Altstadt-Wirt siegt im Streit um Sperrzeiten gegen die Stadt

Der Pächter der Sonderbar wurde freigesprochen, da die Verwaltung ihre eigene Sperrzeitregelung nicht kannte.

11.09.2013 UPDATE: 11.09.2013 08:00 Uhr 1 Minute, 32 Sekunden
Für die Altstadt gelten eigene Sperrzeitregelungen. Foto: Hoppe
Von Holger Buchwald

Michael Markert ist das Schlitzohr unter den Altstadtwirten. Wenn es um seine Interessen als Gastronom geht, weiß der gewiefte 71-Jährige bestens Bescheid. Kein Wunder, er selbst hat einst Jura studiert, war beim Examen in seinem Jahrgang der Beste in ganz Baden-Württemberg. Jetzt pochte der Pächter der Sonderbar in der Unteren Straße auf sein Recht - und wurde von Amtsrichterin Melanie Sammari freigesprochen.

350 Euro Bußgeld hatte die Stadt Heidelberg von Markert verlangt, weil er angeblich gegen die Sperrzeitregelung verstoßen hatte (siehe Hintergrund). Eine Polizeistreife hatte in der Nacht zum 1. Mai nämlich die Kneipen in der Unteren Straße kontrolliert. Nach der Auffassung der Stadtverwaltung hätte der Wirt bereits um 2 Uhr sein Lokal schließen müssen, doch um 4.10 Uhr herrschte in der Sonderbar wie auch gegenüber in der Destille immer noch Hochbetrieb. "Der Laden war noch brechend voll", erinnert sich Markert. Deshalb dachte er überhaupt nicht daran, seine Kneipe vor 5 Uhr zu schließen.

Die Polizei informierte die Stadt, doch Markert und sein Rechtsanwalt Lothar Kaufmann legten gegen den Bußgeldbescheid Widerspruch ein. Kurz vor der Verhandlung am Amtsgericht zeigten sie sich siegessicher. "Die Stadt kennt ihre eigene Vorschrift nicht", wundert sich Kaufmann.

Für die gesamte Altstadt gilt wegen der Lärmproblematik eine Sperrzeitverlängerung. Dies regelte der Gemeinderat in einer eigenen Rechtsverordnung und änderte somit die Gaststättenverordnung von Baden-Württemberg. Die Ausnahmen für die Nacht zum Fastnachtsdienstag, zum 1. Mai und für die Silvesternacht blieben dadurch jedoch unberührt. Für diese drei Sondertage gelten in der Altstadt daher immer noch die üblichen Landesregelungen. Markert hatte Recht und durfte die Sonderbar bis 5 Uhr offen lassen. Von der nun aufgetretenen Gesetzeslücke in der Sperrzeitregelung war selbst Bürgeramtsleiter Bernd Köster überrascht. Nun müsse man mit dem Gemeinderat diskutieren, wie damit in Zukunft zu verfahren sei.

Richterin Sammari wunderte sich in der Verhandlung über die Höhe des Bußgelds. In einem internen Vermerk der Stadtverwaltung stand auf Markerts Bußgeldbescheid handschriftlich "Wiederholungstäter", doch das Gericht hatte keine früheren Verstöße gegen die Sperrzeit dokumentiert. Wegen der eindeutigen Rechtslage sei Markert freizusprechen, so Sammari: "Wenn die Stadt künftig etwas anderes möchte, muss sie nachbessern."

Es war nicht das erste Mal, dass der Wirt einen Rechtsstreit gegen die Stadt gewann. Als ihm verboten wurde, während des Heidelberger Herbstes eine Bühne aufzustellen, ließ er vor zwei Jahren die AC/DC Coverband "Dirty Deeds" prompt aus dem ersten Stock seiner Wohnung in der Unteren Straße spielen.

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