Die Konstellation birgt aber auch Risiken. Direkt an Ihre Einrichtung würden etwa künftig die Offiziersvillen grenzen, wo gehobeneres Wohnen möglich ist. Könnte die Nähe zum Zentrum nicht Interessenten abschrecken?

Natürlich gibt es diese Risiken. Ich sehe aber auch die Chance, dass wir sie – wenn schon nicht ausräumen – zumindest minimieren können. Wir haben jetzt sechs Jahre lang gezeigt, dass man mit uns als Nachbarn gut leben kann. Das werden wir auch in Zukunft beweisen. Unser Ziel ist, dass wir nicht als Fremdkörper in dem Stadtteil gesehen werden, sondern als fester Bestandteil dazugehören.

Nicht nur die Pläne für PHV müssen sich anpassen. Um in den Stadtteil zu passen, soll das Zentrum in zwei Teile getrennt werden. Was bedeutet das für Ihre Arbeit?

Natürlich wäre uns eine zusammenhängende Einrichtung lieber. Aber wir mussten uns dieser Überlegung stellen und so die Bereitschaft der Stadt, den Masterplan zu überarbeiten, honorieren. Wir sind da aber keinen Kompromiss eingegangen, der es uns unmöglich macht, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Die Teile werden ja nur durch eine wenig befahrene Straße getrennt sein.

Markus Rothfuß. Foto: Rothe

Die Trennung hat auch Vorteile: Sie können zumindest bei dem Verwaltungstrakt auf Zäune verzichten, oder?

Jein. Den Registrierungsbereich werden wir wieder begrenzen müssen, um die Privatsphäre der Menschen zu schützen. Aber das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss nicht umzäunt werden, Teile unserer Büros auch nicht. Wie wir das genau umsetzen, wird man sehen müssen. Aber es stimmt: Wir haben nicht den Zwang, jedes Gebäude einzuzäunen.

Sie werden sich künftig mitten in einem lebendigen Quartier befinden. Wie reagieren Sie sonst darauf? Wird es gemeinsam genutzte Einrichtungen geben – etwa Cafés oder Sportplätze?

Das sind Dinge, die man erst im weiteren Planungsprozess festlegen wird, wenn der Gemeinderat nun zustimmt. Klar ist aber, dass wir uns in den Stadtteil integrieren und noch weiter für die Nachbarschaft öffnen wollen als bisher. Wir werden da aktiv den Kontakt suchen. Das haben wir schon in Kirchheim gemacht, aber jetzt sind wir natürlich viel näher dran. Wir wollen keine abgeriegelte Einheit sein, sondern offen zeigen, was wir tun.

Gleichzeitig haben Sie zugesagt, mit weniger Platz auszukommen. Derzeit sind pandemiebedingt jedoch die Kapazitätsgrenzen erreicht. Machen Sie sich keine Sorgen, dass es zu eng wird?

Wir machen uns immer Gedanken über ausreichend Kapazitäten in der Erstaufnahme. Aber in unserem dreistufigen System haben wir ja Ausweichmöglichkeiten. Und wir arbeiten gerade an weiteren Plätzen in der Erstaufnahme – etwa in Mannheim. Außerdem haben wir schon jetzt eine Maximalbelegung von 2000 Personen, da ändert sich nicht viel. Die Wegeflächen innerhalb der Einrichtung werden weniger, aber dafür haben wir einen Stadtteil direkt vor der Tür, wo man sich bewegen kann. Und Sport- und Freizeitflächen wird es auch weiter im Inneren geben. Wir können uns da gut arrangieren.

Wann wird das neue Zentrum eröffnet?

Da kann ich jetzt keine seriöse Aussage machen. Wir sind natürlich alle bemüht, das Ankunftszentrum schnellstmöglich zu realisieren. Aber wir müssen zunächst schnell in die Planung kommen, erst dann sind Schätzungen möglich.

Vieles ist noch offen. Haben Sie Wünsche für den weiteren Ablauf?

Rund um den Bürgerentscheid gab es einen sehr konstruktiven Prozess, in dem gemeinsam mit der Stadt, dem Gemeinderat, der Internationalen Bauausstellung (IBA) und der Bürgerinitiative nach Lösungen gesucht wurde. Ich würde es sehr begrüßen, wenn das so weiterlaufen würde. Denn wir haben ja noch einige Herausforderungen vor uns.

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