Walldorf

Gewerkschaft stellt sich hinter SAP-Aufsichtsratsmitglied (Update)

Die Verhandlung wurde auf den 25. August terminiert und findet in Mannheim statt.

27.06.2021 UPDATE: 02.08.2021 19:15 Uhr 20 Minuten, 13 Sekunden
Das SAP-Firmenlogo an einem Firmengebäude in Walldorf. Foto: dpa

Von Matthias Kros

Walldorf. In der bevorstehenden Auseinandersetzung um die geplante Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds darf die Walldorfer SAP auf wenig Entgegenkommen der Gegenseite hoffen. Der Deutsche Bankangestelltenverband (DBV), auf dessen Gewerkschaftsmandat der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sitzt, zeigte sich am Montag jedenfalls unbeeindruckt: Der Betroffene habe sich "nach unserem Wissensstand als Aufsichtsratsmitglied von SAP nichts zuschulden kommen lassen", sagte der DBV-Bundesvorsitzende Stephan Szukalski dem Internetportal "Business Insider". Insofern könne er aus Sicht des DBV "einem Abberufungsversuch von SAP eher gelassen entgegensehen".

Theoretisch hätte der DBV eine Abberufung des SAP-Aufsichtsratsmitglieds längst selbst initiieren können. Der Softwarekonzern hatte offenbar auch darauf gehofft und Mitte Juli mitgeteilt, man sehe in dem Fall den Ball in der Spielhälfte der Gewerkschaft. Auch Szukalski sagte, dass es in den vergangenen Wochen "verschiedene Kontakte zu Verantwortlichen von SAP" gegeben habe.

Passiert ist allerdings nichts. Der Aufsichtsrat der SAP SE hatte daher Ende vergangener Woche beschlossen, die Abberufung eines Mitglieds auf Arbeitnehmerseite aus dem Aufsichtsrat beim Arbeitsgericht Mannheim zu beantragen. Details nannte ein Unternehmenssprecher bislang nicht, da es sich um einen laufenden Vorgang handele. Angeblich sieht der Aufsichtsrat das Vertrauensverhältnis zu dem Arbeitnehmervertreter zerstört. Nach Informationen der RNZ geht es um den früheren Betriebsratsvorsitzenden, der Ende Juni zurückgetreten war und dem kurz darauf – mit Zustimmung einer Mehrheit des gesamten Betriebsrats – fristlos gekündigt worden war. Er hat das Unternehmen bereits verlassen, das Gewerkschaftsmandat, auf dem er im Aufsichtsrat sitzt, gilt allerdings unabhängig von seiner Anstellung bei dem Softwarekonzern. Entsprechend ist er in dem Gremium nach wie vor vertreten, seine Amtszeit gilt laut offiziellem Eintrag auf der Unternehmenswebseite noch bis 2024.

SAP wirft ihm vor, E-Mails manipuliert zu haben, um einen (mittlerweile ebenfalls ausgeschiedenen) Betriebsratskollegen zu schützen, gegen den SAP interne Untersuchungen wegen eines mutmaßlichen Arbeitszeitbetrugs eingeleitet hatte. Seine Kündigung will der frühere Betriebsratsvorsitzende allerdings nicht hinnehmen: Am 25. August soll es deshalb einen Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Mannheim geben.

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Im Aufsichtsrat der SAP sind zwei Posten für Gewerkschaften reserviert, das heißt sie haben ein Vorschlagsrecht. Dafür in Frage kommen prinzipiell alle Gewerkschaften, die in dem Softwarekonzern vertreten sind. Auch der DBV, der sich eigentlich eher um Mitarbeiter von Banken kümmert. "SAP ist also insofern tatsächlich ein Exot für uns. Dennoch sind wir angesichts der Qualität unserer Kandidaten bei SAP diesen für uns ungewöhnlichen Schritt gegangen", sagte Szukalski.

Gegenüber "Business Insider" vermutete er, dass der Abberufungsversuch mit dem bevorstehenden Rechtsstreit um die fristlose Kündigung zusammenhänge. Es sei nicht ungewöhnlich, "dass bei ungerechtfertigten fristlosen Kündigungen im Nachhinein versucht wird, den Druck auf den klagenden Kollegen zu erhöhen, in dem weitere Sachverhalte eingeführt werden". Den Vorgang an sich bezeichnete er dabei allerdings als "höchst ungewöhnlich."

Update: Montag, 2. August 2021, 19.15 Uhr


Ex-SAP-Betriebsratschef soll den Aufsichtsrat verlassen

Das Kontrollgremium will die Abberufung gerichtlich beantragen. Der entsprechende Antrag soll in den nächsten Tagen beim Amtsgericht Mannheim eingereicht werden.

Von Barbara Klauß

Walldorf/Mannheim. Die Skandale rund um den Betriebsrat der SAP SE könnten weitere Konsequenzen für einen der Beteiligten haben: Der frühere Betriebsratsvorsitzende, der nach wie vor Mitglied es Aufsichtsrats ist, soll das Gremium verlassen. "Der Aufsichtsrat der SAP SE hat beschlossen, die Abberufung eines Mitglieds auf Arbeitnehmerseite aus dem Aufsichtsrat gerichtlich zu beantragen", teilte der Konzern am Freitag in Walldorf mit. Der Antrag werde in den nächsten Tagen beim Amtsgericht Mannheim eingereicht. Zu weiteren Einzelheiten äußerte sich das Unternehmen mit Verweis auf den laufenden Vorgang nicht.

Anlass dieses Antrags sind nach Informationen der RNZ Vorwürfe gegen den ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden, die Anfang Juli bereits zu dessen fristloser Kündigung führten. Demnach soll er E-Mails manipuliert haben, um einen Betriebsratskollegen zu schützen, gegen den SAP interne Untersuchungen wegen eines mutmaßlichen Arbeitszeitbetrugs eingeleitet hatte.

