Wenn es dem Körper nicht schmeckt: Manche Nahrungsmittel machen krank
Ein nicht geringer Teil der Deutschen leidet unter einer Nahrungsmittelunverträglichkeit wie Laktoseintoleranz oder Zöliakie. Doch nicht jedes Bauchweh ist eine Unverträglichkeit.
Von Alexandra Bülow
Ulm (dpa) Wer heutzutage Gäste zum Essen einlädt, kann das Kochbuch eigentlich gleich weglegen. Ein Medizinfachbuch wäre passender. Denn der Eine weist auf seine Laktoseintoleranz hin, der Nächste berichtet davon, Fruchtzucker nicht zu vertragen. "Etwa 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung in Deutschland leiden unter einer Nahrungsmittelunverträglichkeit", sagt Dagmar Mainz vom Bundesverband Niedergelassener Gastroenterologen. Doch nicht jedes Bauchgrimmen ist eine Unverträglichkeit, sondern kann an unausgewogener Ernährung oder zu schnellem Essen liegen. Aber viele Menschen doktern herum und lassen Nahrungsmittel weg. "Das führt zu einer einseitigen Ernährung, obwohl es vielleicht gar nicht nötig ist oder etwas anderes hinter den Beschwerden steckt", erklärt Mainz. Sie rät: Ab zum Arzt!
Laktoseintoleranz: Etwa 15 bis 20 Prozent der Deutschen sind betroffen. Ursache ist ein Mangel des Enzyms Laktase, das den Milchzucker, die Laktose, im Darm aufspaltet. Laktase kann fehlen oder zu wenig vorhanden sein, so dass die Einen schon bei kleinsten Mengen Bauchschmerzen bekommen, andere ein gewisses Maß an Milchprodukten vertragen. "Daher sind Empfehlungen, nur noch laktosefreie Kost zu sich zu nehmen, nicht zielführend", sagt Christiane Schäfer, Diplom-Oecotrophologin in Hamburg.
Nun gibt es Laktase-Tabletten und laktosefreie Produkte. "Es ist individuell und von Mal zu Mal verschieden, wie lange der Transport der Kapseln und der Nahrung zum Dünndarm dauert, so dass Nahrung und Laktase nicht immer optimal zusammenkommen", erklärt Mainz. Laktase-Kapseln könnten die Beschwerden so meist nur zum Teil lindern, was auch für laktosefreie Produkte, die einen kleinen Rest Milchzucker enthalten, gelte. Wenn ein Betroffener mit Tabletten und Produkten gut klarkommt - umso besser.
Fruktoseintoleranz: Zu unterscheiden ist die hereditäre Fruktoseintoleranz - eine seltene und erbliche Störung des Fruktosestoffwechsels - und die intestinale Fruktoseintoleranz. Bei letzterer kann man Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall bekommen, wenn man große Mengen Obst oder Säfte zu sich nimmt. Fruktose wird im Darm über Transport-Proteine aufgenommen. Diese Transporter können gestört sein, große Mengen Fruktose überlasten die Transporter, oder sie werden durch Alkohol oder Sorbit gehemmt. "Auf Obst muss man nicht verzichten", sagt Jörg Kleine-Tebbe von der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie in Aystetten. Die großen Mengen sollte man nur reduzieren.
Zöliakie: Die chronische Autoimmunerkrankung des Dünndarms beruht auf einer Unverträglichkeit gegenüber dem in Getreide enthaltenen Klebereiweiß, dem Gluten, die zu einer Entzündung der Dünndarmschleimhaut führt. Laut der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft in Stuttgart (DZG) bilden sich die Dünndarmzotten zurück. So werden weniger Nährstoffe aufgenommen. Die Folge sind Mangelerscheinungen, die sich vielfältig zeigen können. Betroffen seien in Deutschland rund 400 000 Menschen. Nur 10 bis 20 Prozent der Betroffenen haben bekannte Symptome wie Bauchweh und Gewichtsverlust.
"80 Prozent leiden unter anderen Beschwerden wie unerfüllter Kinderwunsch oder Osteoporose", erklärt Schäfer – und kaum einer kommt dabei auf Zöliakie. Betroffene müssen lebenslang Nahrungsmittel meiden, die Gluten enthalten. So können sich die Zotten regenerieren. Das heißt, kein Weizen, Dinkel, Roggen und Gerste mehr. Reis, Mais und Hirse sind glutenfrei, ebenso Obst und Gemüse, Fleisch, Milch, Kartoffeln in unverarbeitetem Zustand.
Kreuzallergie: Vor allem Allergiker, die unter einer Pollenallergie leiden, vertragen Nüsse, Apfel, Birne oder Kirsche nicht. "Das Immunsystem reagiert auf pollenähnliche Proteinstrukturen in Nahrungsmitteln", erklärt Schäfer. "Diese führen bei Verzehr zur Ausschüttung von Botenstoffen, die entzündungsähnliche Schleimhautreaktionen auslösen." Vor allem, wer auf Birkenpollen reagiert, hat häufig eine solche Kreuzallergie.
Einige Allergene werden laut dem Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) durch Erhitzen, Zerkleinern oder Säuern zerstört. Apfel-Allergiker sollten es mit Apfelkuchen oder –kompott statt mit einem rohen Apfel probieren. Nüsse, Sellerie oder Erdnüsse hingegen seien hitzestabil. Hier müssen Allergiker verzichten.
Allergien gegen Kuhmilch, Hühnerei und Soja kommen vor allem im Säuglings- und Kleinkindalter vor, sagt Kleine-Tebbe. Dies lasse mit zunehmendem Alter nach, da das Immunsystem lernt, mit diesen Stoffen umzugehen. "Viele Menschen, die als Kind eine Nahrungsmittelallergie hatten, bekommen aber als Erwachsene Heuschnupfen." Mainz ergänzt: "Allergien auf Erdnuss oder Fisch kommt nur bei etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung vor." Dennoch hätten Allergien zugenommen, wie Kleine-Tebbe feststellt. Der Grund könnte sein, dass wir es mit der Hygiene übertreiben. Je mehr das Immunsystem von klein auf mit Keimen in Berührung kommt, desto besser kann die Abwehr trainieren.