Bei Impfungen hakt es
Doch bei Pneumokokken- und Grippe-Impfstoff gibt es Probleme

Von Constanze Werry
Einmal impfen bitte! Aber im Moment ist das zumindest bei Pneumokokken und Influenza – also der echten Grippe – offenbar gar nicht so einfach. Mit der Corona-Pandemie im Nacken rieten und raten Experten Risikogruppen wie beispielsweise Älteren oder immungeschwächten Personen zur Impfung gegen Pneumokokken und Grippe. Aber auch so mancher, der nicht zu einer Risikogruppe gehört, will in diesem Jahr nicht auf eine Impfung verzichten. Die Nachfrage sei derzeit sehr groß, bestätigt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Bei der Versorgung kommt es aktuell teilweise zu Problemen – aus unterschiedlichen Gründen.
Hintergrund
Lieferengpässe
Einen Lieferengpass definiert das Paul-Ehrlich-Institut als eine voraussichtlich über zwei Wochen hinausgehende Unterbrechung der Auslieferung durch den Hersteller im üblichen Umfang oder als eine unerwartete, deutlich vermehrte
Lieferengpässe
Einen Lieferengpass definiert das Paul-Ehrlich-Institut als eine voraussichtlich über zwei Wochen hinausgehende Unterbrechung der Auslieferung durch den Hersteller im üblichen Umfang oder als eine unerwartete, deutlich vermehrte Nachfrage, der der Hersteller nicht angemessen nachkommen kann. Verbraucher können einen solchen Engpass dem Paul-Ehrlich-Inistut unter www.pei.de melden. (csw)
Grippe
Schwer zu bekommen sind laut Dr. Ursula Sellerberg von der ABDA momentan Einzeldosen, die vor allem von Privatpatienten in Anspruch genommen werden. Bei Haus- und Kinderärzten sollte der Impfstoff in der Regel eigentlich vorrätig sein. Mitunter kann es aber auch sein, dass der Mediziner ihn verschreibt. Dann muss der Patient den Impfstoff in der Apotheke abholen und danach wieder in die Praxis gehen, wo er die Spritze gesetzt bekommt. Werde gesetzlich Versicherten ein Rezept für eine Einzeldosis ausgestellt, so konkurrierten diese zurzeit mit Privatversicherten. Doch auch bei der Versorgung von Praxen fehle es derzeit an dem bereits im Frühjahr bestellten Impfstoff, wie eine Arzthelferin aus Heidelberg berichtet.
Zu Beginn der Saison sei es schon häufiger zu regionalen Verteilungsproblemen gekommen, erklärt eine Sprecherin des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg (LAV). Eine Ursache: Chargen warten auf die Freigabe durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das diese prüft.
Von einem echten Engpass geht das PEI trotz erhöhter Nachfrage nicht aus. "Wir rechnen mit etwa 26 Millionen Impfstoffdosen", so eine Sprecherin. Das seien knapp fünf Millionen mehr als im Vorjahr. Laut PEI wurden bis zum 2. Oktober bereits rund 18,8 Millionen Dosen freigegeben. Für die Zeit zwischen dem 10. und 15. Oktober wird die nächste Auslieferung erwartet – dazu kommen weitere Impfdosen im November.
"Wenn sich jeder, der zu keiner Risikogruppe gehört, ebenso impfen lässt wie Angehörige einer Risikogruppe, könnte es eng werden", räumt Sellerberg ein. Einen drohenden Engpass kann aber auch sie nicht erkennen. Laut einer Umfrage des ABDA im August rechnete sich die Hälfte der Teilnehmer einer Risikogruppe zu – davon gaben nur 45 Prozent an, sich gegen Influenza impfen lassen zu wollen. Zuletzt holten sich nur 35 Prozent der über 60-Jährigen eine Impfung.
"Es dauert zwei bis drei Wochen, bis sich der Impfschutz vollständig aufgebaut hat – und die Hauptsaison der Grippe ist im Winter", erklärt Sellerberg und empfiehlt: Einfach noch etwas warten und dann noch mal einen Anlauf nehmen.
Pneumokokken
Anders als beim Influenza-Impfstoff sieht es bei der Pneumokokken-Impfung aus. Pneumokokken gelten als Haupterreger für bakterielle Lungenentzündungen. "Bei dem Pneumokokken-Impfstoff Pneumovax 23 gibt es aktuell Engpässe", erklärt die PEI-Sprecherin. Das Angebot an Fertigspritzen in Einzelpackung stehe voraussichtlich erst wieder ab Januar 2021 zur Verfügung. "Die Zehnerpackung Fertigspritzen ist nur noch eingeschränkt verfügbar", so die Sprecherin.
Solche Lieferengpässe veröffentlicht das PEI auf im Internet (www.pei.de) und verweist auf alternative Präparate oder wie im Fall von Pneumovax 23 auf Handlungshinweise der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts. Im Fall von Pneumovax 23 lautet die Empfehlung unter anderem, dass das Präparat bevorzugt Patienten ab 70 Jahren, mit chronischen Erkrankungen des Herzens oder der Atmungsorgane vorbehalten sein sollte. Wegen der breiten Wirkweise könne Pneumovax 23 nicht durch einen anderen, weniger umfassend greifenden Pneumokokken-Impfstoff ersetzt werden.