Kurz vor seiner Kündigung war der Mann ohne Angabe von Gründen von seinem Posten an der Betriebsratsspitze zurück getreten. Das sei "keine leichte Entscheidung" gewesen, sagte er damals der RNZ. Das Mandat als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat behielt er, obwohl er das Unternehmen inzwischen verlassen hat. In den Aufsichtsrat eingezogen ist er als Vertreter des "Deutschen Bankangestellten-Verband" (DBV). Er hält damit ein Mandat, das für eine Gewerkschaft reserviert ist und das er daher weiter ausüben könnte, ohne beim Softwarekonzern angestellt zu sein. Bisher sei die Abberufung des Betroffenen durch die DBV nicht veranlasst worden, heißt es aus dem Umfeld des Aufsichtsrates. Daher habe sich das Gremium nun dazu entschlossen, einen Antrag beim Amtsgericht einzureichen. Bei der DBV war am Freitag niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

Ein ranghoher SAP-Mitarbeiter hatte bereits vor einer Weile angekündigt, dass man auf das Ausscheiden des Mannes aus dem Aufsichtsrat hinwirken werde – entweder durch eine Vereinbarung mit ihm oder schlimmstenfalls mit einem Ausschluss. Diesen Weg hat der Aufsichtsrat nun eingeschlagen.

Es ist nicht der einzige Konflikt, den der ehemalige Betriebsratsvorsitzende und sein früherer Arbeitgeber wahrscheinlich vor Gericht austragen werden: Vor rund zwei Wochen hatte der Mann eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Mannheim eingereicht, wie eine Gerichtssprecherin bestätigte. Ein Gütetermin ist demnach für August geplant.

Sollte der frühere Betriebsratsvorsitzende auch den Posten im Aufsichtsrat verlieren, würde das für den fristlos gekündigten Mann .erhebliche weitere Einbußen bedeuten. Laut Satzung der SAP SE erhält ein Aufsichtsratsmitglied eine Grundvergütung von 165.000 Euro im Jahr, hinzu können mehrere tausend Euro kommen für die Mitgliedschaft in Ausschüssen.

Entsprechend begehrt sind Aufsichtsratsposten bei Deutschlands wertvollstem Dax-Konzern. In den vergangenen Jahren gab rund um die Wahlen der Arbeitnehmervertreter im Gremium zum Teil erbitterte Auseinandersetzungen.

Eine solche ist wohl auch Hintergrund der aktuellen Vorgänge: Der Kollege, den der ehemalige Betriebsratschef angeblich vor Ermittlungen wegen eines möglichen Arbeitszeitbetrugs schützen wollte, steht im Verdacht, sich einen Sitz im Aufsichtsrat des Konzerns erkauft zu haben. In diesem Zusammenhang ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft Heidelberg.

Anfang Juli hatte auch er seinen Rücktritt aus dem Betriebsrat – aber auch aus dem Aufsichtsrat – erklärt und das Unternehmen verlassen. "SAP und ein Mitglied des Betriebsrats der SAP SE haben sich einvernehmlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeinigt", teilte ein Unternehmenssprecher damals mit. Zu den Details wurde Stillschweigen vereinbart. Damit bleibt unklar, ob bei der Vereinbarung Geld eine Rolle gespielt hat.

Update: Freitag, 30. Juli 2021, 21.07 Uhr


Walldorf. (dpa) Der gekündigte frühere SAP-Betriebsratschef soll auch den Aufsichtsrat von Europas größtem Softwarekonzern verlassen. Das Kontrollgremium habe beschlossen, die Abberufung eines Mitglieds auf Arbeitnehmerseite aus dem Aufsichtsrat gerichtlich zu beantragen, teilte ein Unternehmenssprecher am Freitag in Walldorf mit. Der Antrag werde in den nächsten Tagen beim Amtsgericht Mannheim eingereicht. Nähere Angaben machte der Sprecher nicht.

Der frühere Betriebsratschef des Dax-Konzerns räumte schon vor geraumer Zeit seinen Posten. Ihm ist vom Unternehmen inzwischen gekündigt worden. Dagegen klagt er vor dem Arbeitsgericht. Gegen ihn und einen weiteren früheren Arbeitnehmervertreter hatte der Softwarekonzern interne Untersuchungen wegen möglicher Unregelmäßigkeiten eingeleitet. Der frühere Betriebsratschef hatte im Juni unserer Zeitung gesagt, der Rücktritt sei "keine leichte Entscheidung" gewesen (siehe unten). Auf seine Beweggründe ging er dabei nicht ein.

Update: Freitag, 30. Juli 2021, 13.10 Uhr


Ex-SAP-Betriebsratschef geht gegen Kündigung vor

Von Barbara Klauß

Walldorf/Mannheim. Dem Softwarekonzern SAP steht eine erneute Auseinandersetzung mit einem ehemaligen Arbeitnehmervertreter vor dem Mannheimer Arbeitsgericht bevor. Dort geht der frühere Vorsitzende des Betriebsrats der SAP SE derzeit gegen seine Kündigung vor. Seit Ende vergangener Woche sei eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Mannheim anhängig, wie eine Gerichtssprecherin am Dienstag erklärte. Ein Gütetermin in der Sache werde vermutlich im August stattfinden. Ein SAP-Sprecher äußerte sich auf Anfrage nicht zu der laufenden arbeitsrechtlichen Streitigkeit.

Der Konzern hatte dem Ex-Betriebsratschef Anfang Juli außerordentlich gekündigt, kurz nachdem er von seinem Posten zurückgetreten war. Zuvor hatte SAP gegen ihn und einen seiner Kollegen im Betriebs- sowie im Aufsichtsrat eine interne Untersuchung eingeleitet, die mit möglichen Arbeitszeitverstößen im Zusammenhang steht: Der Kollege soll – den Hinweisen eines Whistleblowers zufolge – Urlaub nicht korrekt abgerechnet und so über Jahre mehrere Hundert Urlaubstage angesammelt haben. Dem früheren Betriebsratschef wird vorgeworfen, er habe in diesem Zusammenhang E-Mails manipuliert, um seinen Kollegen zu schützen, und damit die Aufklärung der Vorwürfe erschwert.

