Corona-Krise

Die Heidelberger Kinos bangen um ihre Existenz

Ein zweiter Lockdown könnte für die Kinos der Todesstoß sein. Die bisherigen Hilfen sind aufgebraucht.

21.10.2020 UPDATE: 22.10.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 15 Sekunden
Erst waren sie wochenlang geschlossen, dann durften die Kinos in Heidelberg wie das Gloria in der Hauptstraße (s. unser Bild) wieder öffnen – unter Coronabedingungen, versteht sich. Dennoch bangen Kinobetreiber nun erneut um ihre Existenz. Foto: Philipp Rothe

Von Ruth Lang Fuentes

Heidelberg. Die Corona-Infektionszahlen steigen, viele Kulturveranstaltungen werden abgesagt oder ins Internet verlegt. Virologen und Politiker nennen den erneuten Anstieg die "zweite Welle". Wenn sich die Situation verschlimmert, ist vor allem gefährdet, was ohnehin schon auf sandigem Boden steht – und dazu zählen auch die Kinos. Im März schon waren die Heidelberger Lichtspielhäuser aufgrund der hohen Infektionsrate gezwungen, für mehrere Monate zu schließen. Seit Juli haben nun das Luxor in der Bahnstadt, Karlstorkino und Gloria/Gloriette in der Altstadt sowie die Kamera in Neuenheim unter strengen Hygiene- und Abstandsvorschriften wieder geöffnet.

Doch bleibt das auch so? Ingo Meis, Theaterleiter des Luxor, treibt der Gedanke an einen zweiten Lockdown den Angstschweiß auf die Stirn. Denn dann sei nicht klar, ob selbst ein größeres Kino wie seines diese Krise überleben würde – geschweige denn die kleineren. "Kämpfen und durchbeißen", so lautet die Devise von Inge Mauerer-Klesel, Geschäftsführerin von Gloria/Gloriette und Kamera. Im Moment ist jedoch höchstens eine Auslastung von einem Viertel der Plätze erlaubt. Die Situation sei "frustrierend", meint auch Joachim Kurz vom Karlstorkino. Bei ihm sei die Anzahl der Besucher öfter im einstelligen Bereich. Im Gloria sind über den Sommer mehr als die Hälfte der Veranstaltung sogar komplett ausgefallen, weil erst gar niemand gekommen ist.

Als Grund dafür nennen die Betreiber einerseits die Unsicherheit in der Bevölkerung. Meis erklärt: "Die Leute sind vorsichtiger, das merkt man." Dabei sei offiziell bundesweit kein Fall einer Infektion im Kino bekannt, wundert sich Mauerer-Klesel. Ein weiteres Problem, da ist man sich beim Gloria und Luxor einig, ist das fehlende aktuelle Filmangebot auf dem Markt. Nachdem der Blockbuster "Tenet" des Erfolgsregisseurs Christopher Nolan ein kleiner Lichtblick war, wurden alle weiteren großen Filmstarts wie der neue "James Bond" oder "Dune" des kanadischen Filmemachers Denis Villeneuve verschoben. "Das ist schlecht für die Publicity", findet Mauerer-Klesel. Das Karlstorkino hingegen bekommt dies als kommunales Kino nur indirekt zu spüren. "Das betrifft uns nicht, wenn ein ,Bond’ verschoben wird", sagt Kurz. Trotzdem liege mehr Aufmerksamkeit auf dem Kino, wenn auch guter Mainstream laufe.

Einige Filme wie die Neuauflage des Disney-Klassikers "Mulan" kommen gar nicht mehr auf die große Leinwand. Streamingportale standen schon vor der Corona-Krise den Kinos als Gegenspieler gegenüber. Doch Streamingdienste scheinen immerhin keine tödliche Gefahr darzustellen. Kurz sieht eine "Chance zur friedlichen Koexistenz". Auch Meis meint: "Der Cineast möchte den Film auf der großen Leinwand sehen." Und weiter: "Die schweren Zeiten für das Kino kommen von Corona, sonst wäre es ein ganz normales Geschäft." Die Frage sei viel mehr, wie viele Kinos die Corona-Phase überleben. Vonseiten der Regierung gebe es zwar Hilfspakete, die seien aber schwierig zu beantragen, die Finanzhilfen zu gering und sie kämen oft zu spät.

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Für das Luxor waren die Hilfen "wie ein Tropfen auf den heißen Stein", berichtet Meis. Auch Mauerer-Klesel erklärt: "Die Zuschüsse waren hilfreich, aber nicht ausreichend – und sie sind außerdem schon längst verbraten." Die immensen Nebenkosten laufen weiter. Viele Kinos überlegen deswegen sogar, aufgrund der geringen Besucherzahlen gar nicht zu öffnen, so Kurz. Dennoch treffe die Krise die Kommunalkinos nicht so stark: "Als kommunales Kino wird man von den Kommunen gefördert, ist somit nicht so sehr auf Gewinne angewiesen", erzählt er. Trotzdem schwebe "ein Damoklesschwert" über einem, denn solche Fördergelder könnten in solch einer Krisenzeit auch jederzeit gekürzt werden.

"Überleben werden wir die Krise schon, die Frage ist nur wie", lautet Kurz’ Fazit. Die kommenden Monate jedenfalls und die Entwicklung der Infektionszahlen in Heidelberg werden entscheidend sein. Ein rettender Superagent, auch so viel ist klar, ist zurzeit nicht in Sicht.

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