Seitensprung

Lieber beichten oder schweigen?

Gestehen oder nicht gestehen - das ist hier Frage. Kann eine Beziehung davon profitieren, Fremdgehen zuzugeben? Oder dient ein Bekenntnis nur der Erleichterung des eigenen Gewissens?

17.05.2023 UPDATE: 17.05.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 44 Sekunden
Soll ich es machen oder lass ich es lieber sein: Wie geht man nach einem Seitensprung mit seinem Partner um? Foto: Christin Klose/dpa-tmn​

Von Bernadette Winter

Würden Sie einen Seitensprung beichten? Das mag wie eine Gretchenfrage anmuten, frei nach Goethe: "Wie hast Du's mit der Treue?". Doch so einfach die Frage vielleicht klingt, eine pauschale Antwort darauf kann es nicht geben, sagt die Psychologin und Bestsellerautorin Stefanie Stahl aus Trier. Sie rät, in der Regel einen einmaligen Seitensprung nicht zu beichten, sondern "das Ding mit ins Grab zu nehmen."

Das sieht die Sexologin und Paartherapeutin Ann-Marlene Henning ähnlich. "Wer weiß, dass es sich wirklich um einen Ausrutscher handelt, der nie wieder passieren wird, hält lieber den Mund." Viele wollten mit einem Geständnis das eigene Gewissen erleichtern, machten damit aber die Beziehung kaputt, erklären die Expertinnen.

Allerdings geht Henning zufolge ohne Beichte die wahre Intimität in einer Beziehung verloren. "Wir alle können, wenn wir uns beim Sex in die Augen schauen oder tiefgehende Gespräche führen, den Geist des anderen Menschen lesen", sagt Henning. Vielleicht entdecke man dann dort eine tiefe Traurigkeit, die sich nicht erklären lässt. "Bei einer entsprechenden Nachfrage wird die betrügende Person lügen müssen oder sich bedeckt halten."

Art der Beziehung entscheidend

Eine Antwort auf die Gretchenfrage hängt auch von der Art der Beziehung ab. Lebt man (stillschweigend) monogam oder offen polyamorös? Hat man abgemacht, sich stets die Wahrheit zu sagen? "Heutzutage muss das in Beziehungen besprochen und entsprechend vereinbart werden", so Henning.

Denn in einer polyamorösen Beziehung kann es ebenfalls Seitensprünge geben, nämlich dann, wenn gegen eine Vereinbarung verstoßen wird. Die kann zum Beispiel beinhalten, dass man nicht mit jemandem aus dem Freundeskreis schläft oder nicht zwei Mal mit derselben Person.

Liegen die Fakten auf dem Tisch, rät Henning der betrogenen Person dazu, zu sagen, was sie braucht und was sie wissen will. "Sie muss das bestimmen können, um das Vertrauen wiederherzustellen." Allerdings müsse klar sein: Manche Bilder bekommt man nicht mehr aus dem Kopf.

Untreue als schneller Ausgang aus einer Beziehung

Thesen wie "zu einem Seitensprung gehören immer Zwei" oder "da muss ja schon vorher was nicht gestimmt haben" ...