Der außerordentlichen Kündigung des ehemaligen Vorsitzenden hatte der Betriebsrat der SAP SE zugestimmt. "Wir haben uns für diesen Weg entschieden, um nachhaltigen Schaden vom Gremium abzuwenden und das Vertrauen der Mitarbeitenden zurückzugewinnen", erklärte Nathalie Boulay damals, die die Arbeitnehmervertretung derzeit interimsmäßig führt.

Kündigungen von Betriebsräten sind ungewöhnlich – auch, weil Arbeitnehmervertreter in Deutschland einen besonderen Kündigungsschutz genießen. Eine außerordentliche Kündigung ist nur möglich, wenn der Betroffene seine Arbeitnehmerpflichten schwerwiegend verletzt, wenn also dem Arbeitgeber jede weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar ist. Zudem muss der Betriebsrat der Kündigung mehrheitlich zustimmen.

Dennoch wäre es nicht das erste Mal, dass sich Vertreter des Softwarekonzerns und ein ehemaliges Betriebsratsmitglied vor dem Mannheimer Arbeitsgericht gegenüber stehen. Im August 2019 hatte SAP erstmals einem damaligen Betriebsratsmitglied außerordentlich gekündigt. Damals war es um Massen-E-Mails gegangen, so genannte Newsletter, die der Mann regelmäßig an viele Mitarbeiter verschickt hatte. Aus Sicht des Arbeitgebers enthielten sie zum Teil unwahre, polarisierende und diffamierende Äußerungen. Im Januar 2020 gelang ein Vergleich, über dessen Inhalte Stillschweigen vereinbart wurde. Doch einigte man sich offenbar unter anderem auf eine Vorruhestandsregelung.

Hintergrund der Auseinandersetzung, die nun voraussichtlich vor dem Arbeitsgericht landen wird, ist ein weiteres Gerichtsverfahren, das in den zurückliegenden Monaten für Aufsehen gesorgt hat: Ein Zivilprozess vor dem Heidelberger Landgericht, bei dem es unter anderem um den Verdacht ging, ein SAP-Betriebsratsmitglied könnte sich einen Sitz im Aufsichtsrat des Konzerns erkauft haben. Bei diesem Mann handelt es sich um eben jenen Kollegen, den der ehemalige Betriebsratschef angeblich vor Ermittlungen wegen eines möglichen Arbeitszeitbetrugs schützen wollte. Anfang Juli hat auch er, kurz nach dem Ausscheiden des Betriebsratschefs, seinen Rücktritt aus dem Betriebs- und aus dem Aufsichtsrat erklärt und das Unternehmen verlassen. "SAP und ein Mitglied des Betriebsrats der SAP SE haben sich einvernehmlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeinigt", teilte ein Unternehmenssprecher damals mit. Zu den Details wurde wieder Stillschweigen vereinbart. Auch zum aktuellen Stand der internen Ermittlungen gegen den Mann äußerte sich ein Unternehmenssprecher am Dienstag auf Anfrage nicht.

Nach dem Ausscheiden dieser beiden Betriebsräte hoffen andere Mitglieder des Gremiums darauf, dass nun Ruhe einkehrt. In dieser Woche soll ein neuer Betriebsratsvorsitzender gewählt werden. Es sieht so aus, als ob Klaus Merx, der die Arbeitnehmervertretung bereits zwischen 2015 und 2018 führte, das Amt noch einmal übernehmen könnte. "Wenn eine Mehrheit es will, dann stehe ich zur Verfügung", hatte er der RNZ in der vergangenen Woche gesagt. Allerdings würde seine Amtszeit zunächst nur bis Mitte Mai gehen. Im kommenden Frühjahr steht beim Softwarekonzern ohnehin die Neuwahl des Betriebsrats an.

Update: Dienstag, 20. Juli 2021, 20.08 Uhr


Erleichterung nach Rücktritt im SAP-Betriebsrat

Von Matthias Kros

Walldorf. Die Affäre im Betriebsrat der SAP SE weitet sich aus. Nach dem Rückzug des Vorsitzenden ist am Donnerstag ein weiteres Mitglied der Arbeitnehmervertretung zurückgetreten. Gegen beide hatte die Unternehmensleitung schwere Vorwürfe erhoben und entsprechende Untersuchungen eingeleitet. "SAP und ein Mitglied des Betriebsrats der SAP SE haben sich einvernehmlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeinigt", bestätigte ein Konzernsprecher am Donnerstag in Walldorf. Im Zuge dessen trete er sowohl von allen Betriebsratsämtern als auch von seinem Aufsichtsratsmandat mit sofortiger Wirkung zurück.

Mit Erleichterung hat Nathalie Boulay, die die Amtsgeschäfte des Betriebsrats der SAP SE nach dem Rückzug des Vorsitzenden interimsmäßig führt, auf den Rücktritt eines weiteren Mitglieds der Arbeitnehmervertretung reagiert: "Ich kann ein solches Verhalten, das zu den Abgängen im Betriebsrat geführt hat, nur von ganzem Herzen ablehnen", sagte sie am Donnerstag. "Für mich ist nicht nur die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber, sondern insbesondere auch die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Betriebsratskollegen ein sehr hoher Wert".

