Plus Ähnliche Werte und Feinde

Schlüssel für Versöhnung im Alter

Man hat zusammen gelacht, zusammen gelitten. Da schmerzt es, wenn eine Freundschaft verblasst. Doch man kann sie auch nach Jahrzehnten wieder aufleben lassen. Was dabei zählt, erklärt ein Experte.

13.09.2023 UPDATE: 25.03.2024 04:00 Uhr 1 Minute, 50 Sekunden
Im Laufe der Jahre sehnen sich viele Menschen nach einer möglichen Versöhnung. Gerade im Alter ist es manchmal schwierig, neue Freundschaften zu schließen. Foto: Patrick Seeger/dpa-tmn​

Von Claudia Wittke-Gaida

Manchmal ist es ein großer Krach, manchmal sind es viele kleine Sticheleien – und die Freundschaft ist vorbei. Nach vielen Jahren der Funkstille stellt sich aber oft die Frage, ob man sich nicht doch im Alter wieder mit seinem alten Freund oder seiner alten Freundin versöhnen sollte.

"Der Wunsch ist nachvollziehbar", sagt Wolfgang Krüger, Psychotherapeut und Buchautor ("Freundschaft: beginnen, verbessern, gestalten"). Denn vor allem Männer hätten im Alter Schwierigkeiten, neue Freundschaften zu schließen. "Nur rund ein Drittel hat einen halbwegs guten Freundeskreis. Politiker und Machtmenschen gehören meist nicht dazu", erzählt der Psychotherapeut. Für sie sei dann die soziale Einsamkeit nur schwer zu ertragen.

Da man nicht mehr so viele neue Leute kennenlernt, erinnert man sich dann gern wieder an alte Weggefährten zurück und sucht den Kontakt. Um sich wieder anzunähern, sind aus Sicht Krügers drei Dinge entscheidend: zuallererst gemeinsame Werte – aber auch ähnliche Lebenserfahrungen sowie gemeinsame Feinde. "Man muss gemeinsam über ähnliche Dinge schimpfen können und auch über die großen Themen sprechen können, wo man sich einig ist", sagt Wolfgang Krüger.

Wer dabei auf wen zugeht, sei gar nicht so wichtig. "Ich habe mal den Test gemacht und bin in meinem alten Adressbuch ehemalige Freunde durchgegangen und habe sie alle angerufen. Alle, wirklich alle, haben sofort zugestimmt, dass es schön wäre, wieder Kontakt zu haben", berichtet der Psychotherapeut.

Zudem hätten alle frühere Freundschaften bedauert, dass die Beziehung auseinandergegangen oder eingeschlafen war. Krüger zog das Fazit: "Die Bereitschaft, eine alte Freundschaft wieder aufzunehmen, ist groß, weil sich die Zahl der Freunde durch Krankheiten oder Tod automatisch immer mehr verringert." Um eine halbwegs soziale Stabilität zu erhalten, sei man auf Freundschaften angewiesen.

Der Wunsch, alte Kriegsbeile zu begraben, hänge aus Sicht des Experten auch mit dem Alter selbst zusammen: "Da ist man allgemein versöhnlicher, humorvoller und kann mit den Schwächen besser umgehen." Und wer von beiden sollte den ersten Schritt machen? "Egal, einfach anrufen oder eine E-Mail schreiben", so Krügers Rat.

Was man trotz dieser Chance nicht vergessen sollte: Bestehende Freundschaften gilt es zu pflegen – denn ohne Beziehungsarbeit läuft es weder in Partnerschaften noch Freundschaften. Da spielt es einerseits eine Rolle den Kontakt aufrecht zu erhalten, aber auch für den anderen da zu sein und einen offenen Umgang miteinander zu pflegen – auch wenn es mal knirscht im Getriebe. Man kann auch mal dem Freund oder der Freundin einen Brief schreiben und betonen, wie wichtig einem der andere ist.

Und natürlich gibt es in jedem Alter die Möglichkeit neue Freundschaften zu schließen. Ganz nach dem Motto: Alt ist, wer nichts Neues mehr anfängt. Was man dabei nicht vergessen sollte, denn die letzten Freundschaftsschlüsse liegen womöglich bereits ein paar Jahre zurück: Wer gute Freunde finden will, muss in Vorlage gehen und etwas von sich erzählen. So entwickelt sich stufenweise eine Beziehung – das ist im Alter nicht anders als in jungen Jahren