Arbeitnehmer fordern Gehaltserhöhung für die Beschäftigten
Die Arbeitnehmervertreter fordern Gehaltserhöhung für die Beschäftigten von mindestens 4,5 Prozent.

Von Matthias Kros und Barbara Klauß
Walldorf. Nach der vergleichsweise geringen Gehaltserhöhung für die mehr als 20.000 Beschäftigten der SAP Deutschland 2021 erwartet das Arbeitnehmerlager einen deutlichen Aufschlag im laufenden Jahr. "Nach dem Minusgeschäft von 2021 muss SAP jetzt deutlich nachlegen", sagte Eberhard Schick, Betriebsratsmitglied und Vertreter der Gewerkschaft IG Metall, am Dienstag in Walldorf. "Wir halten 4,5 Prozent für alle für einen fairen Beitrag angesichts der Leistungen der SAP-Belegschaft. Wenn man auf Inflation und Produktivitätszuwachs blickt, ist diese Forderung moderat. Leisten kann sich das SAP allemal." Dabei verlange man, dass nicht nur die Salärs, sondern auch die dazugehörenden Gehaltsbänder, also die Einstiegsgehälter, um den genannten Prozentsatz angehoben werden. Eine Entscheidung wird in der kommenden Woche erwartet.
Zuvor hatte auch der Betriebsratsvorsitzende der SAP SE, Klaus Merx, erklärt, dass angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten die Grundgehälter angepasst werden müssten. "Nach der mageren Gehaltsrunde 2021 gibt es hier Nachholbedarf", sagte er am Freitag, nachdem der Softwarekonzern vorläufige Zahlen für 2021 vorgelegt hatte.
Im vergangenen Jahr waren die Einkommen der SAP-Beschäftigten in Deutschland trotz neuer Rekorde bei Jahresergebnis und Dividende so langsam gestiegen wie seit über zehn Jahren nicht mehr. Im Durchschnitt wurden sie um 1,2 Prozent angehoben. In den Vorjahren waren mindestens drei Prozent üblich. Man könne nicht so tun, als ob es die Corona-Krise nicht gebe, hatte Cawa Younosi, Personalleiter Deutschland, zur Begründung gesagt. Außerdem verwies er auf die millionenschweren aktienbasierten Programme für die Belegschaft und Bonus-Zahlungen.
Dennoch gab es viel Kritik an dem vergleichsweise geringen Gehaltsplus, zumal parallel die Inflation in Deutschland vor allem im zweiten Halbjahr merklich anzog. Real mussten die SAP-Beschäftigten damit 2021 sogar Einkommenseinbußen hinnehmen. Für die jungen Talente im Unternehmen, vor allem aus der Softwareentwicklung, legte SAP daher in Extra-Gehaltsrunden noch einmal nach. Gereicht hat das dem einen oder anderen wohl trotzdem nicht. "Zu uns kommen verstärkt junge Kollegen, die jünger als 35 Jahre alt sind, die SAP verlassen, weil woanders schlicht deutlich mehr bezahlt wird", berichtet ein Betriebsratsmitglied.
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"SAP muss jetzt liefern – die Beschäftigten erwarten eine faire Beteiligung!", meint auch Türker Baloglu, Gewerkschaftssekretär der IG Metall. Die Gewerkschaft engagiert sich bereits seit längerem auch in Unternehmen wie SAP, da die Metall- und IT-Branche zunehmend zusammenwachsen (Industrie 4.0). Trotzdem hatte sich SAP lange gegen die klassischen Gewerkschaften im Unternehmen gewehrt, erst unter Personalchef Younosi ist ein Umsteuern spürbar.
"Die gegenwärtige wirtschaftliche Situation lässt SAP-Beschäftigte auf eine kräftige Erhöhung der jeweiligen Gehälter hoffen", sagte Baloglu am Dienstag. Die Gehaltsrunde bei SAP müsse aus gewerkschaftlicher Sicht aus den Komponenten Inflationsrate, Wirtschaftswachstum und Unternehmenserfolg bestehen. Dabei könne der Unternehmenserfolg mit den jeweiligen gültigen Betriebsvereinbarungen umgesetzt werden. "Für uns als IG Metall ergibt sich hieraus, dass sich die jeweiligen Gehälter um mindestens 4,5 Prozent plus der betrieblichen Komponente Unternehmenserfolg erhöhen."
Baloglu kritisierte, dass "bei SAP die Gehaltserhöhungen einseitig vom Unternehmen bestimmt werden". Ein sozialpartnerschaftlicher Aushandlungsprozess mit Gewerkschaften sehe SAP bisher nicht vor. Zudem werde das Budget "ungleichmäßig auf die Beschäftigten verteilt" und stehe mit den üblichen Parametern für Entgelterhöhungen nicht in Verbindung.
Seit längerem schon üben Teile des Betriebsrats generell Kritik am Gehaltssystem des Konzerns. Inzwischen habe SAP das Einkommen auf den unteren Karriereniveaus (1. bis 10. Berufsjahr) unter das Marktniveau entwickelt, meint Betriebsratsmitglied Johannes Reich. Zwar habe der Konzern für manche Gruppen auf diesen Karriereniveaus die Gehälter zuletzt angehoben. Dennoch bleibe das Problem, dass das Unternehmen mit seinem Ansatz unterfinanzierter Gehaltsrunden die Wertigkeit der Tätigkeiten beständig abwerte, sich das aber eigentlich auf diesen Karriereniveaus nicht mehr leisten könne. Eine Gehaltsumfrage der IG Metall-Gruppe im Betriebsrat, auf die mehr als 3800 Mitarbeiter geantwortet hätten, ergab seinen Angaben nach, dass mehr als 50 Prozent auf diesen Karriereniveaus gemessen an ihrer Leistung unzufrieden seien mit ihrem Gehalt.