Region Wiesloch

So arbeiten die Zahnärzte in Corona-Zeiten

Die RNZ hörte sich bei Zahnärzten um - "Bei uns läuft es langsam wieder an" - Wie sieht die Behandlung in Corona-Zeiten aus? Welche Herausforderungen sind zu meistern?

03.07.2020 UPDATE: 04.07.2020 06:00 Uhr 3 Minuten, 7 Sekunden
Zahnarzt Ingo Etz in seiner Rauenberger Praxis. Er musste wie seine Kolleginnen und Kollegen auch finanzielle Verluste hinnehmen und hofft nun wieder auf einen Aufschwung. Foto: Agnieszka Dorn

Von Agnieszka Dorn

Rauenberg/Wiesloch/Mühlhausen. Der Mund-Nasen-Schutz sitzt, die Lupenbrille ist in Position, je nachdem sind die Haare mit einer medizinischen Haube bedeckt und ein zusätzliches Gesichtsvisier gibt es auch. Die zahnärztliche Behandlung kann losgehen – wenn möglich natürlich schmerzfrei für den Patienten. Zahnärzte sind neben Hals-Nasen-Ohren-Ärzten diejenigen, die "am nächsten dran sind am Menschen", Distanz ist hier nicht möglich. Die ohnehin schon strengen Hygienemaßnahmen wurden daher im Zuge der Coronapandemie nochmals verschärft. Die RNZ hat sich in der Zahnarztpraxis Ingo Etz in Rauenberg, der Gemeinschaftspraxis Dr. Michalski-Paul und Dr. Kraus in Wiesloch sowie der Mühlhausener Gemeinschaftspraxis Dr. Schöttler und Taube umgehört, wie sie seit Ausbruch der Pandemie arbeiten und welche Herausforderungen zu bewältigen sind.

"Zahnärzte haben schon immer mit Viren und Aerosolen zu tun, daher waren Hygienemaßnahmen schon immer sehr hoch", sagt Zahnarzt Ingo Etz von der gleichnamigen Praxis in Rauenberg. Ingo Etz war vor einigen Monaten auf Covid-19 positiv getestet worden, infiziert hatte er sich beim Skifahren in St. Anton in Österreich, erzählt er. Damals musste jeder, der aus einem Risikogebiet zurückkam, sich umgehend testen lassen – der Test fiel positiv aus und Ingo Etz musste in eine zweiwöchige Quarantäne.

Die Praxis war für zwei Wochen geschlossen. Außer Geschmacksverlust, der etwa drei Tage dauerte, habe er keine weiteren Symptome gehabt, berichtet er. Es hatten sich weder Mitarbeiter noch Patienten angesteckt. Ein Antikörpertest auf Covid-19 fiel ebenfalls positiv aus, was bedeutet, dass der Körper Antikörper gegen das Virus gebildet hat.

Auch Zahnarztpraxen waren vom Lockdown betroffen und durften nur Schmerzpatienten behandeln, alle anderen Behandlungen wurden verschoben. Für alle drei genannten Praxen bedeutete das einen finanziellen Verlust bei laufenden Ausgaben, eine Soforthilfe gab es bei Zahnärzten nicht, sondern eine Art Kredit, der zurückgezahlt werden muss. Die Mitarbeiter der drei Praxen waren beziehungsweise sind teilweise noch in Kurzarbeit. "Bei uns läuft es langsam wieder an", sagt Ingo Etz, es gebe Patienten, die nach wie vor noch verunsichert seien und mit Behandlungen warten. Der Zahnarzt hofft nun wieder auf einen Aufschwung.

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Die Zahnarztpraxis achtet darauf, dass die Patienten nicht im Wartezimmer verweilen müssen und plant Termine mit entsprechender Zeitspanne ein. Und dass von einem bestimmten Pharmakonzern keine Anästhetika zur örtlichen Betäubung mehr zu bekommen sind, weil der Konzern derzeit mit der Entwicklung eines Impfstoffs gegen Covid-19 beschäftigt ist, sei ebenfalls kein Problem: "Keine Sorge, wir haben genug Betäubungsmittel von anderen Herstellern", so Ingo Etz augenzwinkernd.

In voller Montur arbeitet die Wieslocher Praxis Dr. Michalski-Paul und Dr. Kraus: Die Zahnärztinnen tragen bei der Behandlung einen Schutzkittel, eine medizinische Haube über den Haaren (damit sich das Virus dort eventuell nicht festsetzt), eine filtrierende Halbmaske (FFP2) und darüber noch ein Schutzvisier. Unter dem Schutzvisier befindet sich zudem eine Lupenbrille, um den Zahn besser sehen zu können. Handschuhe und Mund-Nasen-Bedeckung hätten ohnehin längst zur festen Hygieneausstattung in jeder Zahnarztpraxis gehört, sagt Zahnärztin Kerstin Kraus.

"Wir haben bereits reagiert, bevor die Zahnarztpraxen den Betrieb herunterfahren mussten, und unsere Behandlungen auf Schmerzpatienten reduziert", erklärt Zahnärztin Eva-Isabelle Michalski-Paul. Dank Michalsi-Pauls Bruder, der Chirurg am Universitätsklinikum in Halle ist und über die Entwicklungen der Pandemie gut informiert war, handelte die Wieslocher Zahnarztpraxis relativ früh und bestellte etwa die FFP2-Masken, bevor sie auf dem Markt nicht mehr zu bekommen waren.

Die Hygienemaßnahmen sind in der Praxis streng, neben den gängigen Maßnahmen wie Händedesinfektion wird auch hier darauf geachtet, dass Patienten im Wartezimmer nicht warten müssen. Finanziell spürbar ist auch hier der heruntergefahrene Behandlungsbetrieb während des Lockdowns. Und man ist froh, alle Behandlungen wieder durchführen zu können. Auswirkungen der entfallenen Behandlungen bekommen übrigens auch die Zahnlabore zu spüren – die Nachfrage an Kronen und Brücken ging in den letzten Monaten zurück, so Kerstin Kraus.

"Für unsere Patienten bestand zu keiner Zeit ein erhöhtes Risiko", sagt Dirk Schöttler von der Zahnarztpraxis Dres. Schöttler und Taube aus Mühlhausen. Die Gemeinschaftspraxis hat seit Ausbruch der Pandemie die Hygienevorschriften nochmals aufgestockt, auch hier wird mit FFP2-Masken und Gesichtsvisieren sowie Lupenbrille gearbeitet und auch hier schützt eine Haube über den Haaren davor, dass sich der Virus eventuell dort nicht festsetzt. Zu Beginn der Pandemie habe man allerdings Probleme gehabt, die FFP2-Masken zu bekommen – man hätte die Zahnärzte diesbezüglich besser unterstützen sollen, meint Dirk Schöttler.

Mehr Unterstützung hätte sich die Zahnarztpraxis auch von der Bundesregierung gewünscht, und zwar, was die finanzielle Unterstützung während des Lockdowns betrifft. Während für alle Soforthilfen ausgearbeitet worden seien, habe es das in dieser Form für Zahnärzte nicht gegeben, bedauert Dirk Schöttler. Von der Landesärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung und durch den CDU-Landtagsabgeordneten Karl Klein habe sich die Gemeinschaftspraxis hingegen sehr unterstützt gefühlt, betont der Zahnarzt, der durch den heruntergefahrenen Betrieb dennoch hohe finanzielle Einbußen hinnehmen musste. Mittlerweile laufe die Praxis aber vom Patientenaufkommen her fast wieder normal.