Frische Note spricht für Qualität
Mit Knoblauch oder Zitrone aromatisieren - Zum Braten geeignet

Von Heidemarie Pütz
Die Auswahl ist riesig und der Begriff "nativ extra" steht inflationär auf fast allen Flaschen. Woran soll man sich also beim Einkauf von Olivenöl orientieren? Auch wenn sich Top-Qualität weder am Preis noch am Etikett sondern nur an Geruch und Geschmack erkennen lässt, ist es schon mal ein Anfang, die folgenden Dinge über Olivenöl zu wissen.
"Nativ extra" und andere Kategorien
Olivenöl wird einer EU-Verordnung zufolge in verschiedene Güteklassen eingeteilt. Die höchste Stufe "nativ extra" sollte Ölen vorbehalten sein, die einwandfrei riechen, schmecken und ein Mindestmaß an Fruchtigkeit haben. Darüber hinaus gibt es "natives Olivenöl" mit leichten Fehlnoten und "Olivenöl".
Letzteres ist ein Verschnitt aus sensorisch stark fehlerhaftem Öl, das raffiniert werden muss, mit einem kleinen Anteil an nativem Öl. Durch das Raffinieren wird das Öl zwar geschmacksneutral, verliert aber seine ernährungsphysiologisch wertvollen bioaktiven Substanzen. "Nativ" steht für die Gewinnung mit ausschließlich mechanischen Verfahren und ohne Wärmebehandlung.
Was Gutes drinsteckt
Neben mehrfach ungesättigten Fettsäuren im Olivenkern wandeln Oliven während des Reifungsprozesses Fruchtzucker in einfach ungesättigte Fettsäuren um. Vor allem Letztere mit etwa Polyphenolen und Vitamin E sind der Grund, warum Olivenöl als gesund gilt.
Fruchtig, bitter und scharf
Gutes Olivenöl sollte pflanzliche grüne Noten von Gras über Wildkräuter bis Tomate haben und frisch schmecken. Alles, was nicht frisch und pflanzlich riecht, sind Fehlaromen. Bei extra nativen Ölen sind sie verboten.
Beim Verkosten entwickeln sich in Mundhöhle, Rachen und Hals Schärfe und Bitternoten von dezent und flüchtig bis kräftig und lang anhaltend. Abhängig ist dies von Olivensorte, Anbaugebiet, Erntezeitpunkt und Verarbeitungstechnik in den hochmodernen Mühlen. Mahlsteine gehören der Vergangenheit an.
Profis bewerten die Intensität des Öls in den Kategorien Frucht, Bitterkeit und Schärfe. "Die Faustregel ist: Je höher der Gehalt an antioxidativ und entzündungshemmend wirkenden Polyphenolen im Olivenöl, desto schärfer und bitterer ist der Geschmack", sagt die Olivenölverkosterin und Buchautorin Michaela Bogner. Besonders für Einsteiger sind solch intensiv-fruchtige Olivenöle meist gewöhnungsbedürftig.
Spitzenqualität kann erhitzt werden
Hartnäckig hält sich die Mär, dass nur raffiniertes Olivenöl erhitzt werden darf. Das sei schlichtweg falsch, betonen die Fachleute unisono. Conrad Bölicke, Gründer einer Olivenölkampagne, erklärt: Durch die hohe Hitzestabilität seiner einfach ungesättigten Fettsäuren könne man mit Olivenöl bedenkenlos kochen, braten, frittieren oder backen. Und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein raffiniertes, natives oder extra natives Öl handle. Der Rauchpunkt von Olivenöl liegt bei rund 210 Grad Celsius. Allerdings: Gegen das starke Erhitzen spricht der Verlust der feinen Aromen.
Alleskönner in der Küche
Beim Kochen wählen Profis ihr Olivenöl passend zur Intensität des Gerichts. Ein intensiv fruchtiges Öl passt zum Beispiel zu einem Linsen- oder Bohneneintopf, gegrilltem Steak oder deftigen Schmorgerichten wie Bolognese-Soße. Conrad Bölicke macht damit seinen griechischen Salat aus Feta, Tomaten, Paprika und Gurken an. Oder er mariniert mit dem herzhaft-würzigen Öl ein Fenchel-Carpaccio.
Mittelfruchtige Öle sind ein Muss bei Gegrilltem, sei es Fisch, Meeresfrüchte oder Gemüse. Mildfruchtige Tropfen erhöhen die Aromen und Geschmacksnoten von sanft gegartem Fisch oder Huhn und veredeln das Dressing für zarte Blattsalate.
Michaela Bogner nimmt die kräftigen Bitternoten intensiv-fruchtiger Olivenöle, um Süße oder Üppigkeit eines Gerichts auszubalancieren. "Toll funktionieren solche Öle zum Beispiel über sahniger Burrata mit frischen Feigen, über Vanilleeis, Basilikumsorbet oder über sehr stärkehaltigen Gerichten wie Favebohnen-Kartoffelpüree", sagt sie.
Die Kochbuchautorin Rose Marie Donhauser liebt "total simple Genüsse, die in ihrer Einfachheit bestechen". Sie tunkt Weiß- oder Fladenbrot in Olivenöl und taucht es anschließend in eines ihrer Lieblingsgewürze: Zatar. "Diese Gewürzmischung besteht aus wildem Thymian, Sumach, gerösteten Sesamsamen und Salz". Da sie gern Salat und Gemüse isst, aromatisiert sie Olivenöl mit Orangen- oder Zitronenzesten, Knoblauch und Rosmarin, um je nach Gusto eine Auswahl zu haben.