Altstadtlärm: Stadt und Anwohner zanken sich um Lärmgutachten
Ehepaar droht der Verwaltung mit Zwangsvollstreckung.

Der Lärm in der Altstadt sorgt wieder für hitzige Diskussionen. Aktuell droht ein Anwohnerehepaar in der Kettengasse der Stadt mit einem Zwangsgeld. Der Grund: Die Verwaltung weigere sich, die Zwischenergebnisse eines Lärmgutachtens vorzulegen und verstoße damit gegen einen Vergleich, den die Anwohner vor knapp einem Jahr mit der Stadt vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim geschlossen hätten.
Seit mehr als vier Jahren kämpfen Sabine und Götz Jansen schon für ihre Nachtruhe. In ihrer Straße liegt die "Tangente", die wie auch die anderen Diskotheken von der Sperrzeit für Altstadtkneipen ausgenommen ist (siehe Hintergrund). Auf der Internetseite www.heidelbergeraltstadtlaerm.de veröffentlicht das Ehepaar Schallpegelkurven aus eigenen Messungen. Die Grenzwerte der Verwaltungsvorschrift "TA Lärm" (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm), die in Kerngebieten wie der Altstadt zwischen 22 und 6 Uhr maximal 45 Dezibel im Mittel betragen dürfen, wären damit in der Kettengasse häufig überschritten. Deshalb klagten die Jansens gegen die Heidelberger Sperrzeitregelung.
Die Richter vermissten zwar eine Begründung für die Heidelberger Regelung, die von den landesweiten Sperrzeiten abweicht. Im Falle eines Urteils hätte dies aber auch bedeuten können, dass der Verwaltungsgerichtshof den Sonderweg in der Altstadt kippt. Dann hätten nicht nur die Discos, sondern auch die normalen Kneipen länger geöffnet. Daher stimmten die Anwohner einem Vergleich zu. "Wir sollten in Abstimmung mit den Klägern eine Lärmberechnung für die Altstadt durchführen", erinnert sich Bürgermeister Wolfgang Erichson an die Vergleichsvereinbarung.
In der Folge beauftragte die Stadt ein Ingenieurbüro. Grundlage für die Lärmberechnung sollten Parameter wie Gästezahlen, Größe der Kneipen und Publikum auf der Straße sein. Die Wirte wollten sich an der Umfrage aber nicht beteiligen. Daher, so Erichson, habe man sich für eine Lärmberechnung nach Aktenlage entschieden. Eine Lärmmessung überall in der Altstadt sei viel zu aufwendig.
Das Zwischengutachten liegt nun vor. Die Stadt will es aber noch nicht an die Anwohner herausgeben, sondern erst einmal die Parameter mit den Jansens absprechen. Erichson befürchtet, dass das vorläufige Ergebnis sonst gleich in der Öffentlichkeit lande. Es habe mehrere Gesprächsangebote vonseiten der Stadt an die Jansens gegeben. Das Ehepaar mache seine Kooperation aber davon abhängig, dass die Sperrzeit für die Diskotheken zuvor verlängert werde.
Nun drohen die Anwohner mit der Zwangsvollstreckung. Die Stadt sei verpflichtet, die Berechnung vorzulegen, das Zwangsgeld könne bis zu 10.000 Euro betragen. Erichson sieht dies als leere Drohung an. Die Stadt halte sich an den Vergleich. Man sei um eine Kooperation bemüht und werde die Endergebnisse der Lärmberechnung vorlegen. Sabine und Götz Jansen wollten sich nicht zu den gescheiterten Verhandlungen äußern.



