Laute Nachbarskinder - Babygeschrei kann nicht verboten werden
Babybrüllen mitten in der Nacht ist anstrengend - auch wenn es nur vom Nachbarn kommt. Doch andere Mieter können kaum etwas dagegen tun.

Berlin (dpa) - Keine Frage: Kinder können laut sein. Sie rollen mit dem Bobbycar über das Parkett, spielen grölend Fangen im Garten, und wenn sie nachts Monster unter dem Bett vermuten, fangen sie lauthals an zu weinen. Glücklich, wer in so einer Situation entweder dicke Wände oder geduldige Mitmieter hat. Eine Möglichkeit, gegen den Kinderlärm vorzugehen, haben Mieter übrigens selten. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen:
Dürfen Kinder in der Wohnung spielen?
Natürlich dürfen sie das. Im Kinderzimmer, im Wohnzimmer, in der Küche - einfach überall. Vor allem kleine Kinder müssen dabei nicht leise sein. "Den natürlichen Spieltrieb von Kleinkindern muss man hinnehmen", sagt Inka-Marie Storm vom Eigentümerverband Haus und Grund in Berlin. Auch Lachen und Geschrei seien in Ordnung. "Weinende und schreiende Babys muss man hinnehmen als Mitmieter. Da ist es auch egal, wie hellhörig das Haus ist."
Je älter die Kinder werden, umso mehr müssen sie aber Rücksicht nehmen auf Mitbewohner. "Wenn Kinder mit 10, 12, 14 Jahren die Wohnung mit dem Fußballplatz verwechseln, kann man einschreiten", sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin. Entsprechend sind dann auch die Eltern in der Pflicht. "Die Eltern müssen darauf einwirken, dass es nicht überhandnimmt", erklärt Norbert Schönleber von der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein in Berlin.
Müssen Kinder Ruhezeiten einhalten?
Im Prinzip schon. "Von etwa 22.00 Uhr abends bis 6.00 Uhr morgens gelten allgemein Ruhezeiten", sagt Schönleber. Mitmieter müssen allerdings schreiende und weinende Babys in der Nacht hinnehmen. Auch hier hätten die Eltern natürlich dafür zu sorgen, dass der Nachwuchs sich beruhigt. Hätten Nachbarn den Eindruck, dass sie sich nicht um ihre Kinder kümmern - etwa, weil sie sie stundenlang schreien ließen - dürften sie einschreiten.
Auch Mieterbund-Sprecher Ropertz betont: "Wenn Kleinkinder und Säuglinge nachts schreien, kann man grundsätzlich nichts machen." Anders sieht das aus bei Jugendlichen. "Je älter die Kinder werden, desto mehr Einsichtsfähigkeit wird vorausgesetzt", sagt Ropertz. "Wenn ein 16-Jähriger total laut Musik hört, kann ich die Eltern ansprechen", erklärt auch Storm. Zeigten die sich dann hilflos - "der lässt sich von uns nichts sagen" -, sei das keine Ausrede.
Darf ich meine Kinder im Hof und Garten spielen lassen - und wann?
Die Nutzung von Hof und Garten sei meist in der Hausordnung geregelt, erläutert Storm. Die sei als Anlage zum Mietvertrag verbindlich. Grundsätzlich gelte: "Wenn der Hof zum Spielen einlädt, dürfen Kinder da auch spielen." Schlecht für Kinder sehe es aus, wenn der Hof etwa mit Autos zugeparkt ist. Das sei dann ein weniger geeigneter Ort zum Spielen. Nicht immer sei der Garten mitvermietet, sagt Schönleber. Er könne auch als Zier- oder Nutzfläche ausgewiesen sein, wo dann eben kein Fußball gespielt werden dürfe.
Beim Spielen komme es auf gegenseitige Rücksichtnahme an, meint Storm. "Wenn ich weiß, dass zum Beispiel ältere Leute im Haus wohnen, lasse ich meine Kinder eventuell in der Mittagspause in der Wohnung spielen." Eine gesetzlich vorgeschriebene Mittagspause gebe es aber nicht, ergänzt Ropertz. "Die Zeit des Mittagsschläfchens ist zumindest im städtischen Bereich vorbei", sagt auch Schönleber.
Wie ist das mit Spielplätzen auf dem Gemeinschaftsgrundstück?
Spielplätze sind - die Bezeichnung sagt es schon - zum Spielen da. "Bis auf die Nachtstunden ist das Spielen hier grundsätzlich erlaubt", meint Schönleber.
Gibt es einen Lärmpegel, der messbar zu laut ist?
Der Gesetzgeber habe inzwischen festgelegt, dass Kinderlärm im gesetzlichen Sinne kein Lärm ist, erklärt Storm. Die Geräusche fallen demnach nicht mehr unter das Emissionsschutzgesetz. "Das Leitbild ist: Kinder müssen sich ausleben dürfen. Sie sind sich nicht bewusst, wie laut sie sind", ergänzt Storm. Es gebe keine Dezibelgrenzen, sagt auch Ropertz. "Kinderlärm ist kein Dauerlärm." Deswegen sei er auch schlecht wie andere Lärmquellen zu messen.
Wenn die Eltern ihre Teenager nicht in den Griff kriegen - was kann ich tun?
Ergeben Gespräche mit den Eltern nichts, können Mieter an ihren Vermieter herantreten. "Wenn der nicht einschreitet, wären deutliche Mietminderungen - bis zu 20 oder 30 Prozent bei Störungen in der Nacht - berechtigt", sagt Schönleber. Er rät bei diesem Schritt allerdings zur Vorsicht. Nicht immer teile der Vermieter die Einschätzung des Beschwerdeführers und kündige eventuell sogar die Wohnung. Wenn sich dann noch vor Gericht herausstelle, dass der Vermieter Recht hatte, verliere der Mieter sowohl den Prozess als auch die Wohnung.