Barcamp Rhein-Neckar: Neue Ideen und Perspektiven im Dezernat 16
Rund 150 Teilnehmer des "Barcamp Rhein-Neckar" im Dezernat 16 besuchten 35 Sessions und Vorträge: Von der Polyamorie über Mailverschlüsslung und Stimmtraining bis hin zum "Freifunk"

Beim "Barcamp" ging es darum, Ideen auszutauschen, um sie zu verwirklichen - so wie im Vortrag von Johanna Illgner über Hass in Internet-Kommentaren. Foto: Alexander Schäfer
Von Daniela Biehl
Kurz vor Ende einer Konferenz auf die Uhr zu schielen, ist nicht weiter ungewöhnlich - in der Turnhalle des Dezernats 16 aber schon. Denn niemand will gehen und so müssen die Teilnehmer der Session "Cool Ideas Society" schon fast aus dem Raum geworfen werden. Es ist "Barcamp", jeder Redner hat 45 Minuten für seinen Vortrag oder für eine interaktive Diskussionsrunde. Dann kommt der Nächste. Das Besondere: Es sind keine geladenen Referenten, die das Programm gestalten. Denn das machen die Teilnehmer des "Barcamps" - eine Mischung aus Bloggern und Start-up-Gründern - selbst.
Wer einen Vortrag halten wollte, stellte sein Thema in wenigen Sätzen vor. Gab es genügend potenzielle Zuhörer, kam es auf den Stundenplan. 35 solcher Sessions, immer sieben zur gleichen Zeit, gab es an diesem Tag. Die "Cool Ideas Society" war eine davon, und die startete gleich mit einer Art Speed-Dating. Begegnung sei ja schließlich das Motto des Barcamps. So erzählte man sich ein paar Anekdoten über die Heimat, das liebste Urlaubsland oder über die letzte Lektüre. Dann ging es auch schon um Ideen und um Träume. Von der "Cool Ideas Society" hatte Sascha Bilert im Internet erfahren, war zu ihren Treffen nach Köln gefahren - und hat sie jetzt für die Rhein-Neckar-Region gegründet.
Der Gedanke dabei: "Menschen mit Ideen zu helfen, sie zu verwirklichen. Weil es immer auch noch andere gibt, die mit ihrem Wissen dazu beitragen können." Im Prinzip also dieselbe Intention, die auch das Barcamp verfolgt. Deshalb ist Bilert dort und macht eine Session - zur "Cool Ideas Society". Im Workshop stellten Teilnehmer ihre Ideen vor. So auch ein junger Mann den "Freifunk", der freie Wlan-Netze in Eigenregie aufbaut. Die anderen gaben Tipps zur besseren Vermarktung. Im Raum nebenan dreht sich alles um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. "Da geht es nicht nur um Kinder, sondern auch um die Pflege von Angehörigen", twittert "@B00K_geek" live vom Barcamp. Überhaupt ist jeder hier beim Nachrichtendienst "Twitter", kommentiert die Vorträge oder zitiert aus ihnen. Es wurde sogar so viel geschrieben, dass das Event regelrecht zum Twitter-Trend wurde - das heißt, deutschlandweit wurde das Stichwort fürs Barcamp zum meistgenutzten auf der Plattform - und das für fast sechs Stunden.
Was am Barcamp fasziniert? "Dass man Neues hört. Es ist keine Konferenz, die sich selbst vermarkten will", berichtet Johanna Illgner. Sie selbst hielt einen Vortrag zum Hass im Internet. "Ohne Moderation kann längst nicht mehr jeder mitmischen oder will es gar nicht bei allem, was da abgeht. Dem ganzen Hass." Illgner nun aber sitzt ganz entspannt in der Sonne, plaudert mit Jens Kramer, der gerade erst in ihrer Session war, noch etwas überrascht - "dass manche sogar mit Klarnamen so krasse Hassparolen schwingen, hätte ich nicht gedacht" - und dazwischen genießt sie einen Kaffee und meint: "Das ist der Barcamp-Spirit. Die Begegnung, aber auch der Austausch. Der Wechsel der Perspektiven."
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Kramer mag vor allem die "lockere Atmosphäre". Von dem Event hatte er natürlich aus dem Internet erfahren. Und wo er jetzt nun einmal hier sei, will er auch alles mitnehmen. So viele Sessions wie möglich. Und da gab es zahlreiche, von Vorträgen über alternative Lebensformen - der Polyamorie (mehrere Menschen zur selben Zeit zu lieben) beispielsweise - bis hin zu Mailverschlüsslung oder einem kleinen Stimmtraining.
Hier ein Timelapse-Video des Barcamp-Rhein-Neckar
Quelle: https://www.youtube.com/channel/UCg6SxprmBBGhUhFTHFLoKMg