Zuvor hatte sich die Affäre im Betriebsrat des Softwarekonzerns ausgeweitet: Nachdem die Unternehmensleitung im Juni Untersuchungen wegen möglichen Unregelmäßigkeiten eingeleitet hatte, sind inzwischen beide beschuldigten Mitglieder des Arbeitnehmergremiums zurückgetreten. Nach dem Vorsitzenden, der die SAP bereits verlassen hat, folgte am Donnerstag ein weiteres Betriebsratsmitglied, das bis zuletzt auch einen Posten im Aufsichtsrat innehatte. Er habe mit sofortiger Wirkung seine Ämter niedergelegt, teilte der Softwarekonzern in Walldorf mit: "SAP und ein Mitglied des Betriebsrats der SAP SE haben sich einvernehmlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeinigt. Im Zuge dessen tritt er sowohl von allen Betriebsratsämtern als auch von seinem Aufsichtsratsmandat mit sofortiger Wirkung zurück. Zu weiteren Details wurde von beiden Parteien Stillschweigen vereinbart." Unklar blieb somit, ob bei der getroffenen Vereinbarung möglicherweise Geld geflossen ist. Die Unternehmensleitung dürfte sehr daran gelegen gewesen sein, einen imageschädigenden Prozess vor einem Arbeitsgericht zu vermeiden.

Auch Andreas Hahn, Mitglied im Vorstand der Verdi-Gruppe bei SAP, begrüßte den "von uns schon lange geforderten Rücktritt" und bezeichnete die jüngsten Vorkommnisse im Betriebsrat als "reinigendes Gewitter". Nun gelte es das Vertrauen der Belegschaft zurückzugewinnen. Mahnende Worte kamen von der IG Metall: "Die Vorgänge bei SAP bringen die betriebliche Mitbestimmung in Misskredit und dürfen sich nicht wiederholen", sagte Türker Baloglu von der Gewerkschaft in Heidelberg. "Eine starke Gewerkschaft würde dieses Treiben beenden. Die IG Metall setzt jetzt auf Zusammenarbeit, dazu müsste SAP mit der IG Metall kooperieren."

Nachrückerin im 18-köpfigen Aufsichtsrat der SAP SE ist die Betriebsrätin Manuela Asche-Holstein. Der bereits aus dem Unternehmen ausgeschiedene Betriebsratsvorsitzende ist dagegen nach wie vor im Aufsichtsrat vertreten. Er hält über den Deutschen Bankangestelltenverband (DBV) ein Gewerkschaftsmandat, das unabhängig von seiner Anstellung bei dem Softwarekonzern gilt. Angesichts der Schwere der gegen ihn erhobenen Vorwürfe wird aber auch mit seinem Ausscheiden gerechnet.

Vorausgegangen waren beispiellose Vorgänge im Betriebsrat der SAP SE. Angefangen hatte alles mit einem (inzwischen beendeten) Zivilprozess vor der Landgericht Heidelberg, bei dem es um mögliche Stimmenkäufe bei der Aufsichtsratswahl 2012 geht, in die der jetzt zurückgetretene Arbeitnehmervertreter verwickelt gewesen sein soll. Vor diesem Hintergrund und wegen der internen Untersuchungen war er Anfang Juni als Konzernbetriebsratschef der SAP abberufen worden.

Wenig später räumte der Vorsitzende des Betriebsrats der SAP SE seinen Posten, kurze Zeit später wurde ihm vom Unternehmen gekündigt. Er soll im Zuge einer Untersuchung gegen seinen jetzt zurückgetretenen Betriebs- und Aufsichtsratskollegen die Aufklärung erschwert haben, in dem er Beweismittel manipulierte. Dabei ging es um mögliche Arbeitszeitverstöße. Auch die Verwicklung in die angeblich manipulierte Aufsichtsratswahl 2012 könnte noch ein Nachspiel haben. Die Staatsanwaltschaft Heidelberg ermittelt inzwischen wegen versuchtem Prozessbetrugs.

Update: Donnerstag, 8. Juli 2021, 18.51 Uhr


Weiterer Rücktritt im Betriebsrat der SAP

Walldorf. Im Betriebsrat des Softwarekonzerns SAP SE gibt es einen weiteren Rücktritt. Nach dem Rückzug des Vorsitzenden, der inzwischen das Unternehmen verlassen hat (siehe unten), tat es ihm am Mittwochabend auch sein Betriebsrats- und Aufsichtsratskollege, gegen den interne Ermittlungen wegen Betrugs laufen, gleich. Das bestätigte am Vormittag eine Unternehmenssprecher: "SAP und ein Mitglied des Betriebsrats der SAP SE haben sich einvernehmlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeinigt. Im Zuge dessen tritt er sowohl von allen Betriebsratsämtern als auch von seinem Aufsichtsratsmandat mit sofortiger Wirkung zurück. Zu weiteren Details wurde von beiden Parteien Stillschweigen vereinbart." Wer ihm im Aufsichtsrat folgt, sagte der Sprecher nicht. In der Regel gibt es aber feste Nachrücker.

SAP hatte vor etwa zwei Wochen interne Ermittlungen wegen Unregelmäßigkeiten gegen die beiden Betriebsratsmitglieder bestätigt. Der Vorsitzende, dem Urkundenfälschung vorgeworfen wird, trat daraufhin zurück und wurde anschließend – mit Zustimmung einer Mehrheit des Betriebsrats - fristlos gekündigt. Was aus seinem Aufsichtsratsposten wird, ist noch unklar.

Dem jetzt ebenfalls zurückgetretenen anderen Betriebsratsmitglied hätte ebenfalls die Kündigung gedroht. Er war bereits im Juni als Vorsitzender des Konzernbetriebsrats abberufen worden. Neben dem Betrugsvorwurf im Zusammenhang mit der Abrechnung von Arbeitszeiten steht er auch im Verdacht, bei der Aufsichtsratswahl 2012 Stimmen gekauft zu haben. In diesem Zusammenhang ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft Heidelberg. Diese Vorgänge gelten als Ursache für die aktuellen Turbulenzen im Betriebsrat der SAP SE. Die Erleichterung im Betriebsrat dürfte entsprechend groß sein.

Update: Donnerstag, 8. Juli 2021, 12.29 Uhr


Ex-Betriebsratschef verlässt SAP

Walldorf. (mk) Der fristlos gekündigte frühere Betriebsratsvorsitzende der SAP, Ralf Zeiger, hat am Dienstag das Unternehmen verlassen. "Ralf Zeiger scheidet mit dem heutigen Tag aus dem Betrieb aus, damit endet auch automatisch sein Mandat im Betriebsrat", heißt es in einer Mitteilung des Arbeitnehmergremiums. 

Unklar blieb am Dienstag, ob Zeiger auch seinen Posten im Aufsichtsrat abgibt. Da er auf einem für Gewerkschaften reservierten Platz sitzt, müsste er für den Verbleib nicht automatisch SAP-Mitarbeiter sein. Ein ranghoher Manager hatte vor einigen Tagen aber gesagt, dass man auf Zeigers Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat hinwirken werde, entweder durch eine Vereinbarung mit ihm oder schlimmstenfalls mit einem Ausschluss.

Update: Mittwoch, 7. Juli 2021, 11.17 Uhr


Erste Rufe nach Neuwahlen des SAP-Betriebsrats

SAP-Betriebsrat sucht nach Auswegen aus der Vertrauenskrise

Von Matthias Kros

Walldorf. Nach den jüngsten Querelen bei der Walldorfer SAP fordern erste Betriebsräte eine sofortige Neuwahl der Arbeitnehmervertretung. Regulär findet die nächste Wahl erst 2022 statt. "Wir versuchen andere Betriebsratsmitglieder von dieser Initiative zu überzeugen", sagte Betriebsratsmitglied Ralf Kronig, der neben Eberhard Schick und Johannes Reich zu den Gründern des Gremiums vor etwa 15 Jahren gehörte. Man erhalte viel Zuspruch aus der Belegschaft für den aktuell verschickten Newsletter, in dem Kronig und Susann Oerding, Vertrauensperson der Gewerkschaft CGM und Nachrückerin im Betriebsrat SAP, einen Neustart fordern. "Wenn wir genügend Mitstreiter im Betriebsrat für eine Neuwahl finden, können wir den Antrag dazu stellen", kündigte Kronig an.

In der Arbeitnehmervertretung der SAP hatten sich in dieser Woche die Ereignisse überschlagen. Zunächst war der Vorsitzende zurückgetreten, wenige Tage später kündigte ihm das Unternehmen wegen Urkundenfälschung – und erhielt dafür sogar die Zustimmung des Betriebsrats. Zudem laufen gegen einen seiner Betriebsratskollegen, der auch im Aufsichtsrat sitzt und bis Juni Konzernbetriebsratschef war, schwerwiegende interne Untersuchungen wegen vermeintlichen Betrugs. Auch er steht vor der Kündigung, zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft Heidelberg wegen seiner Verwicklung in die möglicherweise manipulierte Aufsichtsratswahl 2012, bei der Stimmen gekauft worden sein sollen.

Die Interimsvorsitzende des Betriebsrats der SAP SE, Nathalie Boulay, nahm am Freitag nicht zu dem Vorstoß zu einer Neuwahl Stellung. Sie hatte sich aber bereits am Mittwoch hinter die Kündigung ihres Vorgängers gestellt und argumentiert, dass man sich für diesen Weg entschieden habe, "um nachhaltigen Schaden vom Gremium abzuwenden und das Vertrauen der Mitarbeitenden zurückzugewinnen."

Gegen eine Neuwahl sprach sich auch Türker Baloglu von der IG Metall Heidelberg aus: Es gebe im SAP-Betriebsrat eine systematische Interessenvertretung, sagte er, und "durch eine reine Neuwahl würde sich das nicht ändern." SAP als Arbeitgeber müsse zunächst aufhören, "auf eine Spaltung der Arbeitnehmervertretung zu setzen und ihre Haltung gegenüber der IG Metall ändern," meint Baloglu. Für die Betriebsratsarbeit würde das bedeuten, dass ein reines "Karrieremachen" der Mitglieder nicht an erster Stelle stehen dürfe. Gleichzeitig bot er die Hilfe der IG Metall an: "Wir können mit Krisen umgehen und sind standhaft", so Baloglu, der schon am Mittwoch die SAP aufgefordert hatte, ihre "ablehnende Haltung gegenüber die IG Metall aufzugeben." Derzeit sind vier der 43 Betriebsratsmitglieder des Softwarekonzerns bei der IG Metall und etwa ebenso viele bei Verdi.

Gewerkschaften werden bei SAP seit jeher kritisch beäugt. Angeblich befürchten Vorstand, Aufsichtsrat und Belegschaft, dass die Arbeitnehmervertretungen zu viel Einfluss gewinnen und damit die besondere Firmenkultur bei SAP bedrohen könnten. Die Gründung eines Betriebsrats vor 15 Jahren war daher äußerst umstritten. Die Mitarbeiter fühlten ihre Mitspracherechte durch die acht Aufsichtsratsmitglieder aus ihren Reihen offenbar ausreichend gewahrt. Vorstände wie Henning Kagermann und sogar Mitgründer Dietmar Hopp brandmarkten die IG Metall sogar als regelrechtes Feindbild und wetterten öffentlich gegen eine vermeintliche Fremdsteuerung der SAP.

Letztlich setzten die drei erwähnten Mitarbeiter die Gründung des Betriebsrates aber mit Unterstützung der IG Metall durch. Heute ist das Gremium an sich – mit Blick auf die hohen Wahlbeteiligungen – bei der Belegschaft anerkannt. Allerdings ist die Zusammensetzung des Gremiums seit jeher sehr kleinteilig und von Selbstdarstellern und Eigeninteressen geprägt.

Update: Freitag, 2. Juli 2021, 18.18 Uhr


SAP-Betriebsrat stimmt Rauswurf zu 

Von Matthias Kros

Walldorf. Der am vergangenen Freitag zurückgetretene Vorsitzende des Betriebsrates der SAP SE, Ralf Zeiger, steht vor seinem Rauswurf. In ihrer Sitzung am Mittwoch stimmte die Arbeitnehmervertretung der angekündigten außerordentlichen Kündigung zu. "In der heutigen Sondersitzung, nach ausführlicher Anhörung und Klärung des Sachverhalts, sind wir zu der Ansicht gelangt, dass für eine weitere Zusammenarbeit keine vertrauensvolle Grundlage mehr besteht", schrieb Nathalie Boulay, die den Betriebsrat nach Zeigers Rücktritt interimsmäßig führt, an die Belegschaft. "Wir leiten nun die nächsten Schritte ein", kündigte ein SAP-Sprecher an. "Höchste Sorgfalt, Corporate Governance sowie der Schutz der Privatsphäre stehen im Mittelpunkt".

> Schwere Vorwürfe: Zeiger, der auch im Aufsichtsrat des Softwarekonzerns sitzt, war am Freitag ohne Angabe von Gründen von seinem Posten als Betriebsratsvorsitzender zurückgetreten. Zuvor hatte SAP gegen ihn und einen seiner Betriebs- und Aufsichtsratskollegen eine interne Untersuchung im Zusammenhang mit möglichen Arbeitszeitverstößen eingeleitet. Zeiger soll dabei die Aufklärung der Vorwürfe erschwert haben, indem er belastende Unterlagen verschwinden ließ oder manipuliert hat. Den Angaben zufolge hat er das zugegeben.

> Kündigung rechtens: Die Zustimmung des Betriebsrats ist bei Kündigungen von einzelnen Mitgliedern des Gremiums laut Betriebsverfassungsgesetz notwendig; sie könnte allenfalls durch eine entsprechende Entscheidung eines Arbeitsgerichts ersetzt werden. Das ist im aktuellen Fall nicht nötig: "Der Betriebsrat der SAP SE hat der außerordentlichen Kündigung von Ralf Zeiger zugestimmt", teilte Boulay am Mittwoch der RNZ mit. "Wir haben uns für diesen Weg entschieden, um nachhaltigen Schaden vom Gremium abzuwenden und das Vertrauen der Mitarbeitenden zurückzugewinnen."

 > Neustart gefordert: Die CGM-Vertrauensfrau und Nachrückerin im Betriebsrat, Susann Oerding, und Betriebsratsmitglied Ralf Kronig forderten am Mittwoch eine Neuwahl für den Betriebsrat der SAP SE. Man empfinde das Fehlverhalten einzelner Mitglieder als falsch, schrieben sie. Gleichzeitig sei es wichtig, "dass dies nicht dem Betriebsratsgremium angelastet wird. Das Engagement des Betriebsrats als Mitbestimmungsorgan ist aller Wertschätzung wert!" Türker Baloglu von der IG Metall Heidelberg forderte ebenfalls ein Umdenken: "Durch den Ausspruch von Kündigungen wird es keine nachhaltigen Veränderungen bei SAP geben können. Wir stellen fest, dass diese Dinge auch zum Teil hausgemacht sind. Sollten die SAP-Verantwortlichen dies tatsächlich ändern wollen, müssen sie ihre ablehnende Haltung gegenüber der IG Metall ablegen und mit uns kooperieren." Weitere Reaktionen lesen Sie in diesem Artikel.

> Weitere Konsequenzen: Auch Zeigers Betriebsratskollege droht nun eine Kündigung. Nach dem Hinweis eines Whistleblowers ermittelt das Unternehmen gegen ihn wegen möglichem Arbeitszeitbetrug und möglicher weiterer Vergehen. Er war erst kürzlich als Konzernbetriebsratschef abberufen worden.

> Streit auch vor Gericht: Zudem steht Zeigers Kollege im Verdacht, sich seinen Platz als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat erkauft zu haben. Auch in diesem Punkt ermittelt die SAP jetzt gegen ihn. In dem inzwischen beendeten Zivilprozess vor dem Landgericht Heidelberg ist er der Beklagte. Der Kläger, der mittlerweile nicht mehr für SAP tätig ist, behauptet, seinem ehemaligen Kollegen beim Wahlkampf um die Arbeitnehmerplätze im Aufsichtsrat 2012 durch entsprechendes Einwirken auf die Delegierten geholfen zu haben. Dafür habe man vertraglich ein Honorar von rund 500 000 Euro festgelegt.

Dieses Geld wollte er vor dem Landgericht einklagen. Die Richterin hatte die Klage zwar abgewiesen. Gleichwohl hielt sie die Unterschrift des Beklagten unter einem entsprechenden Vertrag für echt. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Heidelberg in dem Fall wegen versuchtem Prozessbetrugs.

Update: Donnerstag, 1. Juni 2021, 15.49 Uhr


Betriebsrats-Untersuchungen wegen Urkundenfälschung? 

Von Matthias Kros

Walldorf. Wenige Tage nach dem Rücktritt von SAP-Betriebsratschef Ralf Zeiger hat sich erstmals ein Betriebsratsmitglied öffentlich zu Wort gemeldet: "Ich empfinde die Aussage von Ralf Zeiger, sein Rücktritt wäre keine leichte Entscheidung gewesen, als höchst zynisch", sagte Andreas Hahn, Mitglied im Vorstand der Verdi-Betriebsratsgruppe bei SAP, am Mittwoch der RNZ. Der Schaden für die Mitbestimmungsgremien der SAP durch sein Verhalten sei enorm. "Ein sofortiger Rücktritt von ‚sämtlichen‘ Wahlämtern wäre die einzige angemessene Reaktion", so Hahn, der zeitweise auch im Aufsichtsrat der SAP gesessen hatte.

Zeiger war am Wochenende ohne Angabe von Gründen als Betriebsratsvorsitzender zurückgetreten. Gegenüber der RNZ hatte er lediglich mitgeteilt, dass der Schritt für ihn "keine leichte Entscheidung" gewesen sei. Seinen Posten als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat will er aber behalten.

Offiziell gibt es zu den Hintergründen des Rücktritts kaum Informationen. Auch die Belegschaft erfuhr bis jetzt nicht mehr als die reinen Fakten. "Über Details seiner Entscheidung hat er das Gremium nicht informiert", schrieb Nathalie Boulay, die interimsmäßig die laufenden Amtsgeschäfte führen wird, lediglich an die Mitarbeiter.

Dafür machen in den Medien inzwischen umso mehr Details die Runde. Fest steht, dass sich der Betriebsrat der SAP SE am Mittwoch mit dem Rücktritt und den damit verbundenen laufenden internen Untersuchungen zu möglichen Unregelmäßigkeiten bei zwei Mitgliedern des Gremiums befassen wird. Gut möglich, dass dabei sogar Beschlüsse gefasst werden.

Auch der Grund für die internen Untersuchungen ist inzwischen einigermaßen klar. So steht ein Betriebsratsmitglied, das auch im Aufsichtsrat sitzt und in der gleichen Betriebsratsliste vertreten ist wie Zeiger, im Verdacht, Urlaub gemacht zu haben ohne diesen beantragt zu haben. Die Unternehmensleitung hat daher den Betriebsrat aufgefordert, Angaben zur Anwesenheit des Mitglieds bei Sitzungen zur Verfügung zu stellen. Das Gremium willigte ein und lieferte die Informationen. Dabei, so der Verdacht, könnten im E-Mail-Postfach des Betriebsrats, auf das nur wenige Zugriff haben, entscheidende Informationen verändert worden sein, die eigentlich als Beweismittel dienen sollten. Das wiederum könnte im Zusammenhang mit Zeigers Rücktritt stehen. Nach Informationen der "WirtschaftsWoche" droht dem zurückgetretenen Betriebsratschef deshalb sogar eine fristlose Kündigung wegen mutmaßlicher Urkundenfälschung.

Eine solche Kündigung eines Arbeitnehmervertreters wäre aber keineswegs so einfach durchsetzbar. Denn für Betriebsräte gilt in Deutschland ein besonderer Kündigungsschutz. Ein Rauswurf ist überhaupt nur möglich, wenn zuvor der Betriebsrat dieser Maßnahme zugestimmt hat. Fehlt diese Zustimmung, muss sie sich der Arbeitgeber durch einen entsprechenden Beschluss eines Arbeitsgerichts ersetzen lassen. SAP hatte bereits 2019 einem Betriebsratsmitglied fristlos gekündigt. Damals hatte der Betriebsrat zugestimmt.

Update: Dienstag 29. Juni 2021, 21:32


Von Matthias Kros

Walldorf. Wenige Tage nach dem Rücktritt von SAP-Betriebsratschef Ralf Zeiger hat sich erstmals ein Betriebsratsmitglied öffentlich zu Wort gemeldet: "Ich empfinde die Aussage von Ralf Zeiger, sein Rücktritt wäre keine leichte Entscheidung gewesen, als höchst zynisch", sagte Andreas Hahn, Mitglied im Vorstand der Verdi-Betriebsratsgruppe bei SAP, am Mittwoch der RNZ. Der Schaden für die Mitbestimmungsgremien der SAP durch sein Verhalten sei enorm. "Ein sofortiger Rücktritt von ‚sämtlichen‘ Wahlämtern wäre die einzige angemessene Reaktion", so Hahn, der zeitweise auch im Aufsichtsrat der SAP gesessen hatte. Zeiger war am Wochenende ohne Angabe von Gründen als Betriebsratsvorsitzender zurückgetreten. Gegenüber der RNZ hatte er lediglich mitgeteilt, dass der Schritt für ihn "keine leichte Entscheidung" gewesen sei. Seinen Posten als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat wird er aber behalten.

Der Betriebsrat der Walldorfer SAP SE hat für Mittwoch eine Sondersitzung anberaumt, bei der es um die laufenden internen Untersuchungen zu möglichen Unregelmäßigkeiten bei zwei Mitgliedern des Gremiums gehen soll. Das bestätigten am Montag mehrere Quellen der RNZ. Dabei soll es auch um den Rücktritt Zeigers gehen und die Frage, welchen Zusammenhang dieser Schritt möglicherweise mit den Untersuchungen hat. Zeiger hatte am Wochenende den Mitgliedern der Arbeitnehmervertretung seinen Rückzug per E-Mail mitgeteilt – ohne Gründe zu nennen.

Die Information der rund 22.000 SAP-Mitarbeiter in Deutschland über den Rücktritt übernahmen einen Tag später Nathalie Boulay und Elke Hänle, die interimsmäßig die laufenden Amtsgeschäfte führen werden. "Wir möchten Euch darüber informieren, dass Ralf Zeiger am Abend des 25. Juni 2021 seinen sofortigen Rücktritt vom Amt des Betriebsratsvorsitzenden und als Mitglied des Konzernbetriebsrats gegenüber den Mitgliedern des Betriebsrats der SAP SE bekanntgegeben hat", schreiben sie. "Über weitere Details seiner Entscheidung hat er das Gremium nicht informiert".

Auch ein Konzernsprecher hatte keine Gründe genannt. Im Zusammenhang mit dem Rücktritt sprach er allerdings davon, dass man die angesprochenen internen Untersuchungen zu möglichen Unregelmäßigkeiten inzwischen auf zwei Mitglieder des Betriebsrats der SAP SE ausgeweitet habe. Details wie die betroffenen Personen nannte der Konzern unter Verweis auf den Datenschutz allerdings nicht.

Möglicher Hintergrund des Rücktritt sind somit die internen Ermittlungen. Der Softwarekonzern untersucht derzeit offenbar, ob ein Betriebsratsmitglied, das auch im Aufsichtsrat sitzt, gegen Arbeitszeitregeln verstoßen hat. Es steht der Verdacht im Raum, dass er Urlaub gemacht haben könnte, ohne diesen vorher beantragt zu haben. Der entscheidende Hinweis dazu soll über ein internes Whistleblower-System eingegangen sein, also von einem anonymen Tipp-Geber stammen.

In der Folge hatte die Unternehmensleitung den gesamten Betriebsrat aufgefordert, Daten zur Anwesenheit des Mitglieds bei Sitzungen zur Verfügung zu stellen. Das Gremium willigte ein und lieferte die Daten. Dabei könnten entscheidende Informationen verändert worden sein, die eigentlich als Beweismittel dienen sollten. Bei der Aufarbeitung dieser Vorgänge hatte der Betriebsrat die Unternehmensleitung dem Vernehmen nach sogar um Hilfe gebeten.

Schon in den Vorwochen hatte es viel Wirbel in den Arbeitnehmervertretungen der SAP gegeben. Anfang Juni hatte der Betriebsrat der SAP SE den von ihm entsandten Vorsitzenden des Konzernbetriebsrats abberufen, der sich vor dem Landgericht Heidelberg in einem Zivilprozess (Aktenzeichen 2 O 17/16) gerade wegen der möglicherweise manipulierten Aufsichtsratswahl 2012 verantworten musste. Er soll sich die nötigen Stimmen für ein Mandat als Arbeitnehmervertreter gekauft haben. Die Richterin hielt die Unterschrift unter einem entsprechenden Vertrag jedenfalls für echt. Inzwischen ermittelt in diesem Fall auch die Staatsanwaltschaft Heidelberg wegen möglichen Prozessbetrugs.

Update: Dienstag, 29. Juni 2021, 10.47 Uhr


Chaos-Tage im Betriebsrat - Vorsitzender tritt zurück

Von Matthias Kros

Walldorf. Die Walldorfer SAP kommt derzeit einfach nicht zur Ruhe. Nach der internen Abberufung des Konzernbetriebschefs Anfang Juni trat am Wochenende der Vorsitzende des Betriebsrats der SAP SE, Ralf Zeiger, zurück. "Es war keine leichte Entscheidung", sagte der Arbeitnehmervertreter auf RNZ-Anfrage. Auf seine Beweggründe ging er nicht ein. Zeiger hatte den Posten seit 2018 inne und sitzt auch im Aufsichtsrat des Softwarekonzerns.

Auch ein Unternehmenssprecher bestätigte den Rücktritt Zeigers. In diesem Zusammenhang sagte er, dass man die bereits bekannten internen Untersuchungen zu möglichen Unregelmäßigkeiten inzwischen auf zwei Mitglieder des Betriebsrats der SAP SE ausgeweitet habe. Bislang war immer nur von einem Betriebsratsmitglied die Rede gewesen, gegen das sich ein Verdacht richte. Nach wie vor stünden dabei Sorgfalt und der Schutz der Privatsphäre im Mittelpunkt, sagte er. Da es sich um einen laufenden Vorgang handele, wolle man sich dazu weiter nicht äußern.

Anderen Betriebsratsmitgliedern zufolge soll Zeiger am Freitag gegen 19 Uhr per E-Mail mitgeteilt haben, dass er mit sofortiger Wirkung von seinen Ämtern als Betriebsratsvorsitzender und Mitglied des Konzernbetriebsrats zurücktrete. Details dazu "dürfe" er nicht nennen. Nachfolgerin wird interimsmäßig seine bisherige Stellvertreterin Nathalie Boulay.

Bei SAP hatte Anfang Juni der Betriebsrat der SAP SE den Vorsitzenden des Konzernbetriebsrates abberufen. Gegen ihn sollen sich die internen Untersuchungen richten. Angeblich geht es um Arbeitszeitverstöße. In den vergangenen Tagen war im Betriebsrat heftig darüber diskutiert worden, welche Unterlagen in diesem Zusammenhang an die Unternehmensleitung ausgehändigt werden sollen.

Zudem hatte am Donnerstag Jonathan Waldschmidt als Sprecher der Staatsanwaltschaft Heidelberg der RNZ bestätigt, dass man ein Ermittlungsverfahren wegen der möglicherweise manipulierten Aufsichtsratswahl bei SAP im Jahr 2012 eingeleitet habe. An diesem Prozess vor dem Landgericht Heidelberg war der abberufene Konzernbetriebsrats, der auch im Aufsichtsrat der SAP sitzt, beteiligt gewesen. Der Rechtsstreit gilt als Ursache der momentanen Turbulenzen im Betriebsrat der SAP. Inwieweit auch Zeigers Rücktritt mit ihm zusammenhängt, blieb am Wochenende offen. Er und der abberufene Konzernbetriebsratschef traten bei internen Wahlen mitunter auf derselben Liste an.

In dem zugrunde liegenden Zivilprozess vor dem Landgericht Heidelberg (Aktenzeichen 2 O 17/16) hatten sich die Beteiligten gegenseitig vorgeworfen, die Unwahrheit zu sagen. Es geht um eine mögliche Beeinflussung der SAP-Aufsichtsratswahl im Jahr 2012. Der abberufene Konzernbetriebsratschef war in dem Prozess der Beklagte. Er soll sich die notwendigen Stimmen für seine Wahl zum Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat gekauft haben. Die Klage wurde zwar in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil Ende Mai abgewiesen, die Richterin legte in ihrer Begründung aber nahe, dass er an unlauteren Absprachen beteiligt gewesen sei. Zumindest hielt sie seine Unterschrift unter einem entsprechenden Vertrag für echt.

Der Kläger, ein ehemaliger SAP-Mitarbeiter, hatte von ihm vor Gericht die Zahlung von rund 500 000 Euro gefordert – als Gegenleistung dafür, dass er bei der damaligen Wahl von Arbeitnehmervertretern zum Aufsichtsrat bei den Delegierten für ihn geworben habe. Der Beklagte hingegen hatte bis zum Schluss die Echtheit der Unterschrift bestritten und sogar vermutet, dass ihm der Vertrag letztlich untergeschoben worden sein könnte. Die Richterin am Landgericht hatte im Anschluss an den Prozess die Akte an die Staatsanwaltschaft übergeben, die nun das Ermittlungsverfahren gestartet hatte. Es steht allerdings noch ganz am Anfang.

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