"Leben und Sterben der Grünflächen in Heidelberg"
Ein aufwendiger Film des Naturschutzbundes widmet sich den Grünflächen in Heidelberg.

Von Jannik Wilk
Heidelberg. Heidelberg hat viel Grün um sich. Die Stadt wird beherrscht vom mächtigen Königstuhl auf der einen und vom Heiligenberg auf der anderen Seite des Neckars. Die meiste Zeit des Jahres sind ihre Hänge üppig bewachsen. Wie aber steht es um die Heidelberger Stadtteile? Gibt es genügend Oasen im engen Korsett der Altstadtgassen? Was passiert in Rohrbach oder Handschuhsheim? Wie denken Rollstuhlfahrer, Senioren, Kinder und Flaneure?
Der Naturschutzbund Heidelberg (Nabu) hat sich diesen Fragen angenommen. Dabei entstand ein Film, der vom "Leben und Sterben der Grünflächen in Heidelberg" erzählt. Am vergangenen Sonntag war Premiere, coronabedingt nicht im Kino, sondern im Livestream auf Youtube. Dort und auf der Website des Nabu Heidelberg ist er seitdem zu sehen. Während der rund 40 Minuten Spielzeit besuchen die Aktivisten belebte und triste Orte, zufriedene und enttäuschte Bürger, Waldstücke, Parks und Äcker, um die Anwohner kämpfen müssen: "Wir wollen mit dem Film sensibilisieren", so Martha Ninov vom Nabu Heidelberg.
Sensibilisieren wofür? Die Stadt Heidelberg hat einen Grünflächenanteil von siebzig Prozent. Doch so grün wie es Postkartenmotive und Amtsbroschüren vermuten lassen, fühlt es sich für die Heidelberger nicht an. Nur dreißig Prozent des Stadtgebietes sind besiedelt. Wenige Bäume wurzeln in den Wohnquartieren. Kirchheim ziert zwar ein grüner Gürtel, innerhalb des Viertels aber sieht es mau aus mit Pflanzen. Von der Bahnstadt ganz zu schweigen.
Die wenigen Grünflächen, die den Bewohnern in den Vierteln zugänglich sind, sind nicht selten von Bebauung bedroht. In den vergangenen Jahrzehnten verdichtete sich die Stadt weiter. Dem Bau einer Umgehungsstraße opferte Ziegelhausen etwa einst das Gros seiner quartiereigenen Natur. Um die wenigen Parks, Wiesen, Äcker und Gärten zu erhalten, engagieren sich zahlreiche Bürgerinitiativen. Sie sind laut Nabu der Grund, warum die Bagger das ein oder andere Grün noch nicht ereilt haben.
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Den beliebten Montpellierplatz in der Altstadt etwa. 2010 drohte der Park vom damals geplanten Kongresszentrum plattgemacht zu werden. Die Stadthalle sollte nämlich durch einen Anbau erweitert werden. Eine Bürgerinitiative verhinderte das. "Der Montpellierplatz lockert die ganze Umgebung etwas auf. Wir haben hier eine Oase, die in heißen Sommern Kühle bringt. Die großen Bäume tragen dazu bei. Er ist unbedingt erhaltenswert", meint der Anwohner Dieter Strommenger im Film des Nabu.
In einigen Stadtteilen lohnt sich die Mühe besonders: Die ehemalige Wohnsiedlung der Amerikaner in Heidelberg, das Patrick-Henry-Village, besteht noch zu zwei Dritteln aus Grünfläche. Geplante Umbauten sehen laut den Umweltschützern jedoch eine Halbierung vor. Der Großteil der in den 1950ern erbauten Häuserblocks soll abgerissen werden, der neue entstehende Stadtteil zudem auf Kosten von fruchtbaren Ackerflächen vergrößert werden. Eine Maßnahme, die nicht nur Umweltschützern sauer aufstößt, sondern auch Historikern fragwürdig erscheinen könnte. Schließlich bliebe dann von einem lebendigen Teil Heidelberger Geschichte nur noch wenig übrig.
Der Film, den der Nabu Heidelberg hier vorlegt, ist ein Fingerzeig in Richtung der lebenswichtigen Bindung zwischen Mensch und Natur. Da verzeiht man auch einen zum Teil kitschigen Pathos, oder dass manche Einwände nicht beleuchtet werden. Das muss ein Film von Umweltaktivisten nicht leisten.
Info: Der Film kann online unter https://youtu.be/RpzrttM5Ixw kostenlos angesehen